Von Timo Teufert
Walldorf. Warum fiel in Walldorf im letzten Jahr vier Mal der Strom aus? Diese Frage treibt nicht nur viele Bewohnerinnen und Bewohner der Astorstadt um, auch die Stadträte wollten Klarheit darüber haben. Im Ausschuss für Technik, Umwelt, Planung und Verkehr erläuterte deshalb Stadtwerke-Geschäftsführer Matthias Gruber zusammen mit Peter Zartmann, Abteilungsleiter Stromversorgung bei den Stadtwerken, wie es zu den Stromausfällen kam, was die Stadtwerke dagegen tun und was seither verbessert wurde.
Bei den vier Störungen waren große Teile von Walldorf und zum Teil auch die ganze Stadt betroffen. Zartmann berichtete, dass die Fehler alle im Mittelspannungsnetz der Stadtwerke auftraten, das eine Länge von rund 70 Kilometern in der Stadt hat und welches über fünf Leitungen vom Umspannwerk in Wiesloch mit 20 Kilovolt versorgt wird.
Die erste Störung, am 22. Juli, war auch die längste: Über vier Stunden brauchten die Techniker, um den Fehler zu finden. Betroffen waren 39 Trafostationen: Teile des Industriegebietes, das Gewerbegebiet bei Ikea sowie der Norden und Westen der Wohnstadt. Ursache war ein Fehler in einer Kabelmuffe in der Lucas-Cranach-Straße. "Hier dauerte es lange, weil wir erst nach und nach die Trafos wieder zuschalten konnten", berichtete Zartmann.
Nur wenige Tage darauf, am 27. Juli, beschädigte ein Bagger eine Versorgungsleitung der SAP. Dadurch kam es zum Erdschluss, durch den wiederum zwei defekte Muffen entstanden sind, die ebenfalls ersetzt werden mussten. Innerhalb einer Stunde konnte dieser Schaden behoben werden. Am 21. August kam es in Wiesloch zu einer Beschädigung eines 20-Kilovolt-Kabels und einem Erdschluss. In der Folge wurde die Stromversorgung für ganz Walldorf unterbrochen und produzierte wieder eine defekte Muffe. Fast zwei Stunden dauerte hier die Behebung. "Wenn in St. Leon-Rot oder Wiesloch, die vom Umspannwerk Wiesloch versorgt werden, Störungen auftreten, merken wir das in unserem Netz", erklärte Zartmann die Zusammenhänge. Anfang Dezember sorgte schließlich ein Stein, der sich in die Isolation eines Mittelspannungskabels gebohrt hatte, für den vierten Stromausfall. "Es handelt sich um einen Fehler bei der Kabelverlegung vor über 20 Jahren, für die nicht die Stadtwerke verantwortlich waren", erklärte Zartmann. In nicht einmal einer Stunde waren hier wieder alle Verbraucher versorgt.
So sehen Mittelspannungskabel nach einem Erdschluss aus. Fotos: Stadtwerke Walldorf"Solche Störungen dürfen nicht passieren und sind indiskutabel, hatten aber alle verschiedene Auslöser und führten auch zu Folgefehlern", bat Gruber um Verständnis. Bei einem Netz mit bis zu 70 Jahre alten Leitungen könne es zu solchen Problemen kommen. "Ich möchte aber betonen, dass der Umgang und die Entstörung eine Weltklasseleistung der Mitarbeiter war", so Gruber. Sie hätten alles Menschenmögliche dafür getan, um die Versorgung schnell wieder herzustellen.
Um Probleme dieser Art in Zukunft zu verhindern, tauschen die Stadtwerke seit 2018 die Kabelmuffen aus, die besonders störanfällig sind. Die Muffen dienen dazu, zwei Kabel miteinander zu verbinden, und ein Typ dieser Muffen ist dafür bekannt, häufig Fehler hervorzurufen. Deshalb wurden bisher 62 dieser "Problemmuffen" getauscht. "Außerdem haben wir 132 Kurzschlussanzeiger eingebaut und tauschen jedes Jahr ein bis zwei Trafostationen aus", so Gruber. 2021/22 will man zudem 15 weitere Muffen austauschen.
"Das größte Manko ist, dass man sich in dieser Situation an niemanden wenden kann", ärgerte sich Gerhard Baldes. Die Bürgerinnen und Bürger benötigten eine Information, wie lange die Störung noch andauere. "Das können wir aber leider nicht vorhersehen", entgegnete Gruber. Während der gesamten Störung habe man nicht die Informationen, die die Menschen gerne hätten. "Die Feuerwehr übernimmt jetzt das Backoffice, um die Informationskette sicherzustellen und um zu vermeiden, dass es zu schwerwiegenden Problemen kommt", erklärte Bürgermeisterin Christiane Staab eine der Konsequenzen, die aus dem letzten Jahr gezogen wurde. Um die Menschen über die Störung zu informieren, sind die Stadtwerke zudem Mandant der Internetseite www.störungsauskunft.de geworden, um schnell informieren zu können.
"Es ist schon beachtliches Teamwork, wie schnell die Störungen behoben wurden", lobte SPD-Fraktionschef Manfred Zuber. Er frage sich aber, ob eine zweite Einspeisung – unabhängig von Wiesloch – vorgesehen sei, um Abhilfe zu schaffen. "Der Engpass hat nie die 110 Kilovolt-Leitung betroffen und es ist völlig unüblich, eine zweite Einspeisung zu machen", erläuterte Gruber. Auf die Auffälligkeit der Muffen sei man erst durch einen Hinweis aus Mannheim gekommen, weil der dortige Versorger eine Statistik über den Ausfall der Bauteile führte und durch die Zeit, in der die betroffenen Teile verbaut wurden, den fehlerhaften Typ einkreisen konnten. "Beim Austausch dieser Muffen sind wir deutlich schneller als die Kollegen in Mannheim", sagte Gruber.
"Ich bin mit der Kommunikation der Stadtwerke im Krisenfall nicht zufrieden", meinte Manfred Wolf (Grüne). Die Menschen machten sich Gedanken und das Unternehmen müsse Aktualisierungen geben. "Bei längerfristigen Störungen muss man da einfach noch einen weiteren Schritt der Krisenkommunikation für diese kritische Infrastruktur einbauen", forderte Wolf. Er warb darum, dass die Stadtwerke in ihrer Kommunikation im Störungsfall mutiger würden und den Menschen konkrete Zeiten nennen sollten, wie lange die Behebung noch dauere. "Es ist niemandem geholfen, wenn wir mutiger werden", entgegnete Gruber. Bei Störungen gebe es immer die Gefahr von Folgestörungen. "Ich möchte bei den Menschen keine Erwartungen wecken, die ich nicht erfüllen kann." Bei Stromausfällen sei es unmöglich, Prognosen zu machen. "Meine Bitte ist als Impuls gedacht, dass Sie bei Ihren Prozessen immer auf den Kunden oder die Kundin schauen", insistierte Wolf.
Andrea Schröder-Ritzrau lobte das Unternehmen: "Sie sind sich Ihrer Verantwortung bewusst und haben den Austausch der Risikomuffen proaktiv vorangetrieben." 2020 sei aber ein Murphyjahr gewesen, in dem sich die Probleme gehäuft hätten und mehrere Aspekte hinzugekommen seien: Die Ausfälle, die Pandemie und das fehlende Mobilfunknetz. "In anderen Jahren waren sie gut aufgestellt", sagte Schröder-Ritzrau. Sie würde sich aber einen noch engeren Draht zwischen Unternehmen und Stadt bei Störfällen wünschen.
"Im Gewerbegebiet schaffen Sie Redundanzen, um Ausfälle zu verhindern. Hilft so eine Redundanz auch im Stadtgebiet? Was tun Sie dafür, um diese Redundanz in der Wohnstadt zu verbessern?", fragte Dagmar Criegee (FDP). Man schaffe statt eines doppelten Systems, das man bei einem störungsfreien Betrieb nicht benötige, neue Schaltmöglichkeiten in den einzelnen Stromkreisen, um Fehler schneller zu lokalisieren, entgegnete Gruber. "Wir versuchen, die Problemstellen aus dem Netz zu nehmen, um so die Situation zu verbessern."