Der Tisch, der ohne Absprache mit dem Gemeinderat beseitigt wurde, ist nur der jüngste Stein des Anstoßes: 13 Bad Schönborner Gemeinderäte haben Bürgermeister Klaus Detlev Huge in einem offenen Brief für seine „Alleingänge“ heftig kritisiert. Foto: Hans-Joachim Of
Von Sebastian Lerche
Bad Schönborn. "Das ist kein Miteinander": Die "vielen Alleingänge" von Bad Schönborns Bürgermeister Klaus Detlev Huge und seine "scheibchenweise, nur auf Anfrage gelieferten Informationsbröckchen" stoßen auf massive Kritik aus dem Gemeinderat. 13 Räte von CDU, Freien Wählern, Junger Liste und Unabhängiger Bürgerliste haben nun einen offenen Brief an Huge unterzeichnet. Sie kritisieren dabei nicht nur den Erdwall, den Huge ohne Genehmigung entlang der B292 aufschütten ließ und der zwar für mehr Verkehrssicherheit sorgen sollte, aber laut den zuständigen Behörden auch eine Gefahr darstellte. Die Unterzeichner listen mehrere Entscheidungen Huges auf.
Jüngste Maßnahme, durch die man sich "wie vor den Kopf gestoßen" fühlt, ist dem offenen Brief nach die Beseitigung des Ratstischs. Wie Daniel Molk, Fraktionsvorsitzender der CDU, auf RNZ-Anfrage erklärte, ist der Tisch nicht etwa abgebaut und eingelagert, sondern "in kleine Teile zersägt" und "auf einer Mülldeponie entsorgt" worden. Der ovale Tisch wurde Molk zufolge 1996 von einem Architekten geschaffen, der das Gesamtensemble des Ratssaals gestaltete – und womöglich noch das Urheberrecht auch auf den Tisch hat, wodurch also ein rechtliches Nachspiel drohen könnte.
Eine angedachte Umgestaltung des Rathauses sei eigentlich bei den Haushaltsberatungen auf unbestimmte Zeit verschoben worden, argumentieren die Brief-Unterzeichner: wegen der angespannten Finanzlage nämlich. Der Bürgermeister hatte argumentiert, Sitzungen unter Corona-Bedingungen im Ratssaal möglich machen zu wollen und dafür neue, separat platzierte Tische zu benötigen.
Das lassen die 13 Gemeinderäte nicht gelten und verweisen auf Ausweichmöglichkeiten wie Kraichgau- und Ohrenberghalle oder das Edith-Stein-Haus der katholischen Kirchengemeinde. "Man hätte auch Plexiglasscheiben am Ratstisch anbringen können", meinte Molk. "Es gab jedenfalls keinen Grund, diesen Tisch zu zerstören."
Molk betonte: "Der Tisch war ein handwerkliches Meisterstück", zudem heißt es im Brief, dass er "symbolisch für das gleichberechtigte Miteinander aller stand, die an diesem Tisch Platz fanden". Und davon sei nichts mehr zu spüren, hieß es.
"Wir sehen darin einen erneuten Affront gegenüber dem Gemeinderat", verweisen die Unterzeichner unter anderem auch auf einen Vertrag mit den Stadtwerken Walldorf: Die technische Unterstützung bei der Trinkwasserversorgung habe Bürgermeister Huge ebenfalls allein beschlossen. "22 Gemeinderäte haben die Zeitung aufgeschlagen und sind aus allen Wolken gefallen." Hinzu komme: "Dieser Betrag für die Kooperation mit den Stadtwerken übersteigt bei Weitem das Budget, das einem Bürgermeister zur Verfügung steht", so Molk: Huge hätte unbedingt den Gemeinderat einbeziehen müssen.
Mit Huge habe man vor der Sommerpause des Gemeinderats mehrfach das Gespräch gesucht, so Molk: "Keine Chance." Dabei wären ein Anruf oder eine E-Mail nicht zu viel verlangt. "Wir haben ja alle nur das eine Ziel: unsere Gemeinde voranzubringen." Doch Huge habe eine Zusammenarbeit erschwert. "Es sind nicht nur wir 13 Unterzeichner, die nicht mit jeder seiner Entscheidungen einverstanden sind", so Molk.
Nach der Kommunalwahl, heißt es im Brief, habe Bürgermeister Huge öffentlichkeitswirksam betont, dass er den kooperativen Umgang mit dem neu zusammengesetzten Gemeinderat suchen wolle. "Leider haben Sie dieses Versprechen nicht in die Tat umgesetzt", so der Vorwurf der Unterzeichner: Im Gegenteil habe Huge den Gemeinderat immer wieder durch einsame Entscheidungen empört: "Das Vertrauensverhältnis zwischen Gemeinderat und Bürgermeister ist nachhaltig beschädigt."
Weiter schreiben die 13 Unterzeichner: "Die überwiegende Mehrheit im Gemeinderat hat sehr große Zweifel, ob ein kooperatives Miteinander zum Wohle der Gemeinde überhaupt noch möglich ist." Um weiteren Schaden von der Gemeinde abzuhalten, habe man sich daher ans Landratsamt als Aufsichtsbehörde gewandt und um Vermittlung gebeten. "Wir sind die gewählten Vertreter der Bürgerinnen und Bürger – bitte akzeptieren Sie das in Zukunft", so die Forderung an den Bürgermeister.