Die Probebohrungen und die darauffolgenden Pumpversuche, die ein Jahr gedauert haben, haben gezeigt, dass das Wasser aus dem Brunnen gute Qualität hat. Foto: Cristian Laier
Von Christian Laier
Waibstadt.Der Antrag der Firma "Naturella", eine wasserrechtliche Genehmigung zur Entnahme von Mineralwasser aus einem Tiefbrunnen im Waibstadter Gewann "Butschnickel" zu erhalten, wurde im Rahmen der jüngsten Gemeinderatssitzung kontrovers diskutiert.
90 Minuten lang nahmen sich die Stadträte Zeit, um die Argumente abzuwägen. Letztlich entschied man sich einstimmig für eine Vertagung der Entscheidung, nachdem mehrere Einwohner die Fragestunde zu Beginn der Sitzung genutzt hatten, um ihre Bedenken vorzubringen und aus Sicht der Stadträte einige wichtige Fragen ungeklärt blieben.
Der Getränkeproduzent aus Waibstadt hat, wie bereits berichtet, ein Mineralwasservorkommen erkundet, das künftig zur Getränkeherstellung von Saftschorlen und Minera
Der Datensatz ist nicht gültig.
lwasser genutzt werden soll. Aktuell wird das benötigte Mineralwasser noch mit Lastwägen aus Norddeutschland nach Waibstadt gefahren, um es hier zu verarbeiten. Mit der Förderung des Mineralwassers aus dem eigenen Brunnen vor Ort sollen diese Transporte künftig vermieden werden. Eine Probebohrung und der darauffolgende einjährige Pumpversuch ergaben, dass das geförderte Wasser der Mineral- und Trinkwasserverordnung entspricht. Das Wasserrechtsamt des Rhein-Neckar-Kreises ist die zuständige Behörde, die über den Antrag entscheiden wird. Im Zuge des Genehmigungsverfahrens wurde die Stadt nun aufgefordert, eine Stellungnahme abzugeben. Aus diesem Grund befasste sich der Gemeinderat mit dem Antrag.
Bereits in der Fragestunde der Einwohner zeigte sich, dass dieses Thema bei den Bürgern zu Ängsten führt. Teils emotional brachten mehrere Bürgerinnen und Bürger vor, dass sie dem Vorhaben ablehnend gegenüberstehen. Kritisiert wurde einerseits die in der Sitzungsvorlage ausgesprochene Empfehlung der Stadtverwaltung an die Stadträte, dass dem Antrag zugestimmt werden könne. Andererseits wurde es als "unverantwortlich und sträflich" bezeichnet, die "Ressourcen der Nachkommen anzuzapfen". Hier handle es sich um ein absolutes "Tabu-Thema". Waibstadt befinde sich in einer niederschlagsarmen Region. Der Gemeinderat dürfe nicht leichtfertig über die einmalig vorhandene Ressource Wasser entscheiden. Das Grundwasser sei ein Allgemeingut. Aus Gründen der "Gewinnmaximierung einer einzelnen Firma" werde das Waibstadter Wasservorkommen "ausgebeutet". Es wurde auch persönlich, als in Frage gestellt wurde, ob die Stadträte überhaupt frei entscheiden dürften und ihre Wähler noch vertreten würden oder einem Fraktionszwang unterliegen könnten. Ein Einwohner bat darum, dass das Abstimmungsverhalten der einzelnen Stadträte im Protokoll festgehalten werden soll für spätere haftungsrechtliche Forderungen. Eine weitere Bürgerin forderte Mut vom Gremium, um den Antrag abzulehnen.
"Die Firma ,Naturella‘ hat uns mitgeteilt, dass die Förderung von Mineralwasser vor allem der Standortsicherung dienen soll. Die Produktpalette könnte entsprechend erweitert werden, um sich in einem umkämpften Markt zu behaupten", informierte Bürgermeister Joachim Locher. Gerade in der heutigen Zeit, in der die Themen Klimawandel und sinkende Grundwasserstände aktuell sind, handele es sich natürlich um ein sensibles Thema. "Zum einen geht es um die Sicherung des Standorts und der 300 Arbeitsplätze, zum anderen um den Schutz unseres höchsten Guts, des Trinkwassers", erklärte das Stadtoberhaupt.
Jan Zahoransky vom Wasserrechtsamt des Rhein-Neckar-Kreises erklärte den Kommunalpolitikern, dass der Firmenbrunnen von den Trinkwasserbrunnen der öffentlichen Wasserversorgung hydraulisch entkoppelt ist und auf Grundlage eines hydrogeologischen Gutachtens keine negativen Auswirkungen auf die Trinkwasserversorgung zu erwarten seien. Demnach fließe dem Brunnen mehr Wasser zu als entnommen werde. Im Kreis gebe es ähnliche Brunnen mit noch höherer Wasserentnahme. Im Falle einer Genehmigung würde diese befristet erteilt. Sollten negative Auswirkungen festgestellt werden, sei es möglich, die Erlaubnis jederzeit zu widerrufen. Zu Kontrollzwecken werde der Messpegel des Grundwasserstandes aufgezeichnet, und die Firma müsse die Entnahmemengen dem Wasserrechtsamt melden. Sollten begründete Einwände bestehen, könne das Vorhaben nicht genehmigt werden.
"Das Gutachten sagt klar, dass keine Nachteile für die öffentliche Trinkwasserversorgung zu erwarten sind", argumentierte Stadtrat Kurt Lenz. "Wir trinken alle Saft und Mineralwasser. Irgendwo muss das ja herkommen", sagte Kollegin Martina Sigmann. "Eine Entnahme des Mineralwassers direkt an der Produktionsstätte in Waibstadt ist sicher nachhaltiger, als das in Rinteln geförderte Wasser nach Waibstadt zu fahren", betonte Stadtrat Michael Lutz. "Unser Grundwasservorkommen ist ein Schatz. Deshalb sehe ich die geplante Entnahme als sehr kritisch an, zumal die beantragte Entnahmemenge dem gesamten Wasserbedarf von Daisbach entsprechen würde ", führte der Daisbacher Ortsvorsteher Winfried Glasbrenner aus. "Die Wegeführung der Leitungen vom Brunnen zur Firma sollten vor einer Entscheidung abgeklärt werden", empfahl Jörg Küllmar. Und Stadtrat Hans-Adam Wellenreuther forderte, dass der Antrag der Firma dahingehend ergänzt werden sollte, dass das geförderte Mineralwasser nur zur Getränkeherstellung und nicht für Produktionszwecke genutzt werden darf. "Es gibt zu viele offene Fragen, um heute entscheiden zu können", sagte Stadtrat Matthias Bleick.
Letztlich verständigte man sich einstimmig darauf, den Beschluss über die Stellungnahme der Stadt zu vertagen. Die Verwaltung wird beim Landratsamt eine Verlängerung beantragen, um die von den Einwohnern geforderte Transparenz herzustellen.