In diesem Jahr nicht möglich: Der Weihnachtsmarkt am Kirchplatz und der Sinsheimer Herbst sind abgesagt. Archivfoto: Tim Kegel
Von Tim Kegel
Sinsheim. Es sind unpopuläre Entscheidungen mit großer Tragweite für den Sinsheimer Einzelhandel, aber auch für Vereine, Gruppen, Initiativen, die Gastronomie – und die Bevölkerung: Sowohl der Sinsheimer Herbst am zweiten Oktoberwochenende als auch der Weihnachtsmarkt am ersten Wochenende im Advent wurden am Mittwoch vor dem Hintergrund des Corona-Virus abgesagt.
Rund 10.000 Besucher erwarten die Macher des Wirtschaftsforums in guten Jahren beim Stelldichein im Herbst. "Das trifft den Einzelhandel hart", weiß Klaus Gaude, Sprecher der Sinsheimer Händler. Der mit dem Fest eng verknüpfte dritte und letzte verkaufsoffene Sonntag im Jahr in Sinsheim gilt zugleich als der umsatzstärkste. Ihn vom Fest abzukoppeln und trotzdem zu veranstalten, sei aus zwei Gründen nicht machbar, sagt Gaude: Zum einen lasse dies die Landesgesetzgebung nicht zu, da verkaufsoffene Sonntage "mit speziellen Anlässen wie Festen und Märkten verknüpft" sein müssten. Zum anderen laufe man dann genau dieselbe Gefahr wie mit dem Sinsheimer Herbst, nämlich "an der 500-Personen-Obergrenze für Großveranstaltungen zu scheitern", sagt Gaude, der von einer "herausfordernden Lage" spricht. Nach einer Entscheidung der Ministerpräsidentenkonferenz vom 17. Juni sollen Großveranstaltungen bis mindestens 31. Oktober verboten bleiben.
Kommt die Absage des Sinsheimer Weihnachtsmarkts da nicht verfrüht, zumal Großstädte wie Heidelberg noch mit ähnlichen Ankündigungen hadern? "Die Weihnachtmarkt-Planung müsste spätestens jetzt beginnen", sagt Melanie Wricke, Sprecherin der Sinsheimer Stadtverwaltung. Hierzu sei finanzieller, zeitlicher und personeller Aufwand nötig. Solange der künftige Verlauf der Corona-Pandemie und mögliche Verlängerungen von Veranstaltungsverboten völlig unklar sind, sei "das Risiko nicht tragbar". Von einem "frühzeitigen Signal an alle Beteiligten" spricht auch Sinsheims Oberbürgermeister Jörg Albrecht. Er hatte schon im vergangenen Frühjahr gesagt, dass man "kein Prophet sein" müsse, um die Öffnung der Weihnachtsmärkte 2020 "zumindest mit einem Fragezeichen zu versehen". Die Entscheidung fiel den Entscheidern "sehr schwer", sagt Albrecht. Die Absage des Sinsheimer Weihnachtsmarkts ist die erste ihrer Art in der Region. Folge ist, dass hiermit auch die kleineren Weihnachtsmärkte in Ortsteilen wie Weiler oder Waldangelloch dieses Jahr ausfallen.
"Das ist der Tenor", sagt Stadt-Sprecherin Wricke, selbst wenn "noch nicht jede Rückmeldung aus jedem Ort" das Rathaus erreicht habe, gehe man von einem Komplettausfall der Weihnachtsmarkt-Saison rund um Sinsheim aus. "Auf das anhaltende Verständnis" der Bevölkerung und der beteiligten Vereine und Initiativen hofft der OB. Bislang haben man "sehr gute Erfahrungen" gemacht mit dem "klaren Bekenntnis zur Risikominimierung" seitens der Stadtverwaltung.
Der Ausfall betrifft aller Voraussicht nach auch den beliebten Weihnachtsflohmarkt der Initiative Sinsheimer Weihnachtsmarkt in der Elsenzhalle mit jährlich Tausenden Besuchern – und Zehntausenden Euro hierbei generierten Spendengeldern an gemeinnützige Einrichtungen. Zwar sagt Melanie Wricke, dass man seitens des Rathauses "alles versuchen will", um möglicherweise zumindest den Flohmarkt zu ermöglichen. Schließlich ist die Elsenzhalle der einzige Ort des Weihnachtsmarkts, an dem eine Zutrittsregelung theoretisch möglich erscheint. Initiativen-Vorsitzender Hans-Jürgen Poppe macht wenig Hoffnung: Er hält es für "nicht zu leisten", den Markt "mit Abstandsgeboten, Maskenpflicht und Kontakt-Nachverfolgung" abzuhalten; nun hofft er auf einen Frühjahrs-Flohmarkt.
Dass die Absagen beider Freiluft-Veranstaltungen – auch angesichts zahlreicher Lockerungen von Corona-Bestimmungen, etwa bei Flugreisen und Demonstrationen – kritisch gesehen werden könnten, ist den Machern bewusst. Handels-Sprecher Gaude sagt, man habe das Thema "Vernunft" allem vorangestellt. Dies mit dem Blick auf neuerliche Corona-Hotspots in Berlin oder Oldenburg einerseits, andererseits auf die "positiv stimmenden Fallzahlen" im Rhein-Neckar-Kreis. Auch könne, sagt Stadt-Sprecherin Wricke, keiner wissen, ob eine zweite Corona-Infektionswelle in der Winterzeit anrollt. Angesichts der "herausfordernden Zeit" wies Gaude darauf hin, "wie wichtig es gerade jetzt ist, den Einzelhandel und die Gastronomie in Sinsheim und den Ortschaften zu unterstützen".