Wiesloch. (hds) Der letzte Industrie-Schornstein in der Weinstadt wurde am Donnerstagvormittag gesprengt. Pünktlich um 11 Uhr gab es einen Knall, der 40 Meter hohe Koloss neigte sich zur Seite und krachte genau auf den vorher festgelegten Bereich auf dem einstigen Wellpappen-Gelände. Bereits seit Herbst des Vorjahrs laufen dort die Vorbereitungen für das neue Wohn- und Gewerbegebiet "Quartier am Bach".
Viele Zuschauer beobachteten aus sicherer Entfernung das Spektakel. Im Bereich der "Lempenseite" hatten sich mehrere hundert Neugierige eingefunden, selbst Knirpse aus den Kindergärten nutzten mit ihren Betreuerinnen die einmalige Gelegenheit, hautnah dabei zu sein.
Sprengung des Wieslocher Wellpappe-Schornsteins
Kamera: Helmut Pfeifer / Produktion: Manuel Reinhardt/Philipp Neumayr
Im Vorfeld war von den Zuschauern spekuliert worden, ob der Schornstein nach der Sprengung "in sich" zusammenfallen oder ob sich das steinerne Relikt aus vergangenen Industriezeiten zur Seite neigen würde. Das Rätsel war um 11 Uhr gelöst. Für Fachleute war das bereits vor dem "Knall" erkennbar, denn der Sprengstoff war direkt unten am Schornstein angebracht, ein klares Indiz für den seitlichen Fall. Dieser war vom Sprengmeister genau berechnet worden, bereits vor der Zündung war mit Wasser die vorher festgelegte "Aufschlagfläche" befeuchtet worden. Die Reste des Schornsteins werden nunmehr auf Schadstoffe untersucht und dann wird – abhängig von den Ergebnissen – über eine Wiederverwertung oder eine Entsorgung der Steine entschieden.
Rund 40 Löcher waren in den Sockel des Schornsteins gebohrt worden, um dort die Patronen unterzubringen. Benutzt wurde ein sogenannter "gelatinöser Sprengstoff", ein Gemisch aus aliphatischen Salpetersäureestern, sogenannten Sprengölen, und Ammoniumnitrat. Als Füllstoffe werden feines Sägemehl und Glasperlen genutzt. Dieses Verfahren hat sich seit Jahren für die Sprengung von Bauwerken bewährt. Ausgeführt wurde die Sprengung von einem erfahrenen Unternehmen aus Oberbayern.
Bereits vor der Sprengung war das Gelände weiträumig abgesperrt worden und eine halbe Stunde vor dem Ereignis hatten sich in sicherer Entfernung viele Zaungäste eingefunden. "Das ging aber schnell", war zu hören, denn nur einige Sekunden nach dem Knall war schon alles vorbei. Selbst die befürchtete Staubwolke hielt sich in Grenzen und auch die Fallrichtung passte. "Das war jetzt der letzte von einstmals zehn Schornsteinen, die auf dem Stadtgebiet standen", wusste Stadtrat Klaus Rothenhöfer zu berichten. In einem der nächsten Stammtische "Waasch noch?" will er über die Geschichte der Wieslocher Industrie-Schornsteine berichten.
Update: 13. Februar 2020, 17 Uhr