Das wilde Parken bei Beerdigungen, das teilweise schon kuriose Ausmaße annimmt, ist der Verwaltung seit langer Zeit als Problem bekannt. Lösungen gibt es aber noch keine. Foto: Berthold Jürriens
Von Berthold Jürriens
Neidenstein. Die Eröffnungsfrage einer Bürgerin auf der jüngsten Gemeinderatssitzung machte nochmals deutlich, warum das Thema Antragstellung auf Einrichtung eines Gemeindevollzugsdienstes beim Gemeindeverwaltungsverband (GVV) Waibstadt den Einwohnern ein dringendes Anliegen ist.
Erneut wurde das "wilde Parken" im Bereich Haselrain beim Friedhof während einer Beerdigung beanstandet. Freie Parkplätze, die sich in 150 beziehungsweise 300 Meter Entfernung befinden würden, seien teilweise nicht in Anspruch genommen worden. Dafür aber erneut Wege oder Hauseinfahrten. Gerade im Hinblick auf Notfälle und Feuerwehreinsätze könnten diese Falschparker zum Risiko werden. Anwohner, deren Ein- und Ausfahrten durch parkende Fahrzeuge zeitweise massiv eingeschränkt werden, legen schon selbst Zettel hinter die Scheibenwischer, mit der Bitte um Rücksichtnahme.
"Wir kennen die Problematik", sagte Bürgermeister Frank Gobernatz schon fast gebetsmühlenartig. Man werde auf einer Verkehrsfahrt mögliche Lösungen untersuchen. "Außerdem überlegen wir, weitere zusätzliche Parkplätze an der hinteren Seite des Friedhofs zu ermöglichen." Gerade bei so einer Anzahl von Falschparkern könnte ein Vollzugsdienst sinnvoll sein, hörte man unter den Zuhörern später. Doch ähnlich wie in den anderen Kommunen des GVV wurde diese Frage im Gemeinderat kontrovers diskutiert.
Gobernatz erläuterte zu Beginn, dass es sich dabei um Verstöße im Bereich des ruhenden Verkehrs handele, die von einem Gemeindevollzugsdienst (GVD) geahndet werden sollen. "Auch bei uns hat es in der Vergangenheit immer wieder Beschwerden und Hinweise über falsch parkende Kraftfahrzeuge gegeben."
Die Einstellung eigenen Personals sei aufgrund des begrenzten Stundenaufwands nicht zu vertreten. Bei Übernahme durch den GVV erwartet die Gemeinde einmalige Kosten in Höhe von 1050 Euro für die Einrichtung eines elektronischen Verfahrens sowie für eine Mitarbeiterschulung.
"Die Personalkosten wurden noch nicht hochgerechnet", sagte Gobernatz, der im Verlauf der Diskussion aber von einer Kostenschätzung in Höhe von rund 10.000 Euro für die Gemeinde sprach. "Wir in der Verwaltung würden einen Antrag begrüßen. Aber die Frage bleibt, ob wir uns damit ein kleines Stück Freiheit auf dem Land nehmen?"
Gemeinderat Peter Oehmig könne nicht zustimmen, wenn die Kosten nicht feststünden. "Außerdem rechne ich mit dem Unmut der Bürger." Andrea Volk glaubt, dass jeder, der einen Strafzettel bekäme, auch einen verdient hätte. Zusätzlich gab sie zu Bedenken, dass die Kommune gerade bei bestimmten Straßenbreiten Probleme bekommen könnte. "Ich weiß nicht, ob in der Talstraße dann überhaupt noch Autos parken dürfen."
Außerdem stehe der Nutzen wohl in keinem Verhältnis zu den möglichen Kosten, die nicht mal bekannt seien. Volk möchte lieber an die Einwohner appellieren, dass "jeder Bürger Falschparker anzeigen kann und darf". Auch Frank Kreß und Jörg Engelhardt sprachen sich gegen einen Antrag aufgrund der Kosten aus.
Anders argumentierte Hans-Dieter Kretzler, der die provokante Frage stellte, ob Neidenstein ein rechtsfreier Raum sei. Er sieht eigentlich die Gemeindeverwaltung entsprechend im Rahmen ihrer Zuständigkeit in der Pflicht. Helmut Kimmel schlug einer Art "Gelbe Karte" der Gemeinde vor, mit der man den Falschparker mit "freundlichen Worten" einmalig auf sein Verkehrsdelikt hinweisen könnte. "Beim erneuten Verstoß gibt es die Anzeige."
Doch dass keiner aus der Verwaltung und auch die Bauhofmitarbeiter diese Aufgabe übernehmen werden oder überhaupt können, machte Gobernatz schnell deutlich. Letztendlich wurde der Antrag abgelehnt, da nur Kretzler und der Verwaltungschef sich zum Vollzugsdienst bekannten. Auf seiner letzten Ratssitzung hatte sich auch Neckarbischofsheim gegen einen GVD entschieden. Somit verbleiben Epfenbach und Helmstadt-Bargen sowie Reichartshausen als Befürworter. Letztgenannte Gemeinde hatte sich unter Vorbehalt grundsätzlich dafür ausgesprochen.