Hintergrund - Außen hart, innen hart im Nehmen

Industriebehälter von Pfaudler

19.12.2018 UPDATE: 21.01.2019 20:15 Uhr 1 Minute, 24 Sekunden

Biegen - Schweißen - Emaillieren. Fertig ist der Pfaudler Industriebehälter. So einfach kann es sich anhören. Und doch ist es, genauer hingeschaut, so viel komplizierter, aus dicken Stahlblechen und kuppelförmigen Deckeln und Böden Behälter für die Chemie- und Pharmaindustrie herzustellen. Die Schwetzinger Fertigungshalle, von außen schon beeindruckend durch ihre schiere Größe, strotzt im Innern vor Technik. Doch Industrie 4.0 und Fertigungsroboter sind hier bislang kein Thema. Die Stahlbehälter in Größen bis zu 120 Kubikmeter Inhalt entstehen noch weitgehend in Handarbeit. Die Hände der überwiegend aus Facharbeitern bestehenden Belegschaft bedienen freilich gewaltige Walzmaschinen, Schweißmaschinen oder Heizöfen, in denen die Emaille gebrannt wird. Schicht um Schicht wird die Emaille im Innern und auf der Außenfläche der Behälter aufgetragen und bei 800 bis 900 Grad Celsius im Ofen gebrannt. Bis zu acht Schichten sind im Innern, wo die Emaille aggressiven oder hochreinen Flüssigkeiten ausgesetzt ist, nötig. Nicht umsonst lautet einer der Werbeslogans: Außen hart, innen hart im Nehmen.

Nach dem Schweißen der Behälter geht es in den Röntgenbunker, wo die Schweißnähte überprüft werden. Mit Wasser wird eine Druckprobe gemacht. Dann wird alles innen und außen sandgestrahlt, handgeschliffen und noch einmal sandgestrahlt. Mit einer so genannten Farbeindringprüfung wird jede Pore, die noch vorhanden ist erkannt. Die Emailleschicht ist extrem glatt, bei der geringsten Beschädigung wird der Behälter unbrauchbar. Fällt einem Arbeiter ein Werkzeugteil in den Behälter, ist das eine Katastrophe. Alles muss dann runter und neu aufgetragen werden.

1884 erfindet der deutschstämmige Bierbrauer Casper Pfaudler in Rochester/USA eine Methode, um Stahlbehälter für das Brauen von Bier unter Vakuumeinfluss zu nutzen. Dazu ist aus hygienischen und Stabilitätsgründen eine Emaille-Auskleidung im Innern nötig. 1907 will Pfaudler mit einer Fertigungsstätte in Schwetzingen den deutschen und europäischen Markt erobern. In den 1920er Jahren wird die Chemieindustrie auf die emaillierten Stahlbehälter aufmerksam wegen ihrer chemisch neutralen Verhaltensweise und der hohen Korrosionsbeständigkeit. Auch die Pharmaindustrie nutzt bald Pfaudler-Behälter wegen ihrer günstigen Hygiene-Eigenschaften. Rund 200 Behälter fertigt Pfaudler heute jährlich für Kunden in aller Welt. Das Unternehmen produziert außer in Schwetzingen auch in USA, Brasilien, Indien, China und Europa. Und bald in Waghäusel.