Das „Malion Quartett“ bereitete den Zuhörern in der Stiftskirche mit seinem Konzert ein außergewöhnliches Musikerlebnis. Foto: Berthold Jürriens
Sinsheim. (bju) Das Streichquartett ist die sogenannte Königsdisziplin der Kammermusik, weil sie hohe Ansprüche an Interpreten und Komponisten stellt. Am Sonntag konnte man als Konzertbesucher in der Stiftskirche Sunnisheim Zeuge werden, wie es klingt, wenn Musiker dieser "adeligen Würdigung" vollends gerecht werden. Das "Malion Quartett" in Person von Bettina Kessler (Violoncello), Lilya Tymchyshyn (Viola), Jelena Galic (Violine) und Alex Jussow (Violine) meisterte ihre "Sommerliche Serenade" mit Werken von Haydn, Debussy und Piazzolla mit Leidenschaft und bravouröser Virtuosität, wagten Interpretationen zeitgenössischer Werke und stellten sich den hohen Ansprüchen der klassischen Kompositionen. Dafür gab es bei zwei sehr gut besuchten Konzerten langen und begeisternden Beifall. Vor allem wegen der großartigen musikalischen Leistung, aber auch wegen der Möglichkeit in diesen Zeiten ein derartiges Konzert zu ermöglichen.
Zu Beginn erklang das "Quartett in C-Dur, op.20, Nr.2" vom Begründer des modernen Streichquartetts, Joseph Haydn (1732-1809). Damals betrat der Komponist Neuland, brach mit Konventionen, wie Kessler erzählt, die an ihrem Violoncello nicht nur in diesem Stück für die nötige Dynamik und den prägnanten Austausch sorgt. Ein Menuett folgt der Dramatik im dritten Satz, das üblicherweise ein lustiger Tanz ist, den Haydn hier mit Wehmut unterlegt. Jussow erspielt sich mit seiner Violine nach und nach den ersten Rang zurück, zu dem Galic und Tymchyshyn im Finalsatz der Fuge ein wildes Durcheinander entfachen, das die große Kunst der vier mehrfach preisgekrönten Musiker hervorhebt.
Das einzige Streichquartett von Claude Debussy (1862-1918), das "g-moll, op.10", klingt französisch, obwohl Richard Wagners Klangwelt, exotische Einfärbungen der Gamelan-Musik und ungewohnte Ganztonleitern Debussys Werk beeinflussten, wie die Zuhörer erfahren. Was das Quartett dann abliefert, sorgt für eine Art Glücksrausch im Publikum. Das 2017 gegründete "Malion Quartett" zeigt seine enorme Bandbreite zwischen kraftvoll-markantem Fortissimo und klanglichen Abschattierungen.
Im zweiten Satz, betitelt mit "Assez vif et bien rythmé", hatten die Violinisten, die Bratschistin und die Cellistin ein kaum zu erwartendes Niveau erreicht, das begeistert. Man wird angenehm schwindelig von dem Klangrausch, ähnlich wie beim Lesen der Biografien dieser Ausnahmekünstler, die gefüllt sind mit Namen von Stipendien, nationalen und internationalen Preisen und der Zusammenarbeit mit großen Orchestern und Künstlern. Das homogene Zusammenspiel und die hörbare individuelle Stärke, die gleichauf zu liegen scheint, beeindrucken.
Der meisterhaft gespielte Tango Nuevo "Oblivion" des Argentiniers Astor Pia-zzolla (1921-1992) sollte glücklicherweise nicht der Abschluss sein, denn mit dem 2. Satz aus dem "amerikanischen Quartett" von Antonín Dvorák (1841-1904) folgte eine grandiose Zugabe. Auch hier weiß das Quartett genau, wann anspruchsvolle Virtuosität gefragt ist, denn Dvoráks Zweiklang aus Folklore und Kunstmusik lässt andere Ensembles oft scheitern. > "Am Rande"