Rainer Knecht. Foto: privat
Sinsheim/Zuzenhausen. (tk) Das Reizthema Jagd war für ihn immer etwas Kultiviertes, etwas Langsames, eine gesteigerte Form des Erlebens mit Respekt vor den Geschöpfen: Rainer Knecht hat als Leiter des Hegerings VI Steinsberg Mitte der 2000er-Jahre ein Stück Sinsheimer Jagdgeschichte geschrieben, indem er die Jagdkultur in den Mittelpunkt gestellt hat. Am Donnerstagmorgen ist Knecht im Alter von 74 Jahren nach kurzer Krankheit gestorben.
Die Jagd müsse sich öffnen und authentisch bleiben, war Knecht überzeugt. Die "Grüne Zunft" habe nichts zu verbergen, sondern Pfunde, mit der sie wuchern kann: ein anspruchsvolles Handwerk, ein reiches kulturelles Erbe, einen eindeutigen Naturschutzauftrag und die Erzeugung eines hochwertigen Lebensmittels. Das Erleben der Natur, der Jahreszeiten, der tierischen Wildnis und die Freude am Beutemachen waren für den Ästheten Knecht genauso untrennbar mit dem "Waidwerk" verbunden wie die Feste und Bräuche, von besinnlichen Hubertus-Messen im bunten Laub beim Klang der Hörner über Rehwild-Gehörnschauen an der "Grünen Wand" bis zum rustikalen Umtrunk auf der Hütte. Loden statt Gore-Tex und Ernst Jünger statt Bear Grylls. So war Rainer Knecht.
Dieses Bild von der Jagd haben der Sinsheimer und seine Mitstreiter in den frühen 2000er-Jahren im Kraichgau verbreitet und vorgelebt: Unvergessen ist die große Jagdfeier in der Stadthalle, bei der Hundeführer, Jagdhornbläser und Falkner aufmarschierten, ein Jagdmaler und ein Tierpräparator ihr Können zeigten – allesamt aus eigenen Reihen des Hegerings. Die Organisatoren um Knecht schafften es damals, mit Erich Marek einen der besten deutschen Tier- und Naturfotografen nach Sinsheim zu holen. Auch ein lebender Uhu und ein Steinadler waren bei der Feier zu sehen, Gäste konnten Wildspezialitäten kosten, Kinder Tiere streicheln. Gedanken Knechts zur Jagdkultur rundeten den Abend ab – ein Plädoyer für eine maßvolle, menschliche, sympathische Jagd.
Knecht wuchs als Sohn eines hochrangigen Forstbeamten und Leiters der Sinsheimer Forstverwaltung in Sinsheim auf, studierte in Darmstadt, wirkte dort lange als Ingenieur in der Baustatik. Ein Wissen, das ihm als findigen Konstrukteur im Bau zahlreicher Jagdeinrichtungen zugute kam: Prunkstück ist eine mächtige Hochsitzkonstruktion aus Holz auf dem Zuzenhäuser Feld, die sich über vier Etagen erstreckt. Getreu seiner Vorliebe für markige Bonmots hat Knecht das imposante Bauwerk "Quadriga" – Vierspänner – getauft.
Rainer Knecht bei einem Treffen nach der Jagd. Ein spezieller Hochsitz in Zuzenhausen erinnert an ihn und seine ganz spezielle Art. Foto: privatObwohl passioniert, waren große Jagden mit riesigen Wild-Strecken und Gästen von weither nicht nach Knechts Geschmack. "Ausgetobt" hatte er sich, wie er sagte, bereits in Jugendjahren, als er als 14-jähriger Bub noch ohne Jagdschein seine erste Beute "wilderte". Seit 59 Jahren war Knecht jagdlich mit Zuzenhausen verbunden, wo er, so oft es nur ging, mit kleinem Gepäck und dem typischen "Stutzen" seine Bahn zog. In dem Revier, in dem Knecht zuletzt alleiniger Pächter war, wurden Rehböcke nicht ab dem 1. Mai, sondern, "wie zu früheren Zeiten", erst ab dem 16. Mai – Knechts Geburtstag – geschossen. Sein Jagdfreund Peter Kesel aus Hilsbach nannte Knecht gestern "ein Vorbild in Worten und Taten", er sei einer gewesen, "der immer zur Stelle war".
Nicht mehr aktiv nutzen konnte Knecht den Geburtstags-Hochsitz, den seine Jagdfreunde für ihn gebaut haben: Mit bunten Holzpaneelen, Blumenkasten und echten Geranien wird "Rainers Villa Kunterbunt" in Zuzenhausen künftig an einen besonderen Waidmann erinnern.