Hintergrund Wirtschaftsstandort Neckar-Odenwald-Kreis

18.10.2019 UPDATE: 18.10.2019 06:00 Uhr 1 Minute, 27 Sekunden

Eindrücke von Unternehmern

> "Man kennt sich": Die kurzen Wege im Neckar-Odenwald-Kreis sieht Ralf Rohmann, geschäftsführender Gesellschafter der Maschinenfabrik Gustav Eirich, als großen Vorteil an. "Man spricht hier sehr häufig in einer Sprache", lobt er die Zusammenarbeit zwischen Unternehmen, Verbänden und Politik. Man sei auf einem guten Weg, habe aber viele schwierige Aufgaben. Dazu zählt Rohmann weniger die Handelskriege, die es immer gebe, sondern vielmehr den Fachkräftemangel. "Bei uns melden sich immer weniger ausbildungsfähige Bewerber."

> "Der Mittelpunkt der Welt": "Wir erhalten viele Anfragen für internationale Meetings", berichtet Markus Siegel, Geschäftsführer von Goldschmitt techmobil. Der Grund: Der Neckar-Odenwald-Kreis liegt zentral in Deutschland und damit auch in Europa. Trotz der Nähe zum Flughafen Frankfurt kritisiert er jedoch die Verkehrsanbindung. Am derzeitigen Standort fühle man sich wohl, aber: "Bei einer Neugründung wäre der Neckar-Odenwald-Kreis nicht unsere erste Wahl." Den Fachkräftemangel bekommt die Firma Goldschmitt ebenfalls zu spüren. "Im kaufmännischen Bereich werden wir mit Bewerbern überflutet, auf die Stelle eines Kfz-Mechatronikers hat sich nicht einer gemeldet", so Siegel. Deshalb habe sein Unternehmen zunächst auf Flüchtlinge gesetzt. "Damit haben wir jedoch nicht die besten Erfahrungen gemacht." Es fehle an grundlegenden Eigenschaften wie Pünktlichkeit. "Keiner der Flüchtlinge hat seine Ausbildung beendet. Das ist nicht die Lösung für uns."

> "Interessanter werden für die Mitarbeiter": Die breit aufgestellte AZO Group durchlebt Konjunkturschwankungen nur abgeschwächt, sagt der kaufmännische Leiter Martin Brümmer über den Konzern. Im letzten Quartal seien die Auftragseingänge zwar dramatisch eingebrochen, im Gegensatz zu vielen Kunden von AZO habe man jedoch keine Kurzarbeit angemeldet. "Unsere Aufgabe ist es, interessanter zu werden für Mitarbeiter aus dem Landkreis, die hier bleiben wollen", sagt Brümmer. Denn: Zuletzt habe die öffentliche Hand dem Unternehmen Mitarbeiter "abgeluchst". "Die Menschen sind heute schwerer zu gewinnen und zu binden", pflichtet ihm Personalabteilungsleiterin Gabriele Rohn bei. Das Unternehmen bezeichnet Brümmer als "europalastig": "Wir machen sehr viel vom Standort Osterburken aus. Wir müssen überlegen, ob sich das in Zukunft ändert."

> "Wir sitzen alle im gleichen Boot": Es müssen nicht unbedingt Fachkräfte sein, berichtet Pflegedienstleiterin und Geschäftsführerin Cornelia Friedrich: "Wir brauchen Menschen, die gerne mit Menschen arbeiten." Dennoch sei auch ihre Branche vom Fachkräftemangel betroffen: "Dem Pflegedienst geht es nur gut, wenn es der Industrie gut geht." jam