Von Armin Rößler
Walldorf. "Das war wie ein kleines Märchen", erinnert sich Arnim Töpel. Das Multitalent aus Walldorf hat vor etwas mehr als 30 Jahren mit "Hallole, isch bins, de Günda" seinen bekanntesten Song aufgenommen und sagt heute: "Die Hallole-Zeit war schon speziell." Die damals geschaffene Figur des "Günda" begleitet ihn immer noch: Natürlich wird das Lied bei seinen Auftritten von den Zuschauern gefordert und dann auch lautstark mitgesungen, was der Künstler wahlweise "rührend" oder "völlig irre" findet, Kommissar Günda wurde zum Helden von Töpels Mundart-Krimis und irgendwie haben sich mit den Jahren auch die Identitäten von Schöpfer und Geschöpf vermischt: "Es gibt bis heute Leute, die mich Günda nennen."
Im Dezember 1989 kam der Song als Vinyl-Single auf den Markt, komplett in Eigenregie eingespielt und produziert. "Ich habe das selbst aufgenommen, mit den primitivsten Mitteln", erinnert sich der Musiker. Er saß damals nicht etwa im professionellen Tonstudio, sondern im heimischen Schlafzimmer, spielte Klavier und Keyboard, sang und drückte die verschiedensten Knöpfe.
Drei Aufnahmen entstanden auf diese Art und Weise, mit der dritten war Töpel schließlich zufrieden und veröffentlichte sie auf der heute fast schon legendären Single. "Es gab keine Plattenfirma", blickt er zurück, "ich habe die Schallplatten selbst zu den Händlern gebracht". Die Nachfragen häuften sich, kamen nicht mehr nur aus der unmittelbaren Umgebung, sondern beispielsweise auch aus Karlsruhe oder Mainz, sodass die Scheibe mehrfach nachgepresst werden musste. Für den nachhaltigen Erfolg fehlte aber wohl tatsächlich die Unterstützung einer Firma. So blieb es beim "klassischen Ein-Hit-Wunder".
Nachdem Arnim Töpel schon zuvor als "Töpel ohne" Musik gemacht hatte und in der Region aufgetreten war, erklärt er die Entstehung seines ersten Songs im Dialekt – dem viele weitere folgen sollten – heute mit: "Das war eine Eingebung." Kreativität könne man nun einmal nicht erklären, ihm sei die erste Zeile eingefallen, "ich wusste sofort, das hat was". Für ihn selbst war das Lied auch eine Art Initialzündung: Töpel war gerade 30 Jahre alt geworden, hatte das zweite Staatsexamen absolviert und war frisch gebackener Rechtsanwalt, wollte aber "weg von der Juristerei". Er habe "eine Art Ventil" gebraucht, wieder verstärkt Klavier gespielt und schließlich das Günda-Lied geschaffen – der Rest ist Geschichte.
Radio Regenbogen spielte den Song, die Hörer wählten ihn in die Hitparade des Senders, dort stand er neun Wochen auf Platz eins und wurde zum "Kurpfalz-Hit". "Das kam aus dem Nichts", sagt Töpel, "die Leute wussten nicht, wer das gemacht hat." Dass er selbst, der Anwalt, im Anzug auftrat und in den Interviews Hochdeutsch sprach, irritierte viele Menschen noch mehr. Den "Günda" hatten sie sich eindeutig anders vorgestellt ... Für den Interpreten öffnete sich derweil eine neue Tür: Nach einem Auftritt mit "Hallole" beim Saarländischen Rundfunk wurde er erst dort Moderator, arbeitete danach zehn Jahre lang als Radio-Talker beim Südwestfunk in Baden-Baden. Vor 20 Jahren machte er dann die Bühne zu seinem Beruf, startete seine musikalischen Kabarettprogramme (unter anderem "Newa de Kapp" oder "Mach doch de Babbe net struwwelisch") und staunte selbst, dass die Leute auch nach der langen Bühnenabstinenz den Günda immer noch hören wollten.
Als der Kabarettist dann auch noch zum Krimi-Autor wurde, hat er seinen Kommissar "natürlich" Günda genannt, ihm aber gleichzeitig "viel mehr Charakter und Tiefe gegeben", als das damals im Song möglich war. Mit den Kurpfälzer Mundart-Krimis um Tschief Günda und seinen Assistenten Fritjof Freese, von "De Schorle-Peda" (2013) bis hin zu "Mord beim Männerballett" (2018), soll es auch künftig weitergehen. Im Moment fühlt sich der Autor aber durch die Corona-Pandemie ausgebremst, "ein bisschen aus dem Tritt gebracht". Üblicherweise fahre er zum Start der Arbeit an einem neuen Buch an die Nordsee, "da darf ich jetzt nicht hin". Und weil auch seine Auftritte mit dem aktuellen Programm "Mei Mussisch – Meine Musik (un demm Günda seini)" aktuell bis einschließlich Ende Juni abgesagt oder verschoben werden mussten, fühlte er sich erst einmal "wie gelähmt".
Es dauerte, bis ihm eine Idee kam, wie er den furchtbaren Zustand mit "total viel Zeit" sinnvoll nutzen kann. Am Klavier, da ist er sich sicher, wäre er im Moment viel zu melancholisch. Mit Online-Lesungen aus dem neusten Mundart-Krimi, "Gündales in Glickerbach" (2019), einem Best-of der bisherigen Fälle, will er dagegen "die Leute von dem ablenken, was uns alle bewegt" und ein bisschen "zur Ablenkung und Aufmunterung" beitragen. Das ist auch für ihn selbst in dieser schwierigen Phase wichtig. "Für mich ist das ein bisschen das Tor zur Welt", sagt Töpel über die Aktion, die er am vergangenen Sonntag gestartet hat (die RNZ berichtete bereits am Donnerstag auf der Seite "Rhein-Neckar"). Interessierte finden die Videos im Internet unter arnimtoepel.com, www.facebook.com/ ArnimTopel sowie auch bei Youtube unter Arnim Töpel.
In den einleitenden Worten zur ersten dieser Lesungen zeigt sich der Autor übrigens, wie auch im Gespräch mit der RNZ, "zutiefst zuversichtlich", was die Bewältigung der aktuellen Krise angeht. "Wir kriegen das hin", sagt Arnim Töpel und gibt sich optimistisch: "Wenn wir diese Krise bewältigt haben, dann wird sich unsere Gesellschaft verändern", und zwar zum Positiven. Denn, so seine Meinung, "wir alle werden entdeckt haben, dass diese Konflikte, die uns das Leben schwer machen, die vielen Auseinandersetzungen, das Hochgekochte, vor allem eins ist: Uuneedisch." Treffender hätte es auch "de Günda" garantiert nicht ausdrücken können.