Peter Beyer (CDU) ist Koordinator für die Transatlantischen Beziehungen. Foto: privat
Von Andreas Herholz, RNZ Berlin
Herr Beyer, mit Spannung war die Rede an die Nation von US-Präsident Donald Trump erwartet worden. War sie ein Signal zur Verständigung mit den Republikanern?
Präsident Trump hat einen versöhnlichen Ton angeschlagen und zum Kompromiss eingeladen. Er hat zur Zusammenarbeit aufgerufen. Das ist verständlich, angesichts der Mehrheit der Demokraten im Repräsentantenhaus. Es bleibt abzuwarten, wie ernst dies gemeint ist und ob das funktioniert. In einigen Bereichen wie dem Streit um Infrastruktur-Investitionen und Finanzierung von Arzneimitteln scheint eine Verständigung möglich. Andere Bereiche, wie die Mauer an der Grenze zu Mexiko, sind deutlich komplizierter.
Trump beharrt auf den Bau der Mauer zu Mexiko. Wird der Grenzwall in einer irgendeiner Form kommen?
Ja, seine Forderung nach der Mauer erhält Trump aufrecht. Da bleibt er sich treu. Inklusive seines Schreckensszenarios von der millionenfachen Einwanderung. Er verbindet seine Forderung nach dem Bau der Mauer aber nicht mehr mit einem Ultimatum. Da gibt es offenbar Bewegung. Das Thema bleibt aber der Kern eines unversöhnlichen Streits zwischen Präsident und Demokraten.
War die Rede an die Nation bereits der Auftakt für den Präsidentschaftswahlkampf?
Ja, der Wahlkampf wirft seine Schatten voraus. Viel Zeit bleibt Donald Trump und seiner Regierung für den Bau der Mauer nicht mehr. Spätestens nach der Sommerpause geht der Wahlkampf los. Die Zeit, um innenpolitisch etwas auf den Weg zu bringen, ist eng begrenzt.
Wachstum und mehr Beschäftigung - Trumps Bilanz in der Wirtschaftsbilanz fällt bisher eher positiv aus, oder?
Die historisch niedrige Arbeitslosenzahl ist nicht allein auf Trumps Entscheidungen zurückzuführen. Aber seine Politik - Stichwort Senkung der Unternehmensteuer - wirkt sich schon positiv aus. Das muss man neidlos anerkennen, auch wenn hierdurch wohl teilweise nur Wachstumseffekte vorgezogen wurden. Es bleibt aber abzuwarten, wie sich die Handelskonflikte mit China und Europa auswirken werden, etwa auf die US-Landwirtschaft.
Der Präsident hat ein zweites Gipfeltreffen mit Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un angekündigt. Was ist von dem Treffen zu erwarten?
Allein das Zustandekommen des ersten Treffens war für die Nordkoreaner ein Erfolg – diese Form der Anerkennung hatte Pjöngjang sich lange gewünscht. Der zweite Gipfel muss nun zu substanziellen Erfolgen führen. Es muss erste Schritte zur De-Nuklearisierung der koreanischen Halbinsel geben.
Trump hat die Aufkündigung des INF-Vertrages verteidigt. Beginnt jetzt eine neue Aufrüstungsspirale, oder lässt sich das Abkommen noch retten?
Russland verletzt seit Jahren den INF, da sind wir NATO-Partner uns alle einig. Das gefährdet unsere Sicherheit in Europa. Nun haben die Amerikaner die Konsequenz gezogen und die Kündigung des Vertrags eingeleitet. In sechs Monaten wird die Kündigung wirksam, bis dahin ist der Vertrag suspendiert. Man muss bis zur letzten Minute alles versuchen, um den Vertrag zu retten und Moskau wieder zur Vertragstreue bewegen. Aber bleiben wir dabei realistisch: Wenn das nicht gelingt, dann muss Amerika, dann muss die NATO sich auch militärisch anders aufstellen, um die Sicherheit in Europa wiederherzustellen.
Die Bundesregierung soll der NATO höhere Rüstungsausgaben zugesichert haben. Der Wehretat soll bis 2024 auf 1,5 Prozent des Bruttoinlandsproduktes steigen. Ein Zugeständnis an US-Präsident und seine Forderungen?
Das Ziel werden wir wohl nicht erreichen. Wenn Finanzminister Olaf Scholz an seiner Etatplanung festhält, kommen wir nur auf 1,23 Prozent. Bei den Plänen von Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen landen wir bei 1,5 Prozent. Aber, das sage ich auch kritisch, auch das sind keine 2,0 Prozent. In dieser Frage geht es aber nicht um Donald Trump, sondern um unsere eigenen Sicherheitsinteressen.
Wie fällt ihr Urteil über die Rede aus?
Der Präsident hat deutlich versöhnlichere Töne angeschlagen und auch kein "Germany Bashing" betrieben, keine Frontalkritik an Deutschland geübt wie noch in der Vergangenheit. Da kann man aufatmen. Allein das sagt aber schon etwas über die transatlantischen Beziehungen aus. Für Trump gilt immer noch "America First". Da sollten wir uns keinerlei naiven Vorstellungen hingeben.