Von Tim Kegel
Sinsheim. Burger aus bunten Trucks, hier ein Trüffel-Happen, dort ein afrikanisches Hähnchen oder etwas aus Ungarn: Die 17 Stände boten auch beim fünften Auftritt des Streetfood-Festivals der Mosbacher Agentur "Eventtimes" viel Abwechslung für Esser. Von Freitag bis Sonntag futterten sich mäßig viele Kraichgauer in der Sinsheimer Innenstadt durch.
Nur mit dem Burgplatz sei das so eine Sache: "Viel Platz und wenig Burg", sagt Heiko Triller, Koch aus Stutensee bei Karlsruhe, mit dem European Streetfood Award ausgezeichnet und mit "Triller’s - Trüffel und Beef" unterwegs. Bei ihm gab es 24 Stunden lang gesottenen Rindernacken mit Trüffelmayonnaise, Tomatensalat und Pommes oder knuspriges getrüffeltes Schnitzel-Fingerfood unter dem Motto "Make Schnitzel great again". Auch andere bemerkten Nach- aber auch Vorteile der umstrittenen Pflasterstein-Orgie im Herz der Stadt: "Es wird hier unerträglich heiß", sagen die einen, "das schlägt auf den Appetit"; "man kann gut zufahren", fanden die anderen. Doch bei über 30 Grad Hitze schmeckte vor allem eins: das Bier.
Jenes von "Maxbräu", Max Sedlmeier aus Altenstadt bei Schongau zwischen München und Garmisch, war cremig, trüb und herb, kalt und schmackhaft. Ein naturtrübes Pils und ein Maibock hatte der "staatlich geprüfte Einzelkämpfer" im Ausschank, er verkauft sein artisanales Craft Beer - Indian Pale Ale, Gose, Böhmisch Dunkel und zahlreiche andere Sorten - in Berlin bei "Handgemacht" oder der "Biermeile".
Es gebe Streetfood und Streetfood, sagt der unprätentiöse Bayer, Überzeugungstäter wie auch solche, die das schnelle Geld witterten. Oft werden alte Busse, Caravans und Lieferwagen zur Küche umgebaut, auf Kreidetafeln steht, was es heute so gibt, mit manchen dieser "Food Trucks" rollt dann urbanes Kiezgefühl ins Landstädtchen. Junge Leute auf neuen Wegen, wie Brauer Sedlmeier, sind die treibende Kraft beim Streetfood. Qualitäts-, geschmacks- und abenteuerlustig. Nach einigem Umschauen wurde auch in Sinsheim schnell klar, wer es ernst meint und wer nicht. Auch Industrieware war vertreten.
Je nachdem wo man Halt macht, dürfe das Angebot "nicht zu exotisch sein", erlebt Sedlmeier in Städten wie Sinsheim. Den Eindruck bestätigte Hanna Bekele, die Chefin des Eppinger Restaurants "Nigest Saba" an einem der wenigen regionalen Stände. Ihr äthiopisches Essen - im nördlichen Kraichgau durchaus ein Geheimtipp - war frisch, pur und aromatisch, es gab Blattspinat und Rinderragout, einen Linsen-Koriander-Salat, Brathuhn, Couscous und fluffig-softe Sauerteigfladen. Geschmacksexplosion am unauffälligen Imbissstand: "Es könnte besser laufen", sagt sie, "die Leute kennen das nicht."
Norbert Gunn und Andrea Vígh, zwei Ungarn aus Walldorf, machten ein gutes Geschäft, sagte doch Brauer Sedlmeier, dass die meisten Streetfood-Gäste "einen Hamburger essen wollen". Am Stand von "Bighungary" waren es Lángos-Burger: Hefe-Schmalz-Fladen, dicke Beefsteaks, rote Zwiebeln, Knoblauchschmand und scharfes Paprikamark. Der Aufwand war hoch, vier Leute standen hinterm Tresen, der Auftritt hochglanzpoliert vom Imbisswagen bis zum Logo. Ein Familienbetrieb, der auf Global Player macht. "Wenn’s weiterhin gut läuft", plant Norbert Gunn, sei das Konzept so angelegt, "dass wir Franchise-Lizenzen vergeben können."
Die Preise bewegten sich derweil zwischen fair und gesalzen, das Pils drei Euro, mancher Burger näherte sich der Zehn-Euro-Marke. Eine vierköpfige Familie mit Neugier und Entdeckungslust war schnell um 100 Euro erleichtert. Auch hier lohnte genaues Hinschauen, um nicht für Effekthascherei Extrageld hinzublättern. Effektvolle Optik war nicht immer auch Garant für solides Essen.
Ein gemischtes Fazit einer Veranstaltung, die im Grundsatz und als Farbtupfer wichtig ist für den Sinsheimer Veranstaltungskalender. Für einiges Befremden bei manchem Gast hat eine "Ballermann-Party" am Freitagabend gesorgt. "Malle" und Trüffelsteaks - unter Wert verkauft? Gast Karl Schramm sagt: "Wir sind geflüchtet."
Kritik an der Veranstaltung wurde am Sonntag bei einem Großteil der Stände laut: Genannt wurden Teilnahmegebühren um die 900 Euro, fehlende Sitzmöglichkeiten und Schattenspender, mangelnde Werbung, unpassende Musik und fehlende Ansprechpartner des Veranstalters vor Ort. Dessen Facebook-Bewertungen lagen am Sonntag bei 2,7 von fünf möglichen Punkten, wobei allerdings nur 15 Personen abgestimmt hatten. Hanna Bekele, Max Sedlmeier und Heiko Triller glaubten auf RNZ-Nachfrage nicht, dass sie noch einmal nach Sinsheim kommen. Norbert Gunn und Andrea Vigh waren bereits am Samstagabend abgereist.