Greift die Mietpreisbremse in Heidelberg?

"Die Mieten steigen weiter"

Christoph Nestor vom Heidelberger Mieterverein über die Probleme mit der Mietpreisbremse

05.06.2018 UPDATE: 06.06.2018 06:00 Uhr 2 Minuten, 2 Sekunden
Foto: Getty Images

Von Daniel Bräuer

Heidelberg. Christoph Nestor ist Organisationsleiter beim Mieterverein Heidelberg.

Herr Nestor, die Koalition will die Mietpreisbremse "verschärfen". Wie bewerten Sie die Pläne?

Das ist ein erster Schritt, aber nicht ausreichend. Es sollten auch Sanktionen und Rückzahlungen überhöhter Mieten ins Gesetz.

Christoph Nestor. Foto: Dorn

Welche Erfahrungen gibt es denn vor Ort? Greift die Bremse?

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Die Mietpreisbremse gilt nur dort, wo die Landesverordnung für Gebiete mit besonderem Wohnbedarf wirkt. Die ist ein Schweizer Käse: In Heidelberg gilt sie, in Schriesheim oder Schwetzingen nicht. In Mannheim auch nicht. Sie muss für eine wirksame Mietpreisbremse flächendeckend sein, denn das Problem der ständig weiter steigenden Mieten gibt es überall.

Greift sie zumindest in den Kommunen, die in der Verordnung stehen?

Niemand sagt: "Ich zieh da erstmal ein für 14 Euro pro m², dann guck ich nach, wie die Vormiete war, und dann mach ich was." Es hat ja niemand Lust, gleich mit dem Vermieter Krach anzufangen. Also wird die teure Wohnung gar nicht erst angemietet. Bei zwei Millionen fehlender Wohnungen ist klar, dass denjenigen, die es dringend brauchen - das ist die untere Einkommenshälfte - die Mietpreisbremse überhaupt nichts nützt. Die Mieten steigen weiter. Und die, die unbedingt exorbitante Mieten nehmen wollen, die warten eben, bis einer kommt, der es zahlt. Die anderen gucken in die Röhre.

Sind denn Fälle bekannt, in denen sich Mieter erfolgreich gewehrt haben?

Bundesweit gibt es einige, in unserem Gebiet praktisch keine. Heidelberg und das Umland sind ja nun nicht gerade billig. Hier ist keine Wirkung. Deshalb müsste das flächendeckend sein, müsste es Sanktionen geben, rückwirkende Erstattung und eine Auskunftspflicht von Anfang an, am besten schon in der Anzeige.

Da würde also die Offenlegungspflicht, die Frau Barley plant, helfen?

Ein Referentenentwurf ist ja noch kein Gesetz, nur ein Anfang. Wir ahnen schon, was bei rauskommt, wenn es so läuft wie in der letzten Legislaturperiode, als die Union zu all diesen Dingen Nein gesagt hat. Jetzt kann man nur sagen: Leute, traut euch ein bisschen mehr, sonst wird das wieder nichts.

Im Koalitionsvertrag steht, dass die Offenlegung nur gilt, wenn sich der Vermieter auf die Vormiete berufen will.

Das ist so eine Schwachstelle! Es ist ja auch Unsinn, dass immer behauptet wird, die Mietpreisbremse sei ein Investitionshindernis. Ich weiß nicht, wie etwas, das nicht wirkt, ein Investitionshindernis sein soll. Es gibt Interessenskreise, die das kolportieren. Aber es weiß die ganze Bevölkerung, dass wir Millionen zu wenig bezahlbare Wohnungen haben.

Das heißt, das Thema Bauen wäre wichtiger als die Mietpreisbremse?

Nicht wichtiger. Es gibt viele wichtige Wohnungsthemen, aber kein Ranking. Nun geht es um die Mietpreisbremse. Millionen bezahlbare Wohnungen fehlen. Es ist klar, dass die nicht durch eine Mietpreisbremse kommen. Damit können Sie Auswüchse abbremsen. Wohnungen entstehen dadurch nicht.

Modernisierungskosten sollen nach den neuen Plänen künftig nur noch zu acht statt bisher elf Prozent pro Jahr auf die Miete umgelegt werden.

Das ist ja keine Grenze, nur eine Verteilung: Elf Prozent sind zu hoch, dadurch explodieren die Mieten. Wir fordern: vier Prozent. Die Zinsen sind bei einem Prozent. Es ist nicht nachvollziehbar, warum man eine Modernisierung mit so hohen Raten amortisieren will. Zumal die erhöhte Miete bleibt, wenn die Investition abbezahlt ist. Kassiert wird danach weiter, egal ob bei vier, acht oder elf Prozent.