Frühere Mitarbeiter der Stadtbibliothek kurz vor dem Auszug aus dem Untergeschoss der damaligen Stadthalle. Bis Januar 2020 kehrt man dorthin zurück. Archivfoto: Christiane Barth
Von Tim Kegel
Sinsheim. Die Stadtbibliothek zieht bis Januar 2020 ins Untergeschoss der Dr.-Sieber-Halle ein. Büchereichefin Daniela Kemmet stellte dem Hauptausschuss des Gemeinderats jetzt das geplante Konzept vor. Die wesentlichen Details:
> Neue Räume: Vieles ist bereits bekannt. Die Stadtbibliothek belegt das komplette Untergeschoss der sanierten Halle. Zum Ilvesbach hin entsteht ein Lesegarten, umfasst von einer doppelten Hecke. Ein Studierzimmer ermöglicht Ruhe und konzentriertes Arbeiten. Der Kinderbereich wird größer. Insgesamt soll mehr Raum für verschiedene Zutaten und Arten des Lesens entstehen. Das bisherige Regalsystem habe sich bewährt und bleibt erhalten. Neues zentrales Element ist ein in Eppingen handgeschreinerter großer Tisch "aus einer Buche vom Buchenauer Hof".
> Ein neues inhaltliches Konzept soll zusätzliche Schwerpunkte setzen: Die Stadtbücherei soll "ihren Bildungsauftrag stärker wahrnehmen", sagt Daniela Kemmet, "und zum Ort lebenslangen Lernens werden", zum Treffpunkt "von Generationen und Kulturen"; angedacht sind mehr Angebote für Schulen und Kindergärten, von Ausflügen in die Bibliothek und einem "Bibliotheks-Führerschein" bis hin zu Vorleseangeboten, bei denen Kinder Erwachsenen vorlesen. Kooperationsverträge mit Bildungseinrichtungen sollen abgeschlossen werden. Kemmet verwies auf Studien, die "Leseschwächen bei jedem vierten Kind" feststellten. Weitere Zusatzangebote könnten Kalligrafiekurse sein; das Lesecafé und ähnliche Veranstaltungen im kleineren Kreis will Daniela Kemmet ausbauen.
> Andere Öffnungszeiten sind angedacht, darunter ein langer Donnerstag sowie dauerhaft durchgehende Öffnungszeiten zwischen 10 und 17 Uhr. Samstag bleibt geöffnet, Montag bleibt Ruhetag. Derzeit öffnet die Bibliothek an 23 Stunden in der Woche. Den Räten wurden zwei Erweiterungsmodelle der Öffnungszeiten auf 30 sowie auf 34 Wochenstunden gezeigt. Nach längerer Diskussion im Ausschuss soll die Öffnungszeit auf 30 Stunden steigen.
> Mehr Personal ist für Daniela Kemmet dringend erforderlich. Sie hätte am liebsten eine zweite Diplom-Bibliothekarin zur Seite; jedenfalls sei der Ausbau des Konzepts ohne eine zusätzliche Fachkraft in Vollzeit nicht leistbar: "Wir kommen schon jetzt nicht rum"; die Rede war von "300 Überstunden". Rein rechnerisch arbeiten zur Zeit 5,5 Angestellte in der Bücherei. Nun wurde sich auf die Erweiterung um eine halbe Stelle geeinigt - mit Erweiterungsoption, orientiert an den Realbedingungen nach der Eröffnung.
> Neue Regularien sind geplant, etwa bei der Gebühren- und Benutzungsordnung. Zwar bleiben zahlreiche Positionen unverändert, Überschreitungen der Ausleihfrist sollen aber schneller geahndet und geringfügig teurer werden. Die Jahreskarte verteuert sich ab dem Jahr 2020 von derzeit zwölf auf 18 Euro. Hierdurch wird mit Mehreinnahmen von 9000 Euro gerechnet.
> Im regionalen Vergleich liegt Sinsheim preislich etwa gleichauf mit Büchereien in Mosbach und Neckarsulm; geringfügig teurer ist die Bruchsaler, günstiger die Weinheimer, deutlich günstiger die Wieslocher Bücherei. In den meisten Fällen kosten Jahreskarten 18 Euro, Bruchsal will 24 Euro. Bei den Partnerkarten wiederum ist Sinsheim mit 27 Euro vergleichsweise teurer; hier wird bei den Vergleichsbüchereien nur in Bruchsal mit 35 Euro mehr verlangt. Ermäßigten-Karten kosten in Sinsheim neun, in Weinheim sieben Euro; in Wiesloch sind sie kostenlos; in Neckarsulm gibt es sie nicht. Laut Deutscher Bibliotheksstatistik sei Sinsheim mit einer Diplom-Bibliothekarstelle im Vergleich unterbesetzt, öffnet bislang allerdings auch weniger oft. Weil die verschiedenen Bibliotheken unterschiedliche Konzepte verfolgten, sei ein direkter Vergleich jedoch schwierig, machte Daniela Kemmet deutlich. Sinsheim als einwohnerstärkste Stadt unter den sechs gegenübergestellten Bibliotheksstandorten hatte im Jahr 2017 beispielsweise 2866 Entleiher, das kleinere Mosbach 4700 Entleiher.
> Die Kosten der Umstrukturierung würden pro Jahr beim Personal zwischen rund 24.000 Euro und 97.000 Euro liegen, je nach Qualifizierung und Öffnungszeit. Die "Medienpädagogik" - Autoren, Veranstaltungen, Medienkisten - ist mit 5000 Euro, das Medienbudget ab 2019 mit 55.000 Euro angesetzt. Die Kostendeckung der Stadtbibliothek liegt bei 6,39 Prozent; Einnahmen von 31.000 Euro stehen Ausgaben von knapp 485.000 Euro gegenüber, ein bei kommunalen Bibliotheken durchaus übliches Verhältnis.
> Die Diskussion im Rat: Eine Ausweitung auf 34 Stunden Öffnungszeit und der Personalausbau um eine ganze Stelle, möglicherweise auch mehr, ist für CDU-Sprecher Friedhelm Zoller "zu schnell, zu viel und zu groß". Daniela Kemmet gab zu bedenken, dass ohne Aufstockung manche Planung gefährdet sei, etwa die stärkere Zusammenarbeit mit Schulen. Auch erweiterte Öffnungszeiten bedürften mehr Personal. Oberbürgermeister Jörg Albrecht zog einen Schlussstrich unter die längere Diskussion: "Jetzt geht doch erst mal da rein." Bei florierendem Betrieb würde, so Albrecht, "wohl keiner im Gremium" gegen einen weiteren Ausbau sein.