Politischer Festakt in Berlin: Romani Rose beim Zusammentreffen mit Angela Merkel. Foto: dpa
Von Tobias Schmidt, RNZ Berlin
Berlin/Heidelberg. "Dass Sie weniger das Trennende in den Blick nehmen, sondern, was uns verbindet: Dafür können wir unendlich dankbar sein!" Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sprach aus, was viele gestern dachten: Es war ein großer Tag für Romani Rose, den Mann, der zum Gesicht der Sinti und Roma in Deutschland geworden ist, ihnen Anerkennung erkämpft hat wie kein zweiter. Mit einem politischen Festakt wurde in Berlin die Lebensleistung des Vorsitzenden des Zentralrates Deutscher Sinti und Roma gewürdigt.
Merkel erinnerte im Theater im Aufbauhaus in Berlin-Kreuzberg daran, dass Romani Rose "mehr als ein halbes Leben warten musste, bis anerkannt wurde, was Ihrer Minderheit an Ungerechtigkeit angetan wurde". 500.000 Sinti und Roma waren von den Nazis ermordet worden, die Verbrechen nach dem Krieg totgeschwiegen. Die Kanzlerin mahnte auch, es sei erschreckend, dass Antiziganismus, Antisemitismus und Rechtsextremismus heute in Deutschland wieder Anklang fänden. "Wir müssen verhindern, dass diese Saat aufgeht", so die Regierungschefin.
Der Jubilar nutzte die Gelegenheit, um Merkel für die Öffnung der Grenzen vor einem Jahr zu danken: "Wie froh wären meine Eltern, die den Holocaust überlebt haben, gewesen, wenn es damals in Europa eine Frau mit ihrem Mut und Ihrer Gradlinigkeit gegeben hätte." Zugleich warnte er: "Die Populisten haben Zulauf, Minderheiten haben wieder Ängste."
Romani Rose, 1946 in Heidelberg geboren, wuchs im Schatten von Auschwitz auf. 13 seiner Angehörigen fielen dem Nazi-Regime zum Opfer. Ein Onkel, Vinzenz Rose, überstand medizinische Experimente und Zwangsarbeit bei Daimler-Benz - und gründete 1972 die erste Selbstorganisation deutscher Sinti und Roma in Deutschland. Zehn Jahre später wurde der Zentralrat gegründet, mit Romani Rose an der Spitze. Dort steht er bis heute.
Die Ausstellung, die gestern beim Festakt in der Repräsentanz des Dokumentations- und Kulturzentrums Deutsche Sinti und Roma eröffnet wurde, zeigt die dramatischen Stationen des Kampfes gegen Verfolgung und Diskriminierung: Von der ersten Demonstration von Sinti in Deutschland, die 1973 durch die Altstadt von Heidelberg führte, bis zur Einweihung eines zentralen Mahnmals in Berlin 2012.
Viel Polit-Prominenz war gekommen, um den 70-jährigen Rose zu würdigen. Altbundespräsident Horst Köhler, Thüringens Ministerpräsident Bodo Ramelow (Die Linke), Ungarns Minister für Soziales, Zoltan Balog. "Du bist ein unglaubliches Glück für uns alle!", sagte Bundestagsvizepräsidentin Claudia Roth. Die Grüne dankte Romani Rose, dass er Deutschland nicht den Rücken gekehrt habe - obwohl ihm die Nazis fast die ganze Familie raubten. Sie wünschte sich, "dass es die Menschen endlich als Bereicherung erleben, wenn Sinti und Roma in ihrer Nachbarschaft leben".
Manfred Lautenschläger, Kuratoriumsmitglied des Dokumentationszentrums, sagte: "Europa steht am Scheideweg. Minderheiten wie Sinti und Roma werden wieder zu Zielscheiben rassistischer Propaganda und Gewalt." Romani Roses langjähriger Weggefährte Tilman Zülch, Präsident der Gesellschaft für bedrohte Völker, berichtete, dass wegen der Flüchtlingskrise wieder vermehrt Roma-Familien abgeschoben würden. "Treten Sie für diese Menschen ein", lautete sein Appell beim Festakt an den Gewürdigten.