Der Tisch, der ohne Absprache mit dem Gemeinderat beseitigt wurde, ist nur der jüngste Stein des Anstoßes: 13 Bad Schönborner Gemeinderäte haben Bürgermeister Klaus Detlev Huge in einem offenen Brief für seine „Alleingänge“ heftig kritisiert. Foto: Hans-Joachim Of
Von Hans-Joachim Of
Bad Schönborn. Kaum ist der umstrittene und vom Regierungspräsidium Karlsruhe beanstandete Erdwall an der Bundesstraße B292 in Bad Schönborn abgetragen, sorgt ein weiterer, angeblicher Alleingang von Bürgermeister Klaus Detlev Huge (SPD) für Aufregung in der Kurgemeinde und bei den beiden Gemeinderäten. Bekanntlich hatte der Verwaltungschef im Frühsommer entschieden, dass am Ortsausgang in Richtung Östringen statt der vorhandenen und als Begrenzung dienenden Baumstämme für mehr Verkehrssicherheit ein Erdwall auf einer Länge von rund 300 Metern als natürliche Barriere für Fahrzeuge dienen solle.
Dass die Erde vom Bauaushub der Tochter des Bürgermeisters stammte, wurde erst im Nachhinein bekannt und war eine in der Kommune diskutierte Fußnote. Klaus Detlev Huge hatte angekündigt, die Entsorgung der Erde selbst zu bezahlen. Trotzdem war zu erfahren, dass die CDU-Fraktion nun eine detaillierte Aufstellung aller entstandenen Kosten fordert. Jetzt erhitzen sich mitten in der kommunalen Sommerpause erneut die Gemüter, nachdem der Rathauschef den seit März nicht mehr benutzten großen, fast kreisrunden, Ratstisch im Sitzungssaal entfernen ließ.
Jetzt stehen einzelne Pulte im Saal – um die geltenden Hygieneregeln einhalten zu können. Foto: OfWas war passiert? Auf Anfrage der RNZ bestätigte Huge, dass er die Anweisung zur Demontage gab und argumentierte, dass mit dem vorhandenen Mobiliar, das sich bereits seit dem Umbau des Rathauses im Jahre 1996 im Saal befand, die aktuell geltenden Abstandsregeln nicht einzuhalten gewesen seien. Die Tische hätte man nicht ohne weiteres auseinander schieben können, da es sich um zusammengeschraubte, "keinesfalls aus einem Stück bestehende", Einbeintische, handle. "Wir sind noch mitten in der Corona-Pandemie und ich trage Verantwortung für die Ratsmitglieder, die Bürgerinnen und Bürger und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter", betonte Huge, der darauf verweist, dass ein Austausch von Möbeln im Entscheidungs- und Ermessensbereich des Bürgermeisters liege.
Zudem hätten die Ortsvereine darum gebeten, dass Sitzungen des Gemeinderates künftig nicht länger die Hallen in den Ortsteilen Mingolsheim und Langenbrücken blockierten. Seit Beginn der Coronakrise hatte das Gemeindeparlament nicht im Rathaus, sondern in dortigen Hallen getagt. Die alten Tische sind inzwischen abgebaut und entsorgt, die neuen bereits eingebracht und den geltenden Regeln angepasst. "Die Stühle können natürlich weiterhin verwendet werden", sagte Huge. Neu sind die jetzt aufgestellten 27 Tische indes nicht, denn sie entstammen aus dem Untergeschoss der Schönbornhalle und seien dort eher selten genutzt worden, führte Huge weiter aus.
Am 22. September ist die nächste, öffentliche Gemeinderatssitzung, bei der dann alle 22 Ratsmitglieder in entsprechendem Abstand ihren Platz einnehmen können. Trotz dieser Argumente hatten, wie zu erfahren war, die Fraktionsvorsitzenden von CDU und Freie Wähler Unverständnis für den "Alleingang des Bürgermeisters" gezeigt. Teilweise war sogar von Fassungslosigkeit und Provokation die Rede. Es sei mehr als nur ein Tischtuch zerschnitten, sondern der ganze Tisch zerlegt worden. Eine Bürgerin auf der Straße, die ihren Namen allerdings nicht in der Zeitung lesen möchte, meinte zur Situation befragt: "Viel Aufregung um nichts. Das sind politische Scharmützel" und ein Radfahrer sagte lachend. "Als ob wir hier keine anderen Sorgen und Probleme hätten".