Die staatlichen Soforthilfen werden nicht ausgezahlt und die Anträge sind viel zu kompliziert, kritisieren Jörg Fahn (Foto), Obermeister der Friseur-Innung Heidelberg-Kraichgau, und Friseurmeister Jan Rausch, hier im Bild mit seiner Schwester Heike Bachthaler, ebenfalls Friseurmeisterin. Fahn und Rausch betreiben jeweils ein Friseurgeschäft in Wiesloch und Dielheim. Fotos: A. Dorn
Von Agnieszka Dorn
Dielheim/Wiesloch. Unter dem Motto "Licht an, bevor es ausgeht" machten Friseurgeschäfte jüngst auf ihre prekäre finanzielle Situation in der Corona-Krise aufmerksam – bundesweit wurden Lichter in Friseurstudios angelassen: nur eine von verschiedenen Aktionen.
"Die Situation ist äußerst ernst", sagt Jörg Fahn, Obermeister der Friseur-Innung Heidelberg-Kraichgau, denn die Corona-Hilfen kommen ihm zufolge bei den Betrieben nicht an. Laut Fahn stehen einige Friseurgeschäfte in der Region kurz vor dem Aus, die finanziellen Reserven sind aufgebraucht und die Situation ist teilweise so ernst, dass es Saloninhaber gibt, die nicht einmal Geld für Lebensmittel haben. Den restlichen Friseurbetrieben stehe das "Wasser bis zum Hals", denn seit dem 16. Dezember müssen Friseursalons aufgrund des Lockdowns geschlossen bleiben.
"Die Gesundheit steht an erster Stelle", betont Jörg Fahn, der selbst in Wiesloch ein Friseurstudio betreibt. Allerdings müsse die Politik dafür Sorge tragen, dass die finanziellen Hilfen schnell auf dem Konto ankommen, wie auch beim ersten Lockdown. Die jetzigen Anträge für finanzielle Unterstützung stehen erst im darauffolgenden Monat zur Verfügung und sind bürokratisch, so Fahn.
Die staatlichen Soforthilfen werden nicht ausgezahlt und die Anträge sind viel zu kompliziert, kritisieren Jörg Fahn, Obermeister der Friseur-Innung Heidelberg-Kraichgau, und Friseurmeister Jan Rausch, hier im Bild mit seiner Schwester Heike Bachthaler, ebenfalls Friseurmeisterin. Fahn und Rausch betreiben jeweils ein Friseurgeschäft in Wiesloch und Dielheim. Fotos: A. DornDifferenziert werde dabei unter anderem zwischen einem Antrag für Betriebs- und einem für private Kosten, erklärt er. Die Abwicklung nehme viel Zeit in Anspruch und die Friseurbetriebe rechneten nicht vor März – manche befürchteten sogar Ende März – mit dem Eintreffen der Hilfen für Januar. Derweil liefen aber Kosten wie für Miete oder Versicherungen sowohl im beruflichen als auch im privaten Bereich weiter. Weil Friseure die erste Dezemberhälfte noch arbeiten durften, bekämen nur diejenigen Unterstützung für Dezember, deren Umsatz unter einem bestimmten Betrag lag. Zudem konnten durch die coronabedingten Hygienemaßnahmen nicht alle Salonplätze belegt werden, weshalb viele im vergangenen Jahr einen Umsatzrückgang verbucht hätten.
Als sehr ernst empfindet auch Friseurmeister Jan Rausch vom gleichnamigen Friseurbetrieb in Dielheim die Situation. Der Salon existiert bereits seit fast 100 Jahren und wurde schon von seinem Großvater betrieben. Eine vergleichbare Situation gab es in der Vergangenheit nicht, auch Jan Rausch sitzt auf glühenden Kohlen und wartet, bis die Anträge für die staatliche Januarhilfe freigegeben werden. Noch könne er seine Kosten tragen, so Rausch, sollten die Hilfen aber nicht bald ausbezahlt werden, dann gerate auch er in Schwierigkeiten.
Auch Rausch hat die Erfahrung gemacht, dass beim ersten Lockdown die Hilfen relativ schnell angekommen seien, aber jetzt seien die Anträge kompliziert und die Auszahlung dauere zu lange. Dass Friseure vom Lockdown betroffen sind, verstehe er nicht, schließlich seien die Hygienemaßnahmen strikt. Der Friseurmeister hat sogar zusätzlich zum Stoßlüften in einen mobilen Luftreiniger investiert und alle Vorgaben genau umgesetzt. Vor allem eine Beobachtung bereitet Rausch Sorgen: Einige Friseure arbeiteten illegal, denn er sehe genau – beispielsweise beim Einkaufen – welche Frisuren von Profis geschnitten wurden. Rausch befürchtet, dass Kundinnen und Kunden nach dem Lockdown bei diesen Friseuren bleiben.
Auch Jörg Fahn spricht sich klar gegen illegale Arbeit aus – generell und schon alleine, weil bei Hausbesuchen, die derzeit auch verboten sind, die erforderlichen Hygienemaßnahmen nicht eingehalten werden könnten. Allerdings könne er die Handlung bei den Friseuren nachempfinden, die dermaßen verzweifelt seien, weil sie wegen der sich verzögernden Auszahlung kein Geld mehr für Lebensmittel haben, so Fahn weiter.
Deshalb seien verschiedene Aktionen, in denen schnelle finanzielle Vorauszahlungen, unbürokratische Antrags- und Genehmigungsprozesse sowie faire Ausgleichszahlungen gefordert werden, umso wichtiger, um auf die prekäre Situation aufmerksam zu machen. Zudem sei auch eine Perspektive, wann Friseursalons wieder öffnen dürfen, hilfreich, schildert Fahn.