Hintergrund - "Junge Schwangere sind dreifach belastet"

16.07.2020 UPDATE: 16.07.2020 06:00 Uhr 1 Minute, 35 Sekunden

Von Katharina Schröder

Die Zeitjung sprach mit Pro-Familia-Beraterin Kirsten Schmitz über die besondere Situation, in der sich viele junge Schwangere befinden.

Frau Schmitz, was fällt Ihnen bei jungen Schwangeren auf?

Bei jungen Schwangeren merke ich immer, dass sie hoch motiviert sind. Sie wollen es einfach gut machen. Und das, obwohl sie mehrfach belastet sind.

Wie meinen Sie das?

Junge Schwangere haben meist eine ganz andere Belastungssituation. Da ist die emotionale Belastung einer häufig ungeplanten Schwangerschaft, finanzielle Sorgen und eine in der Regel noch nicht abgeschlossene Ausbildung. Aber ich will damit auf keinen Fall sagen, dass alle Jugendliche damit überfordert sind, eine Familie zu gründen.

Was ist bei jungen Schwangeren besonders wichtig?

Das A und O ist das soziale Umfeld. Wichtig ist der Rückhalt der Familie. Denn es verändert sich viel in dieser Zeit, auch im Freundeskreis der Schwangeren.

Welche Erfahrungen schildern Ihnen die Frauen in der Beratung?

Ein Teil des Freundeskreises bricht einfach weg, das muss man so sagen – auch dann, wenn Freunde vorher Unterstützung zugesichert haben. Durch die Pause in der Schule oder der Ausbildung fehlt der tägliche Kontakt, das erschwert oft Freundschaften. Außerdem ändert sich die Lebensstruktur. Oft bekommen die Schwangeren aber auch eine andere Haltung. Da entwickeln sich neue Prioritäten. Es ist vielleicht nicht mehr so wichtig, abends um die Häuser zu ziehen.

Sie betonen den familiären Rückhalt. Kommen die Schwangeren auch in Begleitung zur Beratung?

Wenn es einen Freund gibt, kommt er oft mit, einige kommen auch allein. Aber es macht einen Unterschied, ob die Schwangere 15 oder 16 Jahre alt ist, oder schon 17 oder älter. Manchmal kommen auch die Eltern mit.

Führt das zu Problemen?

Wenn die Eltern mitkommen, und ich merke, dass die Meinungen sehr auseinander gehen, berate ich erst einmal parteiisch für die werdende Mutter. Ich biete Einzelgespräche an und Kolleginnen können, wenn es schwierig wird, die Beratung der Eltern übernehmen. Aber solche Fälle sind selten.

Was wollen junge Schwangere von Ihnen wissen?

Sie beschäftigt vor allem die Planung eines Lebens mit Kind. Zum Beispiel, ob man Schule oder Ausbildung unterbrechen kann, und welche Rechte und Ansprüche man hat. Neben Fragen um das Mutterwerden dreht sich viel um finanzielle Fragen.

Welche Tipps können Sie hier geben?

In finanzieller Notlage besteht die Möglichkeit, Arbeitslosengeld II zu beantragen. Das kann man bereits mit 15 Jahren eigenständig. Frauen, die ihre Ausbildung aufgrund der Schwangerschaft unterbrechen und nach dem Mutterschutz oder einer Elternzeit wieder aufnehmen, können zudem durch eine Bundesstiftung monatlich finanziell gefördert werden. Aber am besten lässt man sich persönlich beraten.