St. Leon-Rot. (seb) "Hier und heute wird entschieden: Es geht keiner aus dem Saal, bis nicht feststeht, wo und wie die Flüchtlinge unterkommen." Mehrfach betonte Bürgermeister Dr. Alexander Eger den Zeitdruck, als es in der jüngsten Sondersitzung des Gemeinderats um die Anschlussunterbringung von Asylbewerbern ging. Daher akzeptierte Eger auch keine Anträge - wie etwa der Freien Wähler auf erneute Suche nach möglichen Standorten für eine Unterkunft - durch die die Sitzung praktisch hätte vertagt werden müssen. Er verwies auf die ausführlichen nichtöffentlichen Vorberatungen im März und drängte auf einen Kompromiss - der eine oder andere müsse eben "in den sauren Apfel beißen".
Nach intensiver Debatte wurde mehrheitlich festgelegt, dass ein Neubau nahe den Einkaufsmärkten gegenüber dem Rathaus entstehen soll, in der "Schiff II" genannten Erweiterung des Gewerbegebiets "Im Schiff". Er wird Platz für 26 Flüchtlinge bieten, aktuell stehen Kosten von 1,2 Millionen Euro im Raum, die für eine Unterkunft für bis zu 40 Personen anfallen. Die Verwaltung wurde ermächtigt, Planung und Ausschreibung anzugehen, sodass die Realisierung bis Oktober erfolgen kann.
Nach aktuellem Stand ist St. Leon-Rot verpflichtet, mindestens 24 Flüchtlinge zusätzlich unterzubringen - acht leben momentan in Wohnungen der Gemeinde. Laut Landratsamt aber ist die Zuweisung im Juli von 200 auf 500 Flüchtlinge pro Monat gestiegen, das heißt, auch St. Leon-Rot muss sich auf weitere Neuankömmlinge einstellen. "Der Kreis steht erheblich unter Druck und sucht händeringend Immobilien", so Eger. Der Markt in St. Leon-Rot sei mehrfach gründlich abgesucht worden, daher habe auch die Gemeinde keinen Erfolg gehabt - ein Neubau sei unabdingbar.
Der vielfach aus dem Rat vernommene Wunsch nach "dezentraler Unterbringung" etwa in einer Gemeinschaftsunterkunft pro Ortsteil sei damit nicht obsolet, nur müsse man jetzt, kurzfristig, eben eine größere Gruppe aufnehmen. Wobei: 24 Flüchtlinge - man bemühe sich um Familien - seien "ein überschaubarer Personenkreis", so Eger, kein Vergleich mit großen Sammelunterkünften wie in Wiesloch oder Eberbach. Damit werde die Akzeptanz durch die Bevölkerung "nicht überstrapaziert" und es bilde sich kein "Getto".
Eger wies auch darauf hin, dass einige der kleineren Immobilien der Gemeinde als "Puffer" gebraucht werden, um etwa Obdachlosigkeit zu vermeiden. Das "St. Floriansprinzip - so weit weg von mir wie möglich" wollte Eger keinesfalls gelten lassen. Die Diskussion wurde teils äußerst kontrovers geführt. Die Idee, Container hinzustellen (Eger: "kein Blechbüchsencharakter"), wurde ebenso verworfen wie die, die Schlafhütten am St. Leoner See zu nutzen (laut Eger "nicht für längerfristiges Bewohnen geeignet"). Das Gelände an der Alten Kläranlage schied aus demselben Grund aus, warum dort nicht das neue Jugendzentrum entsteht: Sicherheitsbedenken wegen der sensiblen technischen Anlagen und der Klärbecken. Zwar habe die Gemeinde noch Flächen in Reserve behalten, so der Bürgermeister, aber diese würden voraussichtlich für den Neubau von Kindergärten gebraucht.
Was aber für die Zukunft geprüft wird, sind Flächen nahe den Arealen von Reitverein, SG und VfB in St. Leon. Mit 15 Ja-Stimmen gab der Rat der Verwaltung mit, die Suche nach dem Standort einer zweiten Unterkunft für noch zu erwartende Flüchtlinge in die Wege zu leiten.
Die Entscheidung für den Standort im Gewerbegebiet "Schiff II" fiel bei 15 Stimmen, sechs Räte waren für einen Platz nahe dem Hallenbad, wo die Integration womöglich besser gelingen könne. Die Mehrheit aber befürchtete Konfliktpotenzial mit Schulkindern und Eltern oder Vereinen. Mit elf zu neun Stimmen war man dafür, die Flüchtlingsunterkunft im östlichen Teil von "Schiff II" zu errichten, etwas abgerückt vom Lärm der A 5.
Der Neubau soll in einfacher, zügig umsetzbarer Modulbauweise entstehen, durch die er auch bei Bedarf erweiterbar ist. Er soll ein "ansprechendes Äußeres" und ein "gescheites Außengelände" (Eger) eventuell mit Sandkasten oder Schaukel erhalten, weil man sich über die erwünschte "Willkommenskultur" einig war. Außerdem eingeplant werden Gemeinschaftsräume als Treffpunkt etwa mit den ehrenamtlichen Betreuern und ein Lager für Sachspenden der Bürger.
Dass sich eingangs eine Bürgerin zu Wort gemeldet hatte mit der Ankündigung, dass sich jetzt ein "Arbeitskreis Flüchtlingshilfe" gründen will, wurde von Bürgermeister und Rat einhellig begrüßt: Die ehrenamtliche Hilfe bei der Integration werde dringend benötigt. Darüber hinaus will man laut Alexander Eger bezüglich Sozialarbeitern für die Flüchtlinge mit anderen Städten und Gemeinden zusammenarbeiten.