Von Ute Teubner
Region Wiesloch-Walldorf. "Wir haben was zu sagen und zu singen." Und darauf sind Helmut Dörr und Jürgen Köhler stolz. Die beiden sind in der Region alles andere als unbekannte Gesichter: Während der 57-jährige Köhler zehn Jahre lang in der Formation "Saitensprung" spielte, war der 64-jährige Dörr lange Jahre in der Band "Kraichgausound" aktiv, mit der er nicht zuletzt den ersten Preis des Mundartwettbewerbs "De gnitze Griffel" gewann. Seit 2013 sind die beiden nun als "The Scones - Little Kurpfalz Cover Band" bekannt und überaus beliebt. Helmut Dörr (Gesang, Gitarre, Mundharmonika) und Jürgen Köhler (Gesang, Gitarre) bringen Rock- und Pop-Hits zweisprachig unters Volk - im Original auf Englisch und in eigener Interpretation in Kurpfälzer Mundart. Warum diese einzigartige Mischung so gut beim Publikum ankommt und weshalb man nur in der "Muddersproch" das sagen kann, was man auch wirklich sagen will, das erklärten der in Heidelberg geborene, in Walldorf aufgewachsene und in Wiesloch geprägte "Kosmopolit" Dörr und der in Wiesloch geborene "waschechte Walldorfer" Köhler jetzt im RNZ-Gespräch.
Die Monkees sangen 1967 "I’m a Believer" - Sie hingegen bekennen freimütig: "Wei isch mer liewer". Warum?
Jürgen Köhler: (lacht) Natürlich trinken wir generell alles, was dünner als Wagenschmiere ist ... Nein, im Ernst: Wir leben eben hier in einer Weinregion, davon sind wir geprägt. Wenn die Leute dann zum Beispiel auf dem Winzerfest diese bekannte Melodie mit einem Text hören, der sie direkt anspricht, sind alle total begeistert!
Ich als "Neigeplackte" müsste aber erst mal Kurpfälzisch lernen, oder?
Helmut Dörr: Nein, so ist das nicht. Es gibt wirklich viele im Publikum, die kein Wort Dialekt sprechen, und trotzdem nach dem Konzert sagen: Eigentlich haben wir alles verstanden. Wir bemühen uns aber auch, die Wörter nicht ganz so "braad", also gedehnt, auszusprechen. Sogar auf der anderen Seite vom Rhein hat man uns schon verstanden - und das will was heißen. Der Vorteil unseres Konzepts ist ja auch: Wir singen zweisprachig, also auf Kurpfälzisch und auf Englisch.
... ein Segen für alle, die im Dialekt eine echte sprachliche Herausforderung sehen. Was natürlich nicht auf Sie beide zutrifft - ist die Mundart eigentlich Ihre Muttersprache?
Jürgen Köhler: Hajo. Unsere "Muddersproch" ist der Dialekt. Beim Helmut sowieso, der hat als Kind in seiner Familie nichts anderes außer Kurpfälzisch gehört. Aber auch auf mich trifft das zu, obwohl meine Mutter immer nur Hochdeutsch gesprochen hat und ich in den ersten Jahren zu Hause auch noch ...
Helmut Dörr: Und dann, wenig später, warst Du sowieso nur noch sehr selten daheim, stimmt’s? (lacht)
Apropos später: In der Ausbildung und im Beruf wurde doch sicher von Ihnen erwartet, dass Sie Hochdeutsch reden. Wie gelingt ein solcher Spagat?
Jürgen Köhler: Also eins ist doch klar: Auch in der Fremde sollte man sich nicht verstellen, denn sich zu verbiegen bringt nichts. Auswärts habe ich daher öfter mal gehört: ’Der spricht ja wie der Boris Becker!’
Helmut Dörr: Jürgen hat recht: Wir haben doch nichts zu verbergen. Hier geht es einfach um unsere Wurzeln - und die darf man nicht kappen! Das Selbstbewusstsein, dies so zu sagen, bekommt man aber oft erst im Alter, dann, wenn die Einsicht wächst.
Sie hegen und pflegen also Ihre "Muddersproch". Aber was genau bedeutet sie Ihnen?
Jürgen Köhler: Die "Muddersproch" ist ein Stück Heimat, das zu mir gehört. Und wenn ich so schwetz, wie ich will, komme ich auch authentisch rüber - ich kann das sagen, was ich wirklich sagen will.
In einem der Songs heißt es ja auch: "Kraichgau bisch en scheene Ort, do geh i nimmie fort, do bin isch dehom". Und die "Scones" besingen nicht etwa die "Streets of London", sondern die "Streets of Walldorf"...
Helmut Dörr: Ja, all das gehört zusammen: die Landschaft, unsere Vergangenheit und Sprache. Was "unser Sproch" betrifft, sagen die Leute übrigens immer wieder: ’Ihr habt da so einen ganz speziellen Singsang’. Und ich glaube ja auch, dass unsere "Musich mit Leib und Seel" genau deshalb so gut ankommt. Wir suchen uns die Wörter, die wir singen, nach ihrem Klang aus. Und natürlich müssen sie zur Musik passen. So finden Melodie und Sprache zueinander.
Und auf Hochdeutsch könnten Sie das, was Sie zu sagen haben, nicht ausdrücken?
Helmut Dörr: Im Dialekt ist das für uns in der Tat etwas leichter. Aber ab und zu schreibt der Jürgen auch mal einen Text auf Hochdeutsch. Etwa den von der jungen Frau, die taub ist, und nach über 30 Jahren mittels Implantat urplötzlich das sensationelle Erlebnis hat, hören zu können. Das Stück, es heißt "Stille", beschreibt eine Situation, die primär nichts mit der hiesigen Region zu tun hat. In diesem Zusammenhang wird das Hochdeutsche also einem anderen Bereich zugeschrieben.
Jürgen Köhler: Und dann gibt es da natürlich auch den Song "Leben", den ich zum 80. Geburtstag "fer’d Mudder" geschrieben habe. Klar ist der auf Hochdeutsch - damit ihn meine Mutter auch versteht.
Ansonsten besteht die wachsende Fangemeinde der "Scones" jedoch weiterhin auf den "Welthits auf Kurpfälzisch", diesen zweisprachigen Klassikern der Rock- und Popgeschichte und mitten aus dem Leben gegriffenen, oft herrlich ironischen Liedern. Mundart als Erfolgsrezept: Warum trifft die "Muddersproch" so ins Herz?
Helmut Dörr: Im Grunde ist das doch so: Da kommen Zwei daher, die "schwetze wie d’Leit uff de Stroß", singen das und es klingt auch noch gut. Frei nach dem Motto: "Ausm Herz direkt uff die Zung!" Wir sind authentisch und unser Publikum erkennt sich in den Texten wieder.
Jürgen Köhler: Zum Beispiel "En meim Lewe", das bei den Beatles "In My Life" hieß. Das hat viel mit uns selbst zu tun - der erste Kuss, der erste Rausch und der Geruch "vum Larrerfeier an de Ludderisch Brigg". Das Stück beschwört auch bei den Zuhörern Erinnerungen.
Helmut Dörr: Stimmt. Die kriegen dann immer ganz verklärte Blicke ... Und wir auch.
Info: Wer "The Scones - Little Kurpfalz Cover Band" live erleben möchte, der hat gleich am morgigen Mittwoch, 22. Februar, die Gelegenheit dazu: Dann gastiert das Duo auf Einladung der Seelsorgeeinheit Wiesloch-Dielheim um 16 Uhr im Laurentiusheim am Adenauerplatz in Wiesloch.