Wiesloch. Normalerweise herrscht in jedem der vier Feuerwehrhäuser in Wiesloch und seinen Stadtteilen pulsierendes Leben. Mit dem Ausbruch der Corona-Pandemie ist jedoch auch für die Feuerwehrabteilungen Baiertal, Frauenweiler, Schatthausen und Wiesloch nichts mehr wie zuvor. Die circa 300 Angehörigen der Einsatzabteilungen, Jugendfeuerwehren und der Alters- und Ehrenabteilungen mussten sich sehr rasch umstellen und harte Einschnitte in Kauf nehmen, um die Feuerwehr als Teil der "kritischen Infrastruktur" und jedes einzelne Mitglied vor dem Coronavirus zu schützen.
Bereits im Februar, als sich die Infektionswelle in Europa bereits abzeichnete, begann die Recherche zum Umgang mit diesem Virus, wozu Feuerwehrleute und Stadtverwaltung in Kontakt mit Ärzten und dem Gesundheitsamt traten. Ab Anfang März konstituierte sich ein Krisen- und Führungsstab aus den Abteilungsführungen, der Führung der Gesamtfeuerwehr und der Leitung des Ordnungsamts. Seither bespricht der Stab mehrfach wöchentlich die Entwicklung des Virus-Geschehens und leitet Maßnahmen ein, die eine Ausbreitung in den Reihen der Feuerwehr so gut es geht verhindern oder rasch eindämmen sollen.
Sehr einschneidende Maßnahmen sind das Betretungsverbot zu allen Feuerwehrhäusern, ausgenommen zum Einsatzdienst, und die Einstellung des gesamten Aus- und Fortbildungsbetriebs. Bis auf Weiteres müssen die Feuerwehrleute auf digitale Medien umsteigen, um die Aus- und Fortbildung weiterzuführen.
Die Reduzierung von Einsätzen, speziell von Kleinalarmen, also Einsätzen der kleinsten Stufe, war von Beginn an ein wichtiges Ziel des Krisen- und Führungsstabs, damit die ehrenamtlichen Helfer einer möglichst geringen Infektionsgefahr ausgesetzt sind. Das vorübergehende Verbot des Verbrennens pflanzlicher Abfälle soll Fehlalarme durch starke Rauchentwicklung im Stadtgebiet verhindern. Weitere Einsätze kleiner Alarmschwellen, etwa Brandmeldealarme und Notfalltüröffnungen, werden derzeit mit reduziertem Personal abgearbeitet.
Alle Feuerwehrleute tragen im Einsatz schon längere Zeit konsequent Mund-Nase-Schutzmasken und Schutzbrillen. Diese Maßnahme wurde eingeführt, um den Schutz der Wehrleute zu erhöhen, einerseits untereinander während des Zusammentreffens in den Einsatzfahrzeugen, andererseits zum Schutz Dritter. Darüber hinaus wurde eine Standard-Einsatzregel (SER) erlassen, die das Vorgehen bei Corona-Verdachtsfällen und bestätigten Infektionen regelt.
Um die Beschaffung von Schutzkleidung für den Einsatzfall kümmert sich der Krisen- und Führungsstab ebenfalls. Schon sehr früh erwies es sich als große Herausforderung, die nötigen Schutzmaterialien wie Schutzmasken der Schutzstufen FFP2 und FFP3, sowie Schutzkittel zu bestellen. Selbst an OP-Schutzmasken war fast nicht heranzukommen. Zusätzlich zum verfügbaren Lagerbestand der Wehr wurde über verschiedene Kanäle Schutzmaterial organisiert. Unter anderem halfen örtliche Unternehmen, wie zum Beispiel Skillqube, Kissel + Wolf und Heidelberger Druckmaschinen bei der Beschaffung von Schutzmasken, Schutzbrillen und Desinfektionsmitteln.
Hier half auch das Zulieferer-Netzwerk der Unternehmen. Kreativ war der Ansatz einiger Feuerwehrleute, die mit einem 3D-Drucker einfache Schutzvisiere, sogenannte Face Shields, für den Einsatz mit infektiösen Patienten herstellten. Als Basis für die Online-Kommunikation des Krisen- und Führungsstabs sowie die digitale Weiterführung der Aus- und Fortbildung kann seit Beginn der Pandemie auf die bei Skillqube genutzte Technologie zurückgegriffen werden.
Stark eingeschränkt ist derzeit die Kameradschaftspflege. Auch für den Feuerwehr-Nachwuchs und die Mitglieder der Alter- und Ehrenabteilungen ist momentan kein Zusammenkommen möglich. Die Jugendfeuerwehren haben erste digitale Angebote und kleine "Challenges" ausgerufen, um weiterhin in Kontakt zu bleiben. Kameraden der Alters- und Ehrenabteilung stehen mit ihrer langjährigen Erfahrung zur Seite. Die Öffentlichkeit wird bis auf Weiteres auf Veranstaltungen wie den "Tag der Helfer" oder weitere Feste verzichten müssen. Abgesehen von den fehlenden Einnahmen für die Fördervereine, die deutliche Spuren hinterlassen werden, ist Nachwuchswerbung und Öffentlichkeitsarbeit nur mehr digital möglich.
Ein großes Dankeschön der Verantwortlichen gilt allen Feuerwehrmitgliedern. Die Bürger könnten sich auf ihre Gesamtfeuerwehr verlassen, dafür nähmen alle Mitglieder eine noch größere Gefahr als ohnehin schon auf sich. Aber auch den Angehörigen der Feuerwehrleute gelte großer Respekt. Denn auch in unsicheren Zeiten wie jetzt müssten sie zeitweise auf ihre Lieben verzichten. Schöne Zeichen der Bevölkerung und der lokalen Wirtschaft seien Respektbekundungen und Spenden verschiedener Form. Zwei ausgewählte Beispiele sind die Osterüberraschung der Jugend des Golfclubs Wiesloch Hohenhardter Hof und die Aktion "Wiesloch näht" (die RNZ berichtete jeweils).
Die Golf-Jugend spendete der Feuerwehr einen schokoladigen Gruß, der noch am Osterwochenende die Mitglieder erreichte. "Wiesloch näht" brachte mithilfe der Bevölkerung rund 120 Behelfs-Mund-Nase-Masken zur Feuerwehr, die die Ehrenamtlichen künftig bei Einkäufen oder gemäß der Maskenpflicht tragen können. Die Masken wurden in Wiesloch an einem eigens eingerichteten "Masken-Drive-In", einer infektionssicheren Übergabe, an die Mitglieder ausgegeben. Allen Unterstützern und Spendern dankt die Feuerwehrführung.