Dielheim/Horrenberg. (seb) Mit ökologischen Ausgleichsmaßnahmen im Naturschutzgebiet Sallengrund-Waldwiesen bei Horrenberg und zwischen Unter- und Oberhof befasste sich Dielheims Gemeinderat in der jüngsten Sitzung. Nachdem Fachleute mit einer Ausgleichsbilanz für über 38.000 Euro beauftragt worden waren, lag jetzt die Rechnung für die Aufwertung diverser Biotope vor: rund 34.000 Euro. Einhellig stimmte man zu.
Bürgermeister Thomas Glasbrenner blickte eingangs zurück auf den "sehr massiven Eingriff" des Bauhofs, der "mit dem Naturschutzgesetz nicht vereinbar" gewesen sei. Nach Starkregenereignissen Ende Mai 2016 war die Kreisstraße K4178 (Meckesheimer Straße) zwischen Unter- und Oberhof mit Schlamm überschwemmt worden, ebenso landwirtschaftlich genutzte Felder. Der Bauhof hatte sich der verstopften Wassergräben "mit schwerem Gerät", so Glasbrenner, angenommen, auch Bäume gefällt und zudem mit neuen Gräben gewissermaßen für eine Entwässerung des Gebiets gesorgt, was aber dem Zweck des Naturschutzgebiets klar widerspricht.
Nach der Schadens-Erhebung waren die beauftragten Landschaftsarchitekten in Verhandlungen mit dem Regierungspräsidium Karlsruhe getreten, das glücklicherweise von einer Anzeige gegen Dielheim abgesehen hatte, aber umfangreiche Aufwertungsmaßnahmen gefordert hatte, mit denen es aber "übers Ziel hinausgeschossen" war, wie Planer Dr. Thomas Trabold darlegte. Man wolle "nicht dogmatisch, sondern pragmatisch", vorgehen, jetzt habe man eine "gute Lösung" mit "akzeptablen Kosten" für die Steigerung der Artenvielfalt gefunden, die das Regierungspräsidium auch abgesegnet habe.
Trabold begann mit dem Horrenberger Waldspielplatz und der dortigen Grillhütte, die bei einem Sturm Ende Januar beschädigt wurde. Der Bach verläuft dort laut Trabold schnurgerade in Beton-Halbschalen, die aufgebrochen werden müssen, damit Sohle, Ufer und Böschung wieder naturnah gestaltet werden können.
Generell solle der Bach nicht "kanalisiert fließen", sondern mäandern. Auch will man sich dem Kleinbach widmen, der aus dem Wald kommend in den Krebsbach mündet. Das Spielplatzgelände sei auch deswegen ein "neuralgischer Punkt", so Trabold, weil der Bach dort auf die Landesstraße zwischen Horrenberg und Dielheim treffe.
Und zudem, ergänzte Glasbrenner, werde die Gemeinde sich in Zusammenarbeit mit den Planern der beschädigten Grillhütte widmen. Das dortige Waldbiotop und den Grillhüttenplatz will man in die ökologische Aufwertung des Bachs einbeziehen, so Trabold, und Aktionen für die Sensibilisierung gerade von Kindergarten- und Schulkindern für den Natur- und Artenschutz ins Leben rufen. Wie genau man verfahre, werde man bei einem Vor-Ort-Termin gemeinsam mit Naturschützern diskutieren, so Glasbrenner.
Weiter bachaufwärts will man sich Erlenbeständen widmen, artenreiche Wiesen anlegen und Retentionsflächen schaffen, die Hochwasser abfangen können, so Trabold. Das sei gut für den Artenschutz gerade deshalb, weil damit Amphibien Laichgewässer vorfinden.
Der Planer ergänzte, dass man die Areale, die man aufwerten wolle, gezielt ausgesucht habe. Es sind zum einen natürlich bereits geschützte Gebiete. Zum andern befinden sie sich dort, wo praktisch weniger für den Artenreichtum bedeutsames Dickicht wächst, etwa das "Drüsige Springkraut", eine invasive Art, die als Bedrohung für andere Pflanzen und ganze Lebensräume eingestuft wird. Und man richtete sich zudem nach Wildschwein-Suhlen, so Trabold: Wo die Tiere schon im Schlamm gewühlt hätten, finde man meist gut für die Wiedervernässung geeignete Uferflächen.
Wo die "Naturfreunde Krebsbachaue" bereits tätig gewesen seien, etwa mit Errichtung eines Storchennests, sollten gezielt Bäume wie Esche und Erle gesetzt werden, die für den feuchten Lebensraum geeignet sind, so Trabold. Für eine weitere Vernässung des Gebiets sollte man sorgen, damit sich ein Auwald ansiedeln könne. Das sei der Wunsch des Regierungspräsidiums, mit dem er aber nicht ganz einverstanden gewesen sei: Man habe sich auf einen fünf Meter breiten Streifen Auwald geeinigt, damit auch Freiflächen, die für andere Arten wertvoll seien, verbleiben könnten. "Der Wald ist schon stark, Offenland ist rar." Da treffe Klima- auf Naturschutz, erklärte er: Gegen CO2 seien natürlich Bäume wichtig, für die Artenvielfalt aber brauche es Abwechslung, nicht nur Wald.
In Arealen weiter bachaufwärts skizzierte er weitere, ähnlich gelagerte Maßnahmen zur Aufwertung von Offenland ebenso wie Wald und zum Schaffen von Laichgewässern. Auch Pflegemaßnahmen wie den Rhythmus der Mäharbeiten gerade zugunsten verschiedener Insektenarten legte er dar und ergänzte, dass der Erdaushub zur Formung der Uferböschungen vor Ort verbleiben könne.
Mit den Landwirten dort müsse man sich noch in Verbindung setzen, um möglichst Fünf-Meter-Säume an den Wassergräben anlegen zu können, damit entstünden gewisse Verluste an Ertrag beziehungsweise Pacht. In diesem Zusammenhang wies Trabold auf Gräben hin, deren Wasser durch Dünger- und sonstigen Nährstoffeintrag stark getrübt sei. Trabold regte auch Gespräche an, um den Zuschnitt der landwirtschaftlichen und der angrenzenden schützenswerten Flächen zu überarbeiten, damit geschlossene Biotopareale entstehen können.
In der Diskussion mit den Gemeinderäten erläuterte Trabold, dass Dielheim kontinuierlich für die Pflege des Naturschutzgebiets Verantwortung trage, diese Feuchtbiotope entwickelten sich "sehr dynamisch" und drohten im Lauf weniger Jahre zu verlanden. Vor Ort und individuell müsse man das genaue Vorgehen mit den zu beauftragenden Firmen besprechen.