Sorgen wegen ChatGPT

Wer kontrolliert und reguliert die Maschinen?

Zukunftsdebatte ohne deutsche Beteiligung. Berlin setzt dabei offenbar auf die EU.

08.02.2023 UPDATE: 08.02.2023 06:00 Uhr 2 Minuten, 5 Sekunden
Um eine mögliche Regulierung Künstlicher Intelligenzen wie ChatGPT wird in Berlin und Brüssel noch gerungen. Foto: AFP

Von Mareike Kürschner, RNZ Berlin

Berlin. Die Software ChatGPT hat das Thema Künstliche Intelligenz (KI) hierzulande aus seiner Nische geholt. Selten zuvor war das Interesse an KI-gesteuerten Funktionen größer. ChatGPT fasziniert mit seinen gut formulierten Texten, löst aber auch Sorgen aus. Denn wer kontrolliert und reguliert die Maschine?

Innerhalb der Bundesregierung fand das Thema bislang wenig Aufmerksamkeit, während auf EU-Ebene seit langem um einen AI Act, also eine KI-Gesetzgebung, gerungen wird. Der digitalpolitische Sprecher der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag, Reinhard Brandl, kritisiert verpasste Chancen: "Die Regulierung von Künstlicher Intelligenz ist im Moment das zentrale digitalpolitische Thema in Brüssel", sagte der CSU-Politiker unserer Berliner Redaktion. "In der Bundesregierung fühlt sich kein Minister dafür richtig zuständig. Die europäische Debatte darüber findet leider deshalb weitgehend ohne deutsche Beteiligung statt."

In einer Antwort auf einen Brief von Digitalpolitikern der Union an Digitalminister Volker Wissing (FDP), die unserer Zeitung vorliegt, erklärte das Haus, es wolle "die beiden Federführer" – das Wirtschafts- und das Justizministerium – "weiter unterstützen und in seiner Rolle als digitaler Taktgeber und Vermittler" auf die Verhandlungen zur KI-Gesetzgebung in Brüssel hinwirken.

Denn anders als der Name vermuten lässt, ist das Digitalministerium nicht verantwortlich für den Bereich. Die Tatsache, dass drei Häuser an dem Thema beteiligt sind, zeigt schon, dass schnelle Lösungen bei dem Zukunftsthema nicht zu erwarten sind. Es wirkt vielmehr so, als verlasse sich Deutschland auf Europa – und das diskutiert schon lange über die Regulierungspraxis, während die USA und China einfach machen. Reicht das?

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Das Justizministerium sieht de facto überhaupt keine nationalstaatliche Zuständigkeit, sondern verweist auf die geplante EU-Gesetzgebung. "Die Regulierung Künstlicher Intelligenz wird sich zukünftig nach den Vorgaben der Verordnung des Europäischen Parlaments und des Rates zur Festlegung harmonisierter Vorschriften für künstliche Intelligenz richten.

Die KI-Verordnung wird derzeit zwischen der Europäischen Kommission, dem Europäischem Parlament und dem Rat der Europäischen Union verhandelt und wird voraussichtlich 2024 in Kraft treten", antwortete das Ministerium auf Anfrage unserer Zeitung.

Derweil erklärte eine Sprecherin des Verkehrs- und Digitalministeriums unserer Berliner Redaktion zumindest die generelle Richtung des FDP-geführten Hauses: "Uns ist eine grundlegende Haltung wichtig, die genügend Raum für Innovationen lässt." Deutschland und Europa müssten in dem so wichtigen Hochtechnologiebereich zukunftsfähig und mit Blick auf den globalen Wettbewerb anschlussfähig bleiben.

In den Verhandlungen zum AI Act habe sich das Ministerium klar dafür ausgesprochen, dass der Einsatz von KI für innovative Anwendungen wie autonomes Fahren "nicht durch Überregulierung und Bürokratie behindert werden darf". Wer Überregulierung verhindern will, sollte sich allerdings jetzt in den EU-Prozess einschalten. Danach sieht es aber nicht aus.

Die Digitalpolitiker im Bundestag sehen in Software wie ChatGPT Chancen, warnen aber auch vor Gefahren. "Künstliche Intelligenz wie ChatGPT bergen eine ungeheure Chance, uns das Leben und Arbeiten einfacher zu machen", sagte Tobias Bacherle (Grüne), Obmann im Digital-Ausschuss des Bundestags. "Gleichzeitig sind wir in der Politik in der Verantwortung, einen geeigneten Rahmen für vertrauenswürdige KI zu setzen, die Demokratie, Grundrechte und Transparenz respektiert."

Johannes Schätzl, stellvertretender digitalpolitischer Sprecher der SPD-Fraktion, sagte: "Grundsätzlich müssen wir KI-basierten Entwicklungen offen gegenüberstehen. Offen gegenüberstehen heißt aber nicht, dass es keine regulatorischen Eingriffe geben sollte." Der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion, Günter Krings, verweist darauf, dass erst einmal beobachtet werden müsse, wo und wie solche KI-Systeme genutzt werden.