Dienstagvormittag begann die Baustelleneinrichtung für den Kreisel-Bau in der Neulandstraße. Teil der aufwendigen Umleitungen ist die Überfahrt der alten Autobahnmeisterei von der Gutenbergstraße aus. Foto: Tim Kegel
Sinsheim. (pol/mün) Mit einem eindringlichen Appell fordert die Polizei Fußball-Fans der TSG 1899 Hoffenheim auf, am Samstag zum Heimspiel nicht mit dem Auto anzureisen. Der Grund: Die Neulandstraße wird derzeit umgebaut.
Die Beamten rechnen nach eigenen Angaben mit 7500 Fahrzeugen in einem engen Zeitfenster. Das werde die Verkehrsproblematik bei der An- und Abreise der 1899-Fans und der Anhänger der Gastmannschaften verschärfen: und zwar in der Sinsheimer Innenstadt wie auch in der Peripherie.
Seit wenigen Tagen ist die gewohnte Durchfahrt in der Neulandstraße wegen des Baus eines Kreisverkehrs für mehrere Monate nicht mehr möglich. Obwohl umfangreiche Umleitungen und Verkehrslenkungsmaßnahmen getroffen wurden, wirke sich die Baustelle schon "jetzt spürbar auf den Innenstadtverkehr aus", teilt die Polizei mit.
Deshalb sollen Fußballfans für das Heimspiel am Samstag gegen den VFL Wolfsburg vollständig auf das Auto verzichten und mit Bus und Bahn anreisen. Das wäre das beste für alle Heimspiele der noch laufenden Saison.
Update: 13. Februar 2020, 17.45 Uhr
Von Tim Kegel
Sinsheim. Die Zweiteilung der Neulandstraße wegen des Baus eines Kreisverkehrs ab dem heutigen Mittwoch hat bei einer Bürgerinformation im Rathaus am Montag die Gemüter erhitzt. Vertreter der Stadtverwaltung – Baudezernent Tobias Schutz, Infrastrukturamts-Leiter Bernd Kippenhan, Ordnungsamts-Chef Werner Schleifer und Verkehrsplaner Ralf Mörch – gaben Antworten auf die Fragen einer kleinen, durchaus aufgebrachten Menge; überwiegend Anwohner in den von der Maßnahme indirekt betroffenen Stadtteilen Rohrbach, Steinsfurt sowie der Oststadt. Anlieger der Neulandstraße und Vertreter der betroffenen Betriebe waren bei dem Treffen dünn gesät.
Der Plan sieht so aus: Die Neulandstraße bleibt aus Westen und Osten weitestgehend befahrbar. Auf Höhe der Gutenbergstraße wird ab sofort voll gesperrt. Gebiete nah der Baustelle sind dann ausschließlich über Umleitungen erreichbar. Innerstädtisch soll der Verkehr von beiden Seiten so nah wie möglich an den Ort des Geschehens heran- und wegrollen. Doch das verkehrstechnisch heikle Gebiet ist Bedarfsumleitung bei Autobahn-Stau, der aufgrund des Ausbaus der Autobahn A6 gerade häufig auftritt.
Die Bedarfsumleitung wird im Zuge des Kreisel-Baus nun frühzeitig von der A6 ab- und umgeleitet: Von Heilbronn kommend über Steinsfurt und Rohrbach vorbei an der Oststadt und durch die Innenstadt zurück zur Autobahnauffahrt Mitte bei Dühren. Ähnlich läuft der Weg in der Gegenrichtung, nimmt aber von der Abfahrt Mitte den Weg über die Jahn- zur Schwarzwaldstraße und über die Dietmar-Hopp-Straße zurück zur Auffahrt Süd. Dort von der A6 abfahrender Verkehr wird nach Osten über Rohrbach und Sinsheim-Mitte umgeleitet.
Wie sich so etwas lebt, kann zurzeit keiner sagen oder bis ins Detail vorausplanen. Möglich, dass der Verkehr sich bei Stau und mit Ortskenntnis bisweilen eigene Wege sucht: bei einer "dichten" Innenstadt etwa, durch die enge Grabengasse. Oder durchs Wohngebiet in der Werderstraße. Oder am Rand von Sinsheim-Ost über die Viertel im Südwesten zurück zum Autobahnzubringer, der von dort sowohl von den Bundesstraßen B39 Richtung Hoffenheim, wie auch über die B292 angesteuert werden kann.
Neuralgische Stellen sind auch zahlreiche Kreisverkehre auf der Umleitung. Deshalb sollen während des Betriebs gewonnene Erkenntnisse in die Praxis einfließen, sagt Mörch. Schon jetzt soll manche "gefürchtete" Linksabbiege-Situation zur abbiegenden Vorfahrtsstraße, Ampeln sollen auf die Situation abgestimmt werden. Der Stadionverkehr wird nach einem separaten Modell umgeleitet, ähnlich der Friedrichstraßen-Sperrung.
Weniger problematisch: die An- und Abfahrt zu den Einrichtungen in der Gutenbergstraße, darunter die Moschee, die zum Freitagsgebet bis zu 600 Gäste empfängt, der Spielzeughandel "Presenta" und die Verpackungsfirma "Monowell". Sie sind über eine Stichstraße am Autobahnmeisterei-Gelände erreichbar.
Gestern Vormittag begann die Baustelleneinrichtung für den Kreisel-Bau in der Neulandstraße. Teil der aufwendigen Umleitungen ist die Überfahrt der alten Autobahnmeisterei von der Gutenbergstraße aus. Foto: Tim KegelIn einem "Prozess von zwei bis drei Monaten" habe man die Umleitungsempfehlung ausgekundschaftet, sagte Schleifer. Die Vollsperrung hält man sowohl für unumgänglich als auch für wirtschaftlich, sagte Oberbürgermeister Jörg Albrecht. Der Bau einer Umfahrung würde die Gesamtkosten nahezu verdoppeln, führe aber nicht zu weniger Verkehrsproblemen.
Die lange Dauer des Baus liege im komplexen Untergrund, unter anderem mit einer Hochdruckgasleitung. Sämtliche Versorger seien während des Baus aktiv und müssten koordiniert werden. Dass es zeitlich Luft nach unten gibt, deutete Kippenhan an: "Ich sage lieber, ich bin in acht Monaten fertig und brauche dann nur sieben." Zu den Landesheimattage-Veranstaltungen im Spätsommer solle das Projekt weit fortgeschritten sein.
Mehrfach wurde betont, dass der Kreisel "nicht wegen Kaufland gebaut" werde, selbst wenn die Handelskette einen wesentlichen Teil der Baukosten von rund einer Million Euro übernimmt. Stadtplanerisch eröffne der Bau Perspektiven für eine dringend benötigte Nord-Süd-Achse, schilderte Schutz. Gemeint sind eine Verbindung vom Neuland zur Landesstraße L550 in Richtung Weiler – perspektivisch auch zur Bundesstraße B39 über das vordere Wiesental.
Trotz ausgiebiger Schilderungen des Projekts und der Entscheidungsfindung, schienen die Nerven auf beiden Seiten blank zu liegen: Die Diskussion reichte von der Frage nach dem Sinn der auf Drängen des Bundes eingeführten Tempo-30-Zonen zur Tageszeit bis hin zu trägen Ampelschleifen in der Neulandstraße. Hinterfragt wurde "die Kulmination der Baustellen". Schutz sagte: "Wenn wir immer auf alles warten, kommen wir zu nichts." Aber auch: "Wir bauen nicht, um die Bürger zu ärgern." Nun sollen beidseitige absolute Halteverbote entlang der Umleitungsstrecke eingerichtet werden.