Sima und Shima brauchen Hilfe

Raquel Rempp sammelt Spenden für eine Behandlung in Deutschland - Für ihr Engagement erhält sie allerdings nicht nur Zuspruch

09.04.2021 UPDATE: 10.04.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 29 Sekunden

Von Sabine Hebbelmann

Schwetzingen. "Behinderte Menschen in Afghanistan haben meist keinerlei Teilhabe an der Gesellschaft. Sie werden weggesperrt und versteckt. Man schämt sich ihrer", sagt Raquel Rempp. Seit Jahren ist sie in der Flüchtlingshilfe in Schwetzingen aktiv. Mit einigen der Geflüchteten, die sie über ihr Engagement kennengelernt hat, ist sie inzwischen gut befreundet. So hat sie schon viel über deren Herkunftsländer erfahren.

Ein junger Mann, der seit 2015 in Schwetzingen lebt, hat Rempp nun um Hilfe gebeten. Es geht um eine Familie in Kundus, die in großer Not lebt und die er persönlich kennt. Die Schwestern Sima (12) und Shima (6) leiden an einer Deformation der Gliedmaßen. Die Mädchen sind gesund auf die Welt gekommen, erst im Laufe der körperlichen Entwicklung veränderten sich die Gliedmaßen. "Was genau sie haben, ist nicht bekannt. Sie waren noch nie bei einem Arzt", sagt Rempp. Ihr zufolge gibt es wenige Ärzte in der Region, und das Geld für einen Arztbesuch haben die meisten Menschen schlicht nicht. Das gilt auch für die Mutter der beiden Mädchen, die seit dem Tod ihres Mannes mit den behinderten Töchtern allein lebt und versucht, das Leben so gut wie möglich zu bewältigen.

Auf zugeschickten Fotos sind die deformierten Füße der Mädchen gut zu erkennen. Stefan Krusche, der ehemalige Behindertenbeauftragte der Stadt Schwetzingen, sagte Rempp, dass sich die Gliedmaßen ohne Behandlung mit der Zeit weiter verformen würden. In der Orthopädischen Klinik in Heidelberg-Schlierbach würden diese Missbildungen seit 50 Jahren erfolgreich behandelt. Würden die Mädchen operiert, bevor sie ausgewachsen sind, hätten sie große Chancen, mit Schienen und Spezialschuhen irgendwann einmal gut gehen zu können. Erfahrung mit herausfordernden Hilfsprojekten hat Raquel Rempp bereits gesammelt. Vor sechs Jahren startete sie einen Spendenaufruf für den damals 17-jährigen querschnittsgelähmten Syrer Abbas Albunni. Der Junge wurde von Bombensplittern getroffen und wäre längst tot, wenn sein Cousin ihn nicht vor einigen Jahren mit Rempps Hilfe sowie der Unterstützung zahlreicher Spender nach Deutschland geholt hätte, wo er in einer Spezialklinik behandelt wurde.

Damals hatte sie Politiker und Hilfsorganisationen angeschrieben, sich mit den schwierigen Fragen von Einreise und Aufenthalt auseinandergesetzt, Kostenvoranschläge bei Kliniken eingeholt und Unverständnis und Anfeindungen über sich ergehen lassen. Inzwischen hat Albunni die Schule abgeschlossen und macht eine Ausbildung im IT-Bereich.

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Dass das "Riesenprojekt" damals sehr anstrengend war, hält Rempp nicht davon ab, das nächste in den Blick zu nehmen. "Wenn ich einem Menschen helfen kann, versuche ich es", sagt sie. Aktuell schreibt die Schwetzingerin Kliniken an und erkundigt sich über die jeweiligen Möglichkeiten und finanziellen Aspekte. Bis zu einer möglichen Behandlung will sie die behinderten Mädchen und ihre Mutter vor Ort unterstützen und die Not etwas lindern. "Spenden gebe ich direkt an die Familie weiter, die kein eigenes Konto hat", versichert Rempp. Auch Menschen, die wenig haben, hätten bereits gespendet. Und so konnte sie den Mädchen schon erste Wünsche erfüllen. Aus Kabul besorgte die Deutsch-Spanierin Rollstühle und ließ sie an Sima und Shima liefern. "Jetzt kommen sie auch mal an die frische Luft", freut sie sich.

"Geht nicht, gibt’s nicht", lautet Rempps Devise. Nicht alle finden ihr Engagement gut. "Du kannst nicht die ganze Welt retten", bekommt Raquel Rempp oft zu hören. Sie erhält auch immer wieder anonyme Anrufe. Und ihren Facebook-Account hat sie aufgrund zahlreicher Hasskommentare inzwischen gelöscht.

Abgesehen davon bekommt sie viel Zuspruch für ihre zupackende Art und große Hilfsbereitschaft. So setzen sich Thomas Proft und Stefan Krusche aus Schwetzingen sowie Torsten Fetzner aus Weinheim dafür ein, dass ihr Engagement mit dem Bundesverdienstkreuz gewürdigt wird. "Wir drei werden uns dafür starkmachen, dass Raquel Rempp zu dieser Ehrung kommt. Schließlich ist sie ein Paradebeispiel dafür, dass man die Welt, und sei es vielleicht nur ein bisschen, besser machen kann, wenn man etwas dafür tut."

Info: Raquel Rempp bittet um Spenden für Sima und Shima über folgendes Konto. IBAN: DE61.6009.0800.0000 697427, Sparda-BW-Bank.