Zwei Lausbuben mit dem Herz am rechten Fleck: In dem vorweihnachtlichen Theaterstück der Wieslocher „Maske“ nehmen es der Seppel und das Kasperle mit einer ganzen Räuberbande auf. Am kommenden Sonntag kann man das noch einmal miterleben. Foto: Pfeifer
Von Gertraude Zielbauer
Wiesloch. Das Licht geht aus, der Vorhang öffnet sich und ein staunendes "Aah" und "Ooh" geht durch die Reihen. Noch hat das Stück von "Kasperl, Seppel und der Räuberbande" nicht begonnen, da ist auch schon der erste Applaus fällig: für das kunterbunte, detailreich und liebevoll gestaltete Bühnenbild mit riesiger Kuckucksuhr, Sandkasten, Wäscheleine und einem Haus, das ein wenig an das Knusperhäuschen der Hexe bei "Hänsel und Gretel" erinnert. Das Wieslocher Amateurtheater "Die Maske" ist bekannt dafür, dass es bei seinen Produktionen für die Zuschauer aller Generationen neben Spannung, Spaß und guten schauspielerischen Leistungen auch immer viel Sorgfalt auf Ausstattung und Kostüme verwendet.
Was die Spielform betrifft, hat man sich im neuen Stück, das am dritten Advent im Staufersaal des Palatins Premiere hatte, fürs ewig junge, wohl niemals aussterbende Kasperletheater entschieden. Statt der klassischen Handpuppen spielen hier Menschen auf einer großen Bühne und diesmal dreht sich alles um das berühmte Rezeptbuch von Kasperles Großmutter (Lena Wiebe), das sie hütet wie ihren Augapfel. Wenn sie nicht gerade kocht oder bäckt, versteckt sie es vor Kasperle (Tiana Knobel) und seinem Freund Seppel (Paul Joachim) so gut, dass die beiden es trotz unermüdlicher Suche nicht finden können. Ein Trost: Großmutter ist gerade mit ihrem allseits beliebten Sonntagskuchen fertig geworden. Den gibt es morgen und außer den beiden Buben ist auch der Wachtmeister (Steffen Rotsch) eingeladen. Der zackige Bursche hat ein Auge auf die alte Dame geworfen und verehrt sie nicht zuletzt wegen ihrer legendären Koch- und Backkünste.
Die Kuckucksuhr hat sogar einen lebendigen „Kuckuck“. Foto: PfeiferIn diese Idylle brechen eines Nachts drei Räuber ein: der "Chef" (Harald Wieland), der "Hauptmann" (Tobias Thorn) und Willibald (Rebecca Grieb). Denen fällt nichts Besseres ein, als ausgerechnet Großmutters Rezeptbuch zu stehlen und damit in ihrer Höhle im Wald zu verschwinden. Damit nichts schiefgehen kann, entführen die tollpatschigen Kerle auch gleich noch die Großmutter dazu, denn mit ihren eigenen Lese- und Kochkünsten ist es nicht weit her. Dass die Gauner die Rechnung ohne Kasperle und seine Freunde gemacht haben, versteht sich von selbst. Mit von der Partie ist auch der Kuckuck (Lieselotte Zeischka), der allen verkündet, wie viel es geschlagen hat, und auch mal die Boxhandschuhe anzieht, wenn es nötig ist. Dazu gesellen sich ein niedliches Eichhörnchen (Melisa Tink) und ein allerliebstes Häschen (Charlotte Blöchl). Dieses temperamentvoll und talentiert agierende Ensemble spielte sich mühelos in die Herzen seines Publikums hinein.
Autorin des Spiels ist Sabine Blöchl, die mit Harald Wieland zusammen auch für die Regie verantwortlich ist. Ihr ist mit "Kasperl, Seppel und die Räuberbande" ein Stück gelungen, das keine Wünsche offen lässt. Es zeichnet sich aus durch einfache, kindgemäße Sprache, Tempo, eine ganze Menge zum Lachen und eine profunde Kenntnis der Spielregeln, die seit Jahrhunderten für das klassische Puppenspiel vom Kasperle, dem "Hanswurst", gelten: Die Figuren haben entweder "gut" oder "böse" zu sein, das Gute muss siegen und Kasperle ist die Identifikationsfigur fürs Publikum. Schließlich die wichtigste Regel: Die Zuschauer müssen in das Geschehen mit einbezogen werden. Im neuen Stück der "Maske" dürfen sich Klein und Groß lautstark an der Suche nach den Räubern beteiligen, gute Ratschläge geben und sogar mit Tannenzapfen werfen, um die Räuber dingfest zu machen.
Wie immer geizt auch diesmal die "Maske" nicht mit witzigen Einfällen: Die Räuber schneiden das Gemüse mit einer Schere, die so lang ist wie ein Tennisschläger, verwechseln Kohlrabi mit Lauch und Kasperle und Seppel "verhaften" einen vermeintlichen Räuber mit dem Strickzeug der Großmutter.
Schließlich sei noch das Duo Annette Blatz-Braun und Julia Braun erwähnt, das am Rande der Bühne für die stimmige Begleitmusik sorgt.
Info: Das Stück, dessen Besuch für Menschen ab etwa vier Jahren ohne Einschränkung empfohlen werden kann, wird noch zweimal aufgeführt: am Sonntag, 22. Dezember, um 14 und um 17 Uhr im Palatin. Karten gibt es bei Bücher Dörner Wiesloch (0 62 22/92 09 11), an der Palatin-Theaterkasse (0 62 22/58 26 60) oder online unter www.palatin.de.