„Bitte hier warten“ heißt es seit Mittwoch bei vielen Läden in Sinsheim. Nur wer eine ausreichend große Verkaufsfläche hat, darf eine begrenzte Anzahl Kunden hereinlassen. Ansonsten muss vor dem Einkauf ein Termin vereinbart werden. Foto: Christiane Barth
Von Christiane Barth
Sinsheim. Kunden, die vorm Eingang anstehen und die Augen zusammenkneifen, um einen Blick ins Innere zu erhaschen: Dieses Bild zeigt sich nun häufig in der Innenstadt. Für den Einzelhandel wurde die Notbremse gezogen. Dennoch ist die Situation wieder mal sehr differenziert und auch nicht für jeden Kunden ganz klar. Die RNZ hat sich am ersten Tag der Corona-Verschärfungen in der Stadt umgeschaut.
Frohe Farben und gut gelaunte Gesichter bei der "Blumenbinderin". Vorm Eingang steht ein Schild, auf dem die derzeitige Regel mitgeteilt wird: Nur vier Personen dürfen rein. Der Laden ist überschaubar, die Situation ist leicht zu überblicken, personenbezogene Daten will hier niemand wissen. Die Kunden würden gerne etwas von dem guten Duft erhaschen – wäre da nicht die Maske …
"Die Gärtner und die Floristen verkaufen verderbliche Waren, und die Jungpflanzen müssen jetzt auf den Markt", sagt Jennifer Ammler, die erklärt, warum für Blumenläden Ausnahmen gelten. "Es kann ja auch nicht sein, dass ein Supermarkt importierte Pflanzen aus Holland verkaufen darf und wir die Sachen von unseren lokal produzierenden Gärtnern nicht verkaufen dürfen." Die Mitarbeiterinnen der "Blumenbinderin" stellen bei den Kunden einen großen Bedarf fest, es sich zu Hause schön zu machen.
Seit Mittwoch muss der Einzelhandel wieder schließen, und die Geschäfte dürfen Kunden nur nach vorheriger Terminvereinbarung einlassen. Es sind weniger Menschen in der Stadt als noch vor einer Woche. Dies macht sich auch in den Geschäften, die offen haben, bemerkbar. Es kommen weniger. "Aber wir versuchen jetzt zumindest mal, kostendeckend zu arbeiten. Mehr kann man im Moment nicht erwarten", meint Ammler.
In der Buchhandlung Doll diskutieren Kunden aufgeregt mit Geschäftsinhaber Klaus Gaude über das ständige Auf und Ab: "Das ist doch wirklich schlimm. Man weiß einfach nicht, wie es weitergeht." Der Buchhandel führt "Produkte für den täglichen Bedarf" und darf öffnen. "Ich bin nicht unglücklich", kommentiert Gaude die Regelung. Bedauerlich sei, dass bei den momentan steigenden Inzidenzen nicht damit zu rechnen sei, dass es bald Lockerungen für die Gastronomie geben könnte: "Dann hätten wir halt wieder einen Faktor gehabt, der die Leute auch in die Stadt zieht", sagt Gaude. Derzeit arbeite man im Wesentlichen nur bedarfsdeckend.
Das Bekleidungsgeschäft "Wunderschön" weist Kunden, die den Laden betreten möchten, sofort zurück: "Bitte einen Termin vereinbaren." Nebenan bei H&M wird reinspaziert. Mehrere Mitarbeiterinnen machen "Einlasskontrolle". 30 Personen dürfen in den Laden. So viele sind es noch nicht. Die Daten müssen erfasst werden. "Bei uns gilt auch die Regel: nach Terminvereinbarung. Aber die, die ohne Termin kommen, dürfen trotzdem rein, wenn noch keine 30 Kunden im Laden sind", erklärt eine Mitarbeiterin. Die Datenerfassung gilt auch als Nachweis, dass die Eingangsbeschränkung nicht überschritten wurde.
Gegenüber ist nur ein Zehntel erlaubt: Ein Zettel an der Eingangstür bei Juwelier Schick weist auf die Verschärfung und auf die zwingend erforderliche Terminvergabe per Telefon hin. Drei Kunden dürfen maximal in den Laden. "Viele Kunden stehen vor der Tür und sind verunsichert", berichtet Mitarbeiterin Tamara Siefer, die die Tür geöffnet hat, um zu erklären, wie das korrekte Vorgehen ist. Dies macht sie mehrmals täglich, um die Kunden zu informieren und Irritationen vorzubeugen.
Bei Tchibo wundern sich die Kunden, dass die Ladentür geschlossen ist. Terminvergabe: auch hier erforderlich, per E-Mail oder Telefon – und das, obwohl der Laden Lebensmittel, also Produkte des täglichen Bedarfs, führt. "Aber die Lebensmittel machen keine 60 Prozent aus", erklärt eine Mitarbeiterin, die den Kopf kurz zur Tür hinausstreckt.
Eine Kundin registriert sich gerade bei "Schuh Mann" im Marktplatz-Center. Sie hat einen Termin. Am Montag hat sie Schuhe bestellt. Da war der Schuhladen noch geöffnet und die Schließung ab Mittwoch war noch nicht beschlossene Sache. "Ich habe jetzt mehrere Monate gewartet mit dem Schuhkauf, und jetzt ist schon wieder zu", klagt Christine Schmolz aus Sinsheim. Sie bevorzugt es, im Laden zu kaufen, nicht im Internet: "Ich möchte die Schuhe ja auch anprobieren, bevor ich zahle."
Mitarbeiter des Ordnungsamtes kontrollieren, ob sich die Ladenbesitzer an die Regeln halten. Die Stimmung in der Stadt? Eher gereizt und gestresst. Die Kunden sind verunsichert, und den Ladenbesitzern macht das Auf und Ab zu schaffen.