Mit Abstand und strengen Hygieneregeln können Gemeinderatssitzungen, wie hier in Wiesloch, nach wie vor stattfinden. Um die Ratsmitglieder zu schützen, sind neuerdings aber auch Sitzungen per Videokonferenz möglich. Die Regelungen hierzu sind im Detail von Kommune zu Kommune unterschiedlich. Foto: Pfeifer
Von Hans-Dieter Siegfried
Region Wiesloch/Walldorf. Müssen Gemeinderatsmitglieder zu Sitzungen persönlich anwesend sein? Die Corona-Krise hat gelehrt, dass das nicht immer zumutbar ist. Daher hat der Gesetzgeber die Rahmenbedingungen geschaffen, Sitzungen auch per Videokonferenz übers Internet zu veranstalten und dabei gültige Beschlüsse zu fassen (die RNZ berichtete mehrfach). Gerade in Zeiten der Corona-Pandemie sei es wichtig, dass kommunale Gremien dennoch handlungsfähig bleiben, heißt es.
Doch die Details haben die Städte und Gemeinden der Region um Wiesloch unterschiedlich geregelt. Und das ist auch so beabsichtigt: Wie Sitzungen des Gemeinderats oder auch der Ausschüsse durchgeführt werden, bestimmen die Kommunen selbst, ebenso, ob sie abgesagt oder verschoben werden. "Sie handeln aufgrund der kommunalen Selbstverwaltung und nach Abwägung des Einzelfalls in eigener Verantwortung", erklärt Clara Reuß von der Pressestelle des Regierungspräsidiums Karlsruhe auf RNZ-Anfrage.
Somit gibt es keine bindenden Vorschriften oder gesetzliche Regelungen, in welcher Form Sitzungen durchgeführt werden müssen. Auch der Rhein-Neckar-Kreis hat diesbezüglich keine speziellen Regelungen getroffen: "Es wird vor Ort entschieden", so Silke Hartmann von der Pressestelle des Landratsamts.
Einige Städte und Gemeinden setzen nach wie vor auf Präsenzsitzungen, bei denen die Mitglieder des jeweiligen Gremiums persönlich anwesend sind. Wiesloch dagegen ist bereits im Vorjahr dazu übergegangen, Hybridtreffen anzubieten. Unter anderem fand so die Haushaltsverabschiedung statt. Die Ratsmitglieder wurden in den Staufersaal des Palatins eingeladen, wo die Abstands- und Hygieneregeln eingehalten werden können, und konnten individuell entscheiden, ob sie per Internet zugeschaltet werden oder persönlich erscheinen. In der Regel ist Nicht-Anwesenden auch die Abstimmung gestattet, Ausnahmen bilden Wahlen oder "wichtige Tagesordnungspunkte": Hier ist nach wie vor eine persönliche Anwesenheit vorgeschrieben.
Die Änderung der Gemeindeordnung (Paragraf 37a) durch das Land im Mai 2020 hatte zwar den Grundstein für Internet-Treffen auf kommunaler Ebene gelegt: Hybridsitzungen werden im Gesetz jedoch nicht explizit erwähnt. Das hatte für Unsicherheit unter Mitgliedern des Städte- und Gemeindetags gesorgt und Kritik des Heidelberger Oberbürgermeisters Eckart Würzner hervorgerufen.
Doch nach RNZ-Informationen steht man allgemein auf dem Standpunkt, dass Hybridsitzungen möglich und rechtssicher sind, weil das Gesetz sie nicht verbietet oder anderweitig regelt. Da gibt es offenbar Interpretationsspielraum, in dem wiederum die kommunale Selbstverantwortung Vorrang erhält: Seit der Gesetzesänderung wurden landesweit etwa zehn Prozent der Rats- und Ausschusssitzungen in Hybridform durchgeführt.
Genau geregelt wiederum ist die sogenannte "Herstellung der Öffentlichkeit". Die Transparenz muss auch während der Pandemie gewährleistet bleiben. Entweder werden mit Sicherheitsabstand Bestuhlungen für Bürgerinnen und Bürger eingerichtet oder aber es wird eine Übertragung in das Foyer oder alternativ in einen Nebenraum angeboten.
Warum aber nicht als "bequeme Möglichkeit" für die Bürgerschaft eine komplette Übertragung solcher Sitzungen per Internet? In Mannheim wird dies schon praktiziert. Dieser Idee wurde jedoch vom Innenministerium eine klare Absage erteilt, ergänzend wurde aus Stuttgart betont, eine entsprechende Gesetzesänderung sei "derzeit nicht geplant". Das Problem: Von allen Mitgliedern der jeweiligen Gremien müsste das Einverständnis für einen solchen "Livestream" per Internet für jede Sitzung eingeholt werden, geht es doch um das eigene "Recht an Bild und Ton". Mannheim handelt danach, in anderen Städten und Kommunen ist man dagegen mehr als nur zurückhaltend.
"Wir werden uns über das Mannheimer Modell informieren, aber aufgrund der Datenschutzlage halte ich eine Umsetzung bei uns für problematisch", hatte sich unlängst Wieslochs Oberbürgermeister Dirk Elkemann dazu geäußert. Es ist aber nicht nur der Datenschutz, der einer Übertragung im Wege stehen könnte. Auch das mögliche Mitschneiden von Teilabschnitten der Reden während einer Sitzung und eine missbräuchliche Weiterverwendung in sozialen Medien lässt viele Verantwortliche in den Rathäusern zögern.
Eine endgültige Entscheidung, wie eine Sitzung stattfinden soll, liegt in den Händen der Rathauschefs. "Der OB lädt ein und stellt auch die Tagesordnung zusammen", so Wieslochs Hauptamtsleiterin Andrea Gärtner. Auch sie betonte, es liege derzeit keine Verordnung vor, in welcher Form Sitzungen abzuhalten seien: "Das können wir selbst bestimmen."
So wurde beispielsweise festgelegt, die für den 27. Januar terminierte Sitzung des Gemeinderates abzusagen, während in anderen Städten und Gemeinden öffentlich getagt wird. Kein "Sonderfall Wiesloch": Gärtner zufolge "hätte eine Wahl angestanden, die des neuen Ortsvorstehers von Baiertal, Michael Glaser. Die muss geheim stattfinden und wir konnten in der Pandemie-Situation eine Präsenzsitzung mit allen Gemeinderäten nicht durchführen". Auch hätten keine anderen, wichtigen Themen auf der Tagesordnung gestanden, somit sei die Absage zu rechtfertigen. Wann genau die Bestätigung Glasers ansteht, konnte Gärtner jetzt noch nicht sagen. "Wir müssen uns für eine komplette Präsenzsitzung nach den tatsächlichen Gegebenheiten und den Inzidenzzahlen richten."
Mit dem Städtetag und auch dem Regierungspräsidium habe man sich ausgetauscht, aber auch von dort lediglich Empfehlungen, keine Verordnungen erhalten. Bei einem Sitzungsausfall kann übrigens bei weniger wichtigen Themen die Meinung der Gemeinderäte abgefragt werden und der Verwaltungschef ist dann in der Lage, per Eilverfahren zu entscheiden. Dies gilt allerdings nicht für wichtige Themen wie beispielsweise Haushalt oder Flächennutzungsplänen.