Stephan Mayer. Foto: dpa
Von Andreas Herholz, RNZ Berlin
Berlin. Der CSU-Politiker Stephan Mayer ist Parlamentarischer Staatssekretär im Innenministerium.
Herr Mayer, die Zahl extremistischer Straftaten hat laut Verfassungsschutzbericht deutlich zugenommen. Wie ernst ist die Bedrohung?
Bundesinnenminister Horst Seehofer hat in Bezug auf den Anstieg der extremistischen Taten von einer Schande für unser Land gesprochen. Die Bundesregierung nimmt die Bedrohung äußerst ernst. Wir haben so viele Maßnahmen gegen Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus eingeleitet wie keine Regierung zuvor. Sorge bereitet aber auch die zunehmende Gewaltbereitschaft im linksextremistischen Spektrum, vor allem in der Region Leipzig, aber auch in Berlin und Nordrhein-Westfalen.
Rechtsextremismus, Rassismus und Antisemitismus stellen die größte Bedrohung für die Sicherheit dar. Wie lässt sich die Gefahr von rechts wirksamer bekämpfen?
Der Anstieg der Bedrohung ist in der Tat besorgniserregend. Das rechtsextremistische Personenpotenzial hat 2019 im Vergleich zum Vorjahr um 33 Prozent zugenommen. Das ist ein Höchststand. Als Reaktion hierauf hat die Bundesregierung zahlreiche personelle und organisatorische, aber auch legislative Maßnahmen ergriffen. Ich möchte hier nur die Verschärfung des Waffen- und Sprengstoffrechts und die Änderung des Strafrechts zum Schutz von Kommunalpolitikern nennen. Auf Ebene der Sicherheitsbehörden des Bundes werden wir das Bundesamt für Verfassungsschutz, das Bundeskriminalamt und die Bundespolizei für den Kampf gegen den Rechtsextremismus weiter besser aufstellen.
Welche Rolle spielt die AfD bei der zunehmenden Gefahr von rechts?
Ein Zündeln und Spielen mit dem Feuer in politischen Grenzregionen, ganz gleich auf welcher Seite, hat schon immer zu drastischen Effekten und Gefahren für unseren freiheitlichen, demokratischen Konsens geführt. Im Verfassungsschutzbericht ist ja auch deutlich belegt, dass es der sogenannte AfD-Flügel ist, der das rechtsextremistische Bedrohungspotenzial so eklatant hat anwachsen lassen.
Gegen Hass und Hetze im Netz scheint es noch immer keine wirksame Strategie zu geben. Wo bleibt hier die Entschlossenheit?
Den Vorwurf muss ich entschieden zurückweisen. Der Regierung bei all den Maßnahmen gegen Extremismus, den wir in jeder Form ablehnen, mangelnde Entschlossenheit vorzuwerfen, ist unsachlich. Was die Nutzung des Internets und sozialer Medien für die Verbreitung von Hasskommentaren, die Verunglimpfung von Menschen bis hin zur offenen Aufforderung zu Straftaten angeht, so haben wir es hier mit neuartigen Phänomenen zu tun. Unsere Strategie hiergegen ist ein ganzes Bündel von Maßnahmen. Das braucht Zeit. Die Maßnahmen werden schon bald Wirksamkeit entfalten.
Union und SPD streiten über weitergehende Befugnisse für den Verfassungsschutz. Müssen die Sicherheitsbehörden auch die Möglichkeit der Online-Überwachung erhalten?
Koalitionen haben die Eigenschaft, dass sich die Partner bei vielen Themen auf Kompromisse einigen müssen. Da bildet die Novelle des Bundesverfassungsschutzgesetzes keine Ausnahme. Es ist kein Geheimnis, dass sich CDU und CSU hier ein Mehr an Kompetenzen, beispielsweise auch die Möglichkeit der Online-Überwachung, wünschen würden.
Auch die Zahl linksextremer Straftaten ist gestiegen. Droht ein Angriff von rechts und links?
Wenn gleich mehrere Seiten des extremistischen Spektrums unsere offene Gesellschaft in steigendem Maße ins Visier nehmen, muss uns das Mahnung und Aufgabe zugleich sein. Unsere Demokratie ist wehrhaft und wird von der ganz überwiegenden Mehrheit unserer Gesellschaft getragen. Eine Gefährdung der freiheitlich-demokratischen Grundordnung in ihrem Bestand sehe ich nicht.