Von Hans-Dieter Siegfried
Wiesloch. Seit über 20 Jahren ist Rainer Kircher in seinem "zweiten Wohnzimmer", den Weinbergen rund um Wiesloch, unterwegs. "Ich habe mich sozusagen als Feldhase betätigt, die Natur beobachtet, Ideen entwickelt und mit Unterstützung von Bürgerinnen und Bürgern sowie Firmen und Unternehmen hier doch einiges bewegt", blickt Kircher zurück. Jetzt, zum Osterfest, will er sich bei all jenen bedanken, die ihm bei seinem Engagement hilfreich unter die Arme gegriffen haben – und dies mit einer ihm typischen Verkleidung. "Ich bin in ein Osterhasenkostüm geschlüpft, das ich mir beim Kleintierschutzverein ausgeliehen habe", erzählt der Mann, der 2010 mit dem Bundesverdienstkreuz ausgezeichnet wurde und vor zwei Jahren die Ehrenbürgerschaft der Stadt Wiesloch erhalten hat.
In dem Areal, wo die Reben angesiedelt sind, fühlt er sich wohl. Zwischen den Weinstöcken und Wegen hat er seine positiven Spuren hinterlassen. Bänke, Sitzgruppen oder Info-Tafeln sind unübersehbare Belege für sein unermüdliches Wirken dort. "Es geht uns allen darum, die Aufenthaltsqualität hier weiter zu verbessern", berichtet er bei einer Rundfahrt durch die Weinberge.
180.000 Quadratmeter sind es, die Rainer Kircher unter seine Fittiche genommen hat. Der Ehrenkommandant der Wieslocher Feuerwehr hat es sich zur Aufgabe gemacht, als Motivator und auch
Vom Feldhasen zum Osterhasen: Der unermüdliche Rainer Kircher möchte allen danken, die ihn bei seinen vielen Unternehmungen unterstützt haben. Foto: Pfeifer"Eigentlich wollte ich aufhören "
als "Geldeintreiber" Privatleute und Unternehmen anzusprechen, damit sie finanzielle Unterstützung bei der Verschönerung des Naherholungsgebiets zwischen Reben und Obstbäumen leisten.
Die bisherige Bilanz ist beeindruckend. So wurden über die Jahre hinweg mehr als 50 Bänke in den Weinbergen aufgestellt und zu fast jeder fällt Kircher eine besondere Geschichte ein. "Da, schau mal, die ist in der Hubert-Sternberg-Schule in der dortigen Werkstatt entstanden und dann an uns übergeben worden", zeigt er bei der Rundfahrt auf eine hölzerne Sitzgelegenheit mit blauem Eisengestell am Wegesrand, die in Zusammenarbeit mit der technischen Berufsschule in Wiesloch entstand.
Aber es sind nicht nur Bänke. Hinzu kommen drei Sitzgruppen und über 115 Bäume, die auf Kirchers Initiative an den unterschiedlichsten Stellen gepflanzt wurden: In vielen Fällen hat er selbst Hand angelegt. Und im Bussierhäusl sowie in der Bronner-Hütte haben fleißige Helfer insgesamt 13 Einbaubänke untergebracht, nicht zu vergessen zwei bequeme Liegebänke, die insbesondere bei Sonnenanbetern beliebt sind.
Kircher, der von 1978 bis 2004 für die Freien Wähler im Wieslocher Gemeinderat saß, hat aber auch in der Stadt unübersehbar gewirkt. 14 Bänke stehen dort auf seine Initiative, aber er war nicht nur als "Bankbeschaffer" erfolgreich. So darf er sich als Mitbegründer des beliebten Vereinsfests "Wein und Markt" im Rahmen des Kurpfälzischen Winzerfests bezeichnen. Zudem setzte er sich für den Bürgerwingert der beiden Städte Wiesloch und Walldorf ein, in dem die Einwohnerinnen und Einwohner selbst "ihren" Wein lesen können. Der niemals ruhende Macher gründete außerdem vor über 20 Jahren den Stammtisch "Waasch noch", bei dem Historisches aus der Weinstadt und der Umgebung aufgearbeitet wird, und vor etwa einem Jahrzehnt gelang es ihm, zusammen mit Grete Bergdolt, eine besondere Informationsreihe ins Leben zu rufen – die "Handy Tour". Unter dem Motto "Wiesloch sehen, hören und genießen" haben Einheimische und Besucher Gelegenheit, sich in der Stadt selbst, aber auch in der angrenzenden Umgebung – die Weinberge natürlich inbegriffen – über Wissenswertes zu informieren, indem sie öffentlich angebrachte QR-Codes mit dem Handy ablesen.
Zurück in die Weinberge. Rainer Kircher fährt langsam mit seinem rustikalen Bus, hält an, erzählt und gibt Hinweise. "Schau dir diesen Blick an", verkündet er voller Stolz bei einem Zwischenstopp. Bis in die Pfalz kann man schauen und am "Drei-Länder Eck" genießen Spaziergänger von Wieslocher Gemarkung aus den Blick in Richtung Rauenberg und Dielheim. "Ich mach’ das alles nicht allein", betont Rainer Kircher immer wieder. Das "Wir" ist ihm wichtig, weiß er doch, dass viele seiner Projekte ohne Unterstützung nicht hätten umgesetzt werden können.
"Eigentlich wollte ich aufhören", berichtet er bei der Informationstour. "Corona hat mir da einen Strich durch die Rechnung gemacht, ich mache weiter, zumal ich mich noch fit fühle." Wichtig ist dem Unermüdlichen, den Menschen die Natur näher zu bringen. "Die gibt es uns wieder zurück, wenn wir sie respektieren", ist sein Credo. In seinem Rückblick spielt auch ein Hubschrauber-Rundflug über "sein" Gebiet eine Rolle. "Ich habe mir das alles von oben mal angesehen, wir sind von Malsch aus gestartet mit dem Vorhaben, mir mal aus luftiger Höhe einen genauen Überblick zu verschaffen."
Seine Kreativität macht vor nichts Halt. So hat er beispielsweise spezielle Papierkörbe entworfen, nachdem er bei einem Rundgang mit Jugendlichen darauf hingewiesen wurde, dass die normalen Abfallbehälter zu klein seien. "Ich habe ein gutes Verhältnis zur Jugend, man muss eben miteinander reden", berichtet er am Rande einer neuen Errungenschaft. Es handelt sich um eine Weinpresse, von der Winzerfamilie Hilswicht gespendet, und gleich um die Ecke sind Hinweistafeln angebracht, die auf das Wirken von Johann Philipp Bronner, dem Weinbaupionier, Rosenzüchter und Apotheker in Wiesloch, hinweisen. "Wir werden hier auch in Kürze eine Bronner-Rebe einpflanzen", verkündet Kircher. Auch hier erhielt er tatkräftige Unterstützung, diesmal von Adolf Suchy.
Aber Rainer Kircher ist nicht nur auf Spendentour. Er packt selbst mit an, schneidet Büsche zurück, stutzt Bäumchen und hat auch ein Herz für Vögel. "Wir haben hier in den Weinbergen unzählige Stangen aufgestellt, die oben einen kleinen Querbalken haben, auf dem die Tiere mal eine Ruhepause einlegen und den Ausblick genießen können."
Die Rundfahrt, vorbei am Bussierhäusl, das einst im Gerbersruhpark stand und auf Kirchers Initiative hin einen neuen Standort in den Weinbergen erhielt, endet bei den "Winzern von Baden". Kircher, der motivierende Macher, verabschiedet sich mit einem schelmischen Glanz in den Augen. Klar, der Rainer hat wieder was vor, denn sein Tatendrang dürfte noch lange nicht gestillt sein.