Markus Stumpf, Michael Lutz und Boris Schmitt sind die Hauptinitiatoren der unterschiedlichen Aktionen. Foto: Christian Laier
Von Christian Laier
Waibstadt. Der ganze Ort hält zusammen, damit die Gaststätten und der Einzelhandel während der Corona-Pandemie wirtschaftlich überleben können. Dieser Wunsch treibt ein Netzwerk aus Vertretern der örtlichen Vereine an, die seit März unentwegt daran arbeiten, mit immer neuen Ideen Anreize zu schaffen, damit die Einwohner einerseits ihren Bedarf vor Ort einkaufen und andererseits die Restaurants mit möglichst vielen Essensbestellungen unterstützen.
Der Kern des Netzwerks besteht aus drei "Ehrenamtlern", die immer wieder neue Ideen entwickeln, um die Unterstützungsinitiative mit Leben zu füllen. "Egal was du machst, es ist immer mehr, als wenn du nichts machst", lautet die Devise von Stadtrat Michael Lutz. "Das Geniale ist, dass die Aktionen den Planern und den Helfern einfach Spaß machen", findet der Vorsitzende der Sportgemeinschaft, Markus Stumpf. "Ohne Trainingsbetrieb braucht es in der aktuellen Situation kreative Ansätze, damit die Mitglieder sich aktiv engagieren können", sieht der Vorsitzende des Turnvereins, Boris Schmitt, in der Initiative auch eine Chance für die beteiligten Vereine. Letztlich stehe für alle, die sich einbringen, aber die Hilfe für das örtliche Gewerbe im Vordergrund.
Aber warum engagieren sich Vereinsvertreter so stark für die örtliche Gastronomie? "Viele Waibstadter Vereine treffen sich nach dem Training oder der Musikprobe in den örtlichen Gaststätten. Dadurch sind über die Jahre enge persönliche Bindungen zu den Wirtsleuten entstanden. Wir als Verein wollen, dass wir auch nach der Krise noch in diese Gaststätten gehen können", erklärt Schmitt, der auch in seiner Funktion als Vorsitzender der Interessengemeinschaft aller Waibstadter und Daisbacher Vereine weiß, was die Vereine brauchen. Immer mehr Vereine bringen sich mittlerweile in die Initiative ein. Neben dem TV und der SG gehören der Musikverein, der Tennisclub und der SV Daisbach zum festen Kern des Netzwerks.
Das Käskuchenfest. Foto: PawelkaAuslöser für das Engagement war im März ein RNZ-Artikel, der auf die schwierige wirtschaftliche Lage der Gastronomen im Zuge der Maßnahmen zur Bekämpfung der Pandemie aufmerksam gemacht hatte. Lutz initiierte spontan die Facebook-Seite "Geschäfte und Gastro aus Waibstadt brauchen Hilfe", die seitdem Speisekarten oder Aktionen der Restaurants teilt und auf Aktionen des Einzelhandels hinweist. Zuvor hatten die SG und der TV bereits die Gemeinschaft "Bürger helfen Bürgern" unterstützt, die für Menschen aus der Risikogruppe den Einkauf erledigte. "Dieser kostenlose Service wurde aber kaum in Anspruch genommen. Wir wollten deshalb in eine andere Richtung gehen", berichtet Stumpf.
Nach und nach wurden immer mehr Ideen umgesetzt. Aktive Vereinsmitglieder erhielten Gutscheine, damit sie bei den Restaurants Essen bestellen. Für ein Modehaus wurden kreative Image-Videos gedreht. Gaststätten erhielten organisatorische und logistische Unterstützung von Vereinsmitgliedern beim Ausliefern im Rahmen einer "Eis-Aktion" oder einer "Rumpsteak-Aktion". Der Turnverein veranstaltete Konzerte mit lokalen und regionalen Künstlern, die im Internet kostenlos übertragen wurden. "So konnten wir die Einwohner in einer schwierigen Zeit ein bisschen unterhalten und die Musiker ein bisschen finanziell unterstützen", sagt Lutz. Mit einer Benefiz-Tombola konnten Waibstadter Gewerbetreibende ein wenig Geld verdienen, während es für die Einwohner Preise zu gewinnen gab.
Anfang Mai startete man dann bewusst "Duelle", um die Einwohner noch stärker zu motivieren, im Rahmen der Aktionen für die Gastronomie für ihren Verein oder ihren Stadtteil auf spielerische Weise "zu punkten". Los ging es mit einem "Pizza-Duell" über drei Tage zwischen SG und TV. Die Regeln waren simpel: Der Verein, dessen Mitglieder in ausgewählten Gaststätten insgesamt mehr Pizzen bestellen, gewinnt. Am Vatertag folgte ein "Grillduell" zwischen den beiden örtlichen Fußballvereinen, der SG Waibstadt und dem SV Daisbach. "Hier war es uns wichtig, neben Gaststätten auch örtliche Getränkehändler oder die Metzgerei als Lieferanten einzubinden, denen ebenfalls die Vereinsfeste, die sie beliefern, weggebrochen sind", berichtet Schmitt.
Konzert der Band „Wieder, Gansch & Paul“. Foto: Christian LaierIm August bot man örtlichen Musikern beim "Käskuchenfest" dann eine Möglichkeit, aufzutreten und sorgte durch den Verkauf von Grillgut und Getränken erneut für ein bisschen Umsatz beim örtlichen Einzelhandel. Anfang November fand das "Kerwe-Duell" statt, hier duellierten sich die "Musiker" mit den "Sportlern", wer für mehr Umsatz von der "Kerwekarte" der Gastronomen sorgt. Allein mit dieser Aktion wurden 1800 Essensbestellungen generiert. Mitte November ging es weiter mit einer "Wetten, dass …?"-Außenwette, welcher Stadtteil mehr Essen bei ausgewählten Restaurants bestellt.
Die drei "Hauptinitiatoren" dieser ganzen Aktionen bestreiten nicht, dass deren Organisation viel Freizeit in Anspruch nimmt. Sie betonen jedoch, dass die Vereine in der aktuellen Lage Verantwortung für die Gemeinschaft übernehmen müssten. Lutz, der direkt am Ufer des Schwarzbachs wohnt und dort einen Handwerksbetrieb leitet, vergleicht die aktuelle Lage mit den Waibstadter Hochwasserkatastrophen in den 1990er-Jahren. "Damals herrschte auch große Not. Die Waibstadter haben damals zusammen geholfen, auch unserem Gewerbebetrieb. Da will man in schwierigen Zeiten persönlich etwas zurückgeben", erklärt er. "Wir merken, dass wir als örtliche Vereine ein bisschen helfen können. Dazu kommt ein unheimlich positives Feedback innerhalb und außerhalb des Vereins", freut sich Stumpf.
Boris Schmitt sieht auch positive Auswirkungen auf das Vereinsleben durch die Unterstützungsaktionen. Schließlich bestehe die Gefahr, dass sich nach der Zeit der Kontaktbeschränkungen weniger Mitglieder in ihrem Verein einbringen möchten als vorher, weil sie sich an die viele Freizeit gewöhnt haben. Deswegen gelte es ganz besonders, die Mitglieder während der Zeit der Einschränkungen an den Verein zu binden. "Du musst aktiv etwas tun, damit der Verein am Leben gehalten wird", betont der langjährige Vorsitzende des Turnvereins, der zusammen mit seinen Mitstreitern schon wieder neue Aktionen plant.