Hintergrund - Unser Lehrer Doktor Youtube

03.06.2019 UPDATE: 04.06.2019 06:00 Uhr 1 Minute, 19 Sekunden

Unser Lehrer Doktor Youtube

Von Peter Riesbeck

Berlin. Seit dem Video des Bloggers Rezo wissen alle: Das Videoportal Youtube ist mehr als ein bloßer Unterhaltungskanal. Sogar zum Lernen wird es genutzt. 47 Prozent der zwölf bis 19-Jährigen geben an, die Clips seien wichtig oder sehr wichtig dafür. Das ergibt eine Studie des Rats für Kulturelle Bildung, einem von verschiedenen Förderinstitutionen finanzierten Beratungsgremium. "Man darf dieses Medium nicht ignorieren, sondern es ist ein weiteres Lern- und Bildungsmedium", sagt Professor Eckart Liebau, Vorsitzender des Rats für Kulturelle Bildung.

Für die Studie wurden dieses Jahr 818 Jugendliche im Alter zwischen zwölf und 19 Jahren zu ihrem Internetverhalten befragt. Youtube ist demnach ein Leitmedium. Die Jugend schätzt bildvermittelte Information. Von den Befragten bezeichnen 47 Prozent Youtube als wichtige Lernquelle. Das Netz ersetzt den Nachhilfeunterricht und teils auch die Schule. Von "Inverted classroom", dem umgekehrten Klassenzimmer, sprechen Experten mit Blick auf die Verschiebung der Bildungswege. Jugendliche schätzen vor allem die ständige Verfügbarkeit der Clips sowie die Unterhaltung und bequeme Art des Informiertwerdens. Aber die Schule ist nicht überholt. "Der größte Vorteil der Schule im Vergleich zu Youtube besteht nach Ansicht der Schülerinnen und Schüler in dem persönlichen Kontakt und Austausch mit anderen", schreiben die Forscher.

Laut Studie empfiehlt der Rat für Kulturelle Bildung den Bildungs- und Kulturinstitutionen, diese neuen Wissens- und Vermittlungsformen aufzugreifen und stärker in die eigene Regie zu nehmen. Zudem fordern die Forscher: "Wenn die Digitalisierung nicht technischer Selbstzweck bleiben soll, muss die Unterstützung der kulturellen Praktiken der Jugendlichen und damit die Entwicklung einer erweiterten Medienkompetenz Eingang in die Angebote der Schulen und Kulturinstitutionen finden."

Arbeitsmarktexperte Jürgen Schupp von der Freien Universität Berlin sagt: "Die aktuelle Youtube-Studie des Expertenrates belegt, dass Kurz-Videos mittlerweile zum (Lern-)Alltag der "Generation Z" gehören." Bundesbildungsministerin Anja Karliczek (CDU) reagiert zurückhaltend. Lehrer, Eltern und Schüler müssten immer hinterfragen, ob die Informationen in den Videos tatsächlich zutreffend seien. Heinz-Peter Meidinger, Präsident des Lehrerverbands, sieht die Debatte relativ entspannt. "Früher hat man die Eltern gefragt, jetzt gibt es die Möglichkeit, sich bei bestimmten Fragen, im Internet Rat zu holen."