Eröffneten das St. Leon-Roter Nahwärmenetz: (v.li.) Markus Carsten (EnBW), Sascha Rachow (Klimaschutzbeauftragter), Ortsbaumeister Peter Dietz, Dr. Klaus Keßler (KliBA), Bürgermeister Dr. Alexander Eger, Daniel Klöpf (EnBW), Torsten Hoffmann (Betriebsleiter Hallenbad), Andreas Hockun (EnBW), Dr. Gerhard Dierkes (evangelische Kirchengemeinde), Matthias Schnerring (EnBW), Bauamtsleiter Werner Kleiber, Bernadette Knaus (ehemalige Klimaschutzbeauftragte) und Ralf Strohecker (EnBW). Foto: Sebastian Lerche
St. Leon-Rot. (homa) "Deutlich effizienter beheizen wir unsere Liegenschaften", zeigte sich St. Leon-Rots Bürgermeister Dr. Alexander Eger erfreut in einer Feierstunde zur Inbetriebnahme des Nahwärmenetzes in der Gemeindemitte. "Das ist ein direkter Vorteil für die Gemeinde, auch wenn der Klimaschutz natürlich im Vordergrund stand."
Drei Jahre vergingen ihm zufolge zwischen Gemeinderatsbeschluss und Fertigstellung. Angeschlossen sind gegenwärtig Rathaus, Harres und Hallenbad, künftig auch das neue Jugendzentrum, außerdem Kirche und Pfarrhaus der evangelischen Christusgemeinde. Erweiterungen des Netzes sind grundsätzlich möglich. Ein sogenannter "Contractor" (Dienstleister für Energieversorgung), eine 100-prozentige Tochter des Energieversorgers EnBW, hat rund zwei Millionen Euro in das Netz investiert, betreibt und wartet es. 20 Jahre beträgt die Laufzeit des Vertrags, in dem jährliche Kosten für die Gemeinde-Liegenschaften von 165.000 Euro festgelegt sind.
Klimaschutz- und Energieagentur Baden-Württemberg (KEA) sowie Klimaschutz- und Energieberatungsagentur Heidelberg (KLiBA), die das Projekt begleiteten, haben errechnet, dass die Gemeinde durch die Contractor-Lösung 30.000 Euro im Jahr spart. Der Bürgermeister bedankte sich für diese Beratung bei diesem "sehr komplexen" Vorhaben, ebenso dankte er allen übrigen Beteiligten für die Unterstützung. Die KEA förderte das Projekt mit 32.500 Euro, ebenso gab es 2000 Euro vom Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA).
Von einem "großartigen Tag" sprach der St. Leon-Roter Klimaschutzbeauftragte Sascha Rachow: Er machte deutlich, dass die Gemeinde nicht nur spare, sondern dass auch die Treibhausgasemissionen aktuell von Harres, Rathaus und Hallenbad hierdurch sinken: um 16 Prozent, circa 168 Tonnen CO2 pro Jahr. Es sei "ein großer Sprung voran für den Klimaschutz", die Gemeinde werde ihrer "Vorbildfunktion für die Bürger gerecht". Rachow unterstrich zudem das "beeindruckend schnelle Vorankommen, trotz der hohen Komplexität der Thematik".
Dass man quasi aus der Not eine Tugend gemacht habe, erläuterten Andreas Hockun, Daniel Klöpf, Markus Carsten und Matthias Schnerring von EnBW. Hockun lobte die gute Zusammenarbeit aller Beteiligten: "Das Miteinander hat die Durchführung ermöglicht." Klöpf berichtete von den Herausforderungen, die man in der sechswöchigen Planungszeit bewältigen musste, um der Situation vor Ort und "rechtlich kritischen" Aspekten eines solchen zusätzlichen Netzes gerecht zu werden. Durch einen "charmanten Schachzug" habe man nun zwei Heizzentralen statt einer, ein neues Blockheizkraftwerk (BHKW) im Harres und das vorhandene im Hallenbad. Diese Redundanz schütze auch bei einem – "höchst unwahrscheinlichen" – Ausfall eines BHKW. Man habe überdies knapp 100.000 Euro durch den Verzicht auf ein zusätzliches Gebäude eingespart, da man die neuen Bauteile in die bestehenden Anlagen integriert habe. Mit einem kleinen Film vermittelte man einen Eindruck von der Arbeitsweise eines großen Heizkraftwerks.
Markus Carsten nahm alle Anwesenden mit auf eine Führung zu den beiden BHKW. Im Grunde genommen sind es erdgasbetriebene Sechs-Zylinder-Motoren mit 75 PS (im Fall des Harres). Sie geben immer 100 Prozent ihrer Leistung ab, was in der kalten Jahreszeit durchaus gebraucht wird, von April bis Oktober aber laufen sie nur bis zu acht Stunden am Tag. Sie füllen nämlich Pufferspeicher voll Warmwasser mit einem Gesamtvolumen von elf Kubikmetern, einem kurzfristigen Vorrat für den Bedarf der Gebäude. In Spitzenverbrauchszeiten springt ein Brennwertkessel unterstützend an. Das Besondere ist, dass nicht nur Wärme erzeugt wird. Darauf liegt der Schwerpunkt, durch einen Generator entsteht aber auch Strom. Dieser wird überwiegend von Harres und Hallenbad genutzt, die Überschüsse werden ins Netz eingespeist. Laut Carsten wurden 1,5 Kilometer Rohrleitungen verlegt und parallel ein Glasfasernetz: Übers Internet ist nun der Zugriff aus der Ferne für Steuerung, Überwachung und Analyse möglich.
"Ich hoffe, das Thema nimmt Fahrt auf", sagte abschließend Dr. Klaus Keßler, Geschäftsführer der KLiBA. Er lobte die Aufgeschlossenheit der Gemeinde gegenüber neuen Methoden. "Contracting wird hier besser aufgenommen, als anderswo". Über das Nahwärmenetz selbst zeigte er sich froh, weil es ein "gutes Beispiel" sei, "mit dem man weiter für den Klimaschutz sensibilisieren kann". Auch unterstrich Keßler, wie wünschenswert weitere Anschlüsse an das Netz seien.