Ulrich Kelber. Foto: dpa
Von Annette Dönisch, RNZ Berlin
Berlin. Der frühere SPD-Abgeordnete Ulrich Kelber ist seit Januar Bundesbeauftragter für Datenschutz. Der Diplom-Informatiker aus Bonn löste Andrea Voßhoff (CDU) ab.
Herr Kelber, Daten von Patienten ohne deren Einverständnis zu Forschungszwecken nutzen - geht das zu weit?
Auch die bisherigen Regelungen gehen davon aus, dass Forschungsvorhaben unter bestimmten Umständen ohne Einwilligung der Versicherten durchgeführt werden können. In allen Fällen müssen aber gewisse Vorgaben erfüllt sein. So bedarf es unter anderem einer Genehmigung der Fachaufsichtsbehörde zur Übermittlung der Daten vom Sozialleistungsträger an eine Forschungsstelle. Es muss ein geprüftes Datenschutzkonzept der Forschungsstelle vorliegen. Und aus den Veröffentlichungen der Ergebnisse der wissenschaftlichen Forschung darf nicht auf eine Einzelperson rückgeschlossen werden können. Nach dem geplanten Gesetz gilt, dass - wie bisher auch - nur eine begrenzte Anzahl von Stellen überhaupt Zugang zu den Daten haben. Diese müssen zudem darlegen, für welches Forschungsvorhaben die Daten aus dem Forschungsdatenzentrum benötigt werden. Als Datenforschungszentrum gibt das Deutsche Institut für Medizinische Dokumentation und Information die Daten zudem nicht heraus, sondern der Forscher muss grundsätzlich zu dem Institut kommen, um mit den Daten forschen zu können.
Ist es im Sinn der Versicherten, wenn aus ihren Daten Kenntnisse für bessere Behandlungen gewonnen werden?
Natürlich ist es grundsätzlich auch im Sinne der Versicherten. Die Erfahrung zeigt zudem, dass die Versicherten bei einer entsprechenden Aufklärung gerne bereit sind, ihre Daten für die Forschung bereitzustellen. Aus diesem Grund spreche ich mich auch für eine größtmögliche Transparenz und dort, wo es möglich ist, auch für eine freiwillige Bereitstellung der Daten aus.
Vom Spitzenverband der Krankenkassen werden die Daten mit einem Pseudonym an Forschungsstellen gegeben. Wo liegen da noch die Probleme?
Auch ein Pseudonym ist zunächst ein personenbezogenes Datum, das allerdings hier erforderlich ist, um gegebenenfalls Längsschnittstudien durchführen zu können. Das sind zum Beispiel Studien, bei denen es erforderlich ist, Daten immer wieder einem bestimmten Datensatz zuordnen zu können. Die Datenschutz-Grundverordnung hat daher die Pseudonymisierung als ein wesentliches Instrument für die Bereitstellung von Daten für die wissenschaftliche Forschung benannt.
Wie müsste eine verantwortliche Weiterleitung aussehen?
Hier ist zu unterscheiden hinsichtlich der Meldung dieser Daten von den Krankenkassen zum Forschungsdatenzentrum und dann der Weitergabe der Daten an die forschende Stelle. Grundsätzlich sind die Daten möglichst frühzeitig zu pseudonymisieren. Dabei ist es sehr zu begrüßen, dass die Pseudonymisierung bei der Vertrauensstelle erfolgt, die räumlich, organisatorisch und personell eigenständig vom Forschungsdatenzentrum geführt wird und dem Sozialgeheimnis sowie der Rechtsaufsicht des Bundesgesundheitsministeriums unterliegt. Hinsichtlich der Nutzung der Daten durch die forschenden Stellen werden viele Details in einer noch zu erstellenden Rechtsverordnung geregelt werden müssen. In diesem Rahmen werde ich mich auch für die Einführung einer Widerspruchsmöglichkeit gegen die Verwendung der eigenen Daten einsetzen.