Andrea Schröder Ritzrau aus Walldorf und Jaric Krumpholz aus Dielheim wollen in einem intensiven Landtagswahlkampf im gesamten Wahlkreis Präsenz zeigen. Foto: Pfeifer
Mühlhausen. (seb) Bei der Nominierungsversammlung der SPD zur Landtagswahl wurde Dr. Andrea Schröder-Ritzrau mit 51 von 51 abgegebenen Stimmen nominiert. Ihr Zweitkandidat ist Jaric Krumpholz, der 45 von 46 Stimmen erhielt. Beide bedankten sich herzlich fürs Vertrauen und versprachen einen intensiven Wahlkampf, bei dem sie per Internet und im ganzen Wahlkreis präsent sein wollten.
"Für Mensch und Umwelt will ich Politik machen", sagte Schröder-Ritzrau. Die 54-Jährige ist wissenschaftliche Angestellte in der Klimaforschung an der Uni Heidelberg, Stadträtin in Walldorf und Kreisrätin. "Es ist kein Naturgesetz, dass die CDU hier über Generationen die Abgeordneten stellt. Das Mandat wird auch nicht vererbt." Als Mutter wolle sie "jungen Menschen Vertrauen und Mut für die Zukunft" zurückgeben. Als Geologin setze sie sich für den Klimaschutz ein – und sie erlaubte sich Scherze wie "den Stein ins Rollen bringen" und als Präsent rote Steine.
Bildung sei einer ihrer Schwerpunkte: "gebührenfrei und chancengleich", es dürfe "kein Aussortieren nach Geldbeutel" geben. Die Coronakrise habe gezeigt, dass Unterricht zu Hause nicht immer klappe: "Ich will, dass jedes Kind die angemessene Ausstattung hat und gute Bildung erfährt, auch in Krisen wie Covid-19."
Die Mobilität müsse zukunftsfähig weiterentwickelt werden, so Schröder-Ritzrau: "Wieso nicht kostenloser ÖPNV? Das sollte uns das Klima wert sein." Sie sei für Windenergie, wo sie Sinn ergebe, und regionale Wirtschaftskreisläufe statt weiter Transportwege. Nicht nur "systemrelevanten", allen Menschen stünden Wertschätzung und Löhne zu, "von denen man leben kann – dort, wo man arbeitet".
Erschwinglicher Wohnraum gehöre für sie zur Daseinsvorsorge: Die Landesentwicklungsgesellschaft ist für sie "das richtige Werkzeug für eine Wohnraumoffensive". Nicht zuletzt "müssen endlich mehr Frauen in den Landtag" – für ein stimmiges Abbild der Gesellschaft halte sie zudem ein Wahlalter ab 16 für richtig.
"Andere Parteien diskutieren viel", meinte Jaric Krumpholz: Aber wenn es ums Handeln gehe, "bin ich bei der SPD richtig". Der 20-Jährige studiert Sozialarbeit, absolviert gerade sein Praxissemester in der Jugendhilfe in Strafverfahren des Rhein-Neckar-Kreises und ist Gemeinderat in Dielheim.
Für ihn steht die SPD "für eine Gesellschaft, in der wir füreinander und für Schwache da sind", für "Schule, die aufs Leben vorbereitet", für Bildungs- und Chancengleichheit, für den Kampf gegen die globale Erwärmung und "für eine Politik von und für junge Menschen".
Bei der Lebenshilfe Wiesloch habe er sich für Menschen mit körperlicher oder geistiger Behinderung eingesetzt: So wisse er, dass Pflegekräfte generell mehr als Applaus verdienten – richtig bezahlt zu werden nämlich. Er empfahl Schröder-Ritzrau allein schon deswegen, weil man "einen Klimaschutz-Profi in den Wahlkampf schicken" müsse, unterschied sich aber in einem: Krumpholz kann sich wegen seiner Erfahrungen bei "Fridays for Future" ein Wahlalter ab 14 vorstellen.
Glühende Lobesworte für die beiden gab es vom Bundestagsabgeordneten Lars Castellucci, seinem Vorgänger Gert Weisskirchen und diversen Weggefährten, die ihre Beharrlichkeit, Glaubwürdigkeit und Engagement hervorhoben.
Thomas Funk hatte die Anwesenden eingangs in der Kraichgauhalle Mühlhausen begrüßt und betont, dass der Anspruch der SPD sei, "die Welt immer ein Stückchen zu verbessern". Mehr denn je bedürfe es "sozialdemokratischer Antworten", meinte Holger Schröder vom gastgebenden Ortsverein. Die SPD müsse dem Vertrauensverlust der Bevölkerung begegnen und ihre Politik greifbarer machen.
"Bildung, Gesundheit, Digitalisierung, Sicherheit, Verkehrs- und Energiewende": Das sind die Kernthemen für Sascha Binder, Landtagsabgeordneter und Generalsekretär der Landes-SPD. Mit Blick aufs brennende Flüchtlingslager in Moria betonte der Gastredner, dass die Sozialdemokratie gefordert sei, "ein anderes Gesicht von Deutschland zu zeigen" als das gegenwärtige.
Die Coronakrise habe gezeigt, wer wirklich "systemrelevant" sei – diese Menschen benötigten bessere Perspektiven. In der Krise habe sich auch offenbart, wie viel Nachholbedarf Baden-Württemberg bezüglich Chancengleichheit, Bildung und Digitalisierung habe.
Die aktuelle Situation zeige: Den Strukturwandel in der Wirtschaft müsse die Politik aktiv gestalten, auch mit Blick auf eine andere Krise, den Klimawandel. "Eine Beteiligungsgesellschaft des Landes" müsse hier kleine und mittelständische Unternehmen unterstützen. Binder übte auch Kritik an der Novellierung des Polizeigesetzes "mit anlassloser Identitätsfeststellung", das bedeute schwere Eingriffe in die Persönlichkeitsrechte.