Wenn der Rock’n’Roll erklingt, ist die Tanzfläche immer prall gefüllt: Seit seinen Anfängen im Jahr 2000 zieht der „Weekender“ die Besucher in Scharen nach Walldorf. Dieses Jahr aber kann er wegen der Corona-Pandemie leider nicht stattfinden. Archiv-Foto: Agnieszka Dorn
Von Agnieszka Dorn
Walldorf/Dielheim. (agdo) Immer über Pfingsten geht es traditionell in der Astorstadt zurück in die Vergangenheit. Rund um die Astoria-Halle, auf der Seebühne des Aqua-Bäderparks, am Leonardo-Hotel und auf dem Parkplatz vor dem Session flanieren Rockabellas in Petticoats und Rockabillys mit prominenten Haartollen. Dieses Jahr sollte der legendäre Rock’n’Roll-Weekender vom 28. Mai bis 1. Juni stattfinden, das Festival musste aufgrund des Verbots von Großveranstaltungen wegen der Coronapandemie abgesagt werden. Für Andy Widder aus Dielheim, Veranstalter des Festivals, Chef von Rockin’ Rolling Products und Vorsitzender des Vereins Rocking Retro, war das ein schwerer, wenngleich für die Gesundheit aller Beteiligten richtiger und unumgänglicher Schritt.
"Wir waren mit den Vorbereitungen so gut wie fertig, die Flyer waren verteilt, die Flüge für die Bands gebucht, die Hotelzimmer reserviert – und dann kam der Beschluss der Bundesregierung über den Verbot von Großveranstaltungen bis Ende August", sagt Andy Widder. Die Entwicklung der Pandemie und die in dem Zusammenhang neuen Verordnungen habe er immer im Blick gehabt, aber dennoch bis zum Schluss gehofft, dass Veranstaltungen bis dahin unter strengen Sicherheitsvorkehrungen möglich seien. Widder informierte seine Kunden direkt und via Newsletter über die Absage des Festivals, alle haben ihm zufolge verständnisvoll reagiert. Das Festival wurde aufs nächste Jahr verschoben, die Bands und Aussteller, die dieses Jahr geplant waren, werden nächstes Jahr kommen.
Er tröstet sich mit der Vorfreude auf den Weekender 2021: Andy Widder. Foto: A. DornAndy Widder bat seine Gäste, das Festival zu unterstützen, indem sie die Tickets für 2021 behalten. Wer eine Rückerstattung wollte, bekam beziehungsweise bekommt diese, unabhängig von einer gesetzlichen Pflicht. Zudem gibt es die Möglichkeit, die Tickets zu spenden. Rockin’ Rolling Products hat fast ein Jahr Arbeit in das Festival investiert, so Widder: Es wurde gesät, die Ernte fällt komplett aus. "Wir haben jetzt sogar dreifachen Arbeitsaufwand, wir haben das Festival vorbereitet, wickeln gerade alles rückwärts ab und dann geht es bald wieder mit den Planungen für das nächste Jahr los", sagt Andy Widder. Bisher wollten etwa 20 Prozent der Gäste die Ticketkosten erstattet haben, zehn Prozent spendeten die Tickets und der Rest wurde bisher fürs nächste Jahr behalten.
Die "Walldorfer Rock’n’Roll Ära" begann im Jahr 2000, da feierte Rockin’ Rolling Products sein zehnjähriges Bestehen. Für das Jubiläum hob Andy Widder den Rock’n’Roll-Weekender aus der Taufe. Erfahrungen hatte er die Jahre zuvor auf verschiedenen Rock’n’Roll-Festivals in Europa und den USA gesammelt und hatte eine ganz genaue Vorstellung, wie es ablaufen sollte. Es kam ein wenig anders.
"Wir haben im ersten Jahr viele Fehler gemacht", erzählt er rückblickend schmunzelnd – aber aus Erfahrungen lernt man. Das Festival wurde viele Jahre am Session in Walldorf durchgeführt und ging wie heute auch über mehrere Tage, gerechnet hatte man bei der Auftaktveranstaltung mit etwa mit 600 Fans aus der Rock’n’Roll-Szene – es kamen ungefähr doppelt so viele. Die Bands kamen und kommen aus der ganzen Welt und die Gäste überwiegend aus ganz Deutschland und dem benachbarten Ausland.
Das erste Festival startete mit einer Pre-Party, es gab eine Pool-Party im Leonardo Hotel (damals Holiday Inn), einen Flohmarkt, den Fifties-Market, das Oldtimertreffen und es spielten verschiedenen Bands. Einige Gruppen, die damals auftraten, waren fast 20 Jahre später übrigens wieder dabei. Die Rockabellas und Rockabillys übernachteten teilweise in Autos auf der grünen Wiese, je nach Verfassung und Bequemlichkeit hingen da schon mal Füße aus dem Kofferraum oder den offenen Autofenstern heraus. Genutzt wurde auch das damalige Möbelgeschäft am Session – als Ausruhemöglichkeit – man trug es mit Fassung und einem Augenzwinkern. Die Security schafft es es damals nicht rechtzeitig zum Start des Festivals – sie standen auf der Autobahn im Stau und schlugen in Walldorf erst auf, als die Party schon voll im Gang war.
Auch nach dem Festival bei der Aufräumaktion lief es Widder zufolge etwas anders als geplant – plötzlich waren die Helfer nicht mehr vorhanden, krank zu Hause oder sie mussten schlafen, von daher zogen sich die Aufräumarbeiten in die Länge und die noch anwesenden Gäste mussten mitanpacken. "Die Walldorfer müssen damals wohl gedacht haben: Was ist das denn für ein junger wilder Haufen aus der Rock’n’Roll-Szene", schmunzelnd Widder heute darüber.
Seit 2013 findet das Festival an und in der Astoria-Halle, auf der Seebühne des Aqwa-Bäderparks, am Session und am Leonardo Hotel statt und es läuft wie am Schnürchen. Anekdoten gibt es jede Menge, so gab es etwa mal eine Bombenwarnung, die aber nicht das Festival selbst betraf, sondern einen Musiker auf dem Heimflug. Während der Musiker schon in der Luft war, war sein Koffer nicht durch die Sicherheitskontrolle gekommen – man ging davon aus, dass darin eine Bombe sein könnte. Dem war natürlich nicht so. Außerdem gab es einen Brand, so hatte mal während der Pool-Party im Leonardo Hotel plötzlich die Fotovoltaikanlage auf dem Dach Feuer gefangen, die Gäste wurden evakuiert und die Party fiel aus. Das ist aber alles schon sehr lange her. Widder konzentriert sich jetzt auf die Planungen für das nächste Jahr. "Wir freuen uns schon sehr auf das nächste Jahr, darauf, den Weekender mit allen unseren Gästen zu feiern", sagt er.