Hintergrund - TSG Hopp Bayern

01.03.2020 UPDATE: 01.03.2020 06:00 Uhr 2 Minuten

Das kann nicht die Lösung sein

Ein Kommentar von Nikolas Beck

Münchens Thiago spielt Doppelpass mit Hoffenheims Oliver Baumann, Karl-Heinz Rummenigge und Dietmar Hopp beobachten das Geschehen aus nächster Nähe applaudierend am Spielfeldrand. Und alle jene, die das Stadion noch nicht verlassen haben, stehen auf und tun es ihnen von den Rängen gleich. Die Szenen der Schlussviertelstunde des Samstagnachmittags in Sinsheim wirken auch zwei Tage später noch surreal.

Das Spiel fortzusetzen, den Wettkampf aber einzustellen, war ein tolles und nachvollziehbares Zeichen beider Mannschaften, das auf breite Zustimmung traf. Keine Frage.

Es muss allerdings ein einmaliges bleiben.

Dass ein "Nichtangriffspakt" nicht die Lösung des Problems sein kann, bewies wenige Stunden nach Spielende die Stellungnahme der für die Schmähplakate verantwortlichen "Fans" im Internet. Um es vorweg zu nehmen: Auch nach dem Fast-Abbruch sind sich die Krakeeler keiner Schuld bewusst.

Geistige Tiefflieger

"Überzogen" sei das Verhalten von Schiedsrichter, Spielern und Offiziellen gewesen. "Alternativlos" die eigene Wortwahl und überhaupt doch völlig normal, in einem Fußballstadion jemanden als Hurensohn zu bezeichnen. Wenn man Nationalstürmer Timo Werner oder die ungeliebten Dortmund-Fans beleidige, krähe kein Hahn danach. Wieso dann ausgerechnet bei Dietmar Hopp? Fragen sich die Vermummten mit der Hand am Schmähplakat – und outen sich damit erst recht: als geistige Tiefflieger.

Denn dass die "Causa Hopp" besonders empört, liegt nicht an der Tatsache, dass er Milliardär ist, dass er schon mal mit Franz Beckenbauer Golf spielen geht oder nun mal ausgerechnet einen Dorfverein finanziell unterstützt. Sondern vor allem daran, dass sich Hopp gegen die Verunglimpfungen und Geschmacklosigkeiten unnachgiebig zur Wehr setzt. Das ist nicht nur sein gutes Recht, sondern verdient allergrößten Respekt.

Kind in den Brunnen gefallen

Auch wenn die Vermutung nahe liegt, dass sich selbst der Unbelehrbarste in Hoffenheims mittlerweile zwölften Bundesliga-Saison nicht mehr die Mühe machen würde, Hopp ins Visier zu nehmen, hätte dieser die Unruhestifter von Beginn an konsequent ignoriert. Runterschlucken, wegducken, ausharren – für Hopp war und ist das keine Option. Im Gegenteil. Das Ballgeschiebe auf dem Rasen war ein starkes Signal. Hopps offensiver Gang von der Loge aufs Feld jedoch ein noch viel stärkeres.

Die Frage, wie es nun weitergehen soll, bleibt.

Das Kind ist längst in den Brunnen gefallen. Auch der Drei-Stufen-Plan des DFB ist Segen und Fluch zugleich. Weil er einerseits dem Spielleiter klare Vorgaben gibt, wie mit Schmähungen umzugehen ist. Und weil ein Spiel natürlich nicht beim ersten Plakat abgebrochen werden darf. Andererseits legt er die Messlatte extrem hoch. Denn er darf künftig nicht nur bei Beleidigungen gegen Dietmar Hopp angewandt werden, sondern bei jeglicher Art von Rassismus, Antisemitismus oder Sexismus im Stadion. Zudem gibt er den Krakeelern eine Vorstellung, wie weit sie gehen können. Oder was zu tun ist, um einen Abbruch herbeizuführen.

Die Kontrolle über das Geschehen auf dem Feld darf eben jenen aber unter keinen Umständen überlassen werden. Streng genommen ist das am Samstag nach 77 Minuten jedoch geschehen.

Und was hätten die Mannschaften eigentlich gemacht, wenn das Duell nicht schon längst entschieden, die drei so wichtigen Punkte nicht bereits vergeben gewesen wären? Doppelpässe zwischen TSG-Torhüter und Münchner Mittelfeldmann eher nicht.

Künftig muss mehr denn je gelten: The games must go on. Ohne Kompromisse.