Der Ticket-Schalter – für manche ein Buch mit sieben Siegeln. Eine Zeit lang gab es nur hier Fahrkarten. Foto: Christian Beck
Sinsheim. Im Bus ein Ticket zu kaufen, geht momentan nicht, da die Fahrer die Corona-bedingten Abstandsgebote einhalten sollen. Die Verkehrsgesellschaften bitten, dass Fahrscheine im Internet oder am Automaten gelöst werden sollen. Doch was machen Personen, die damit nicht zurechtkommen? Die RNZ fragte nach.
"Meine Frau will korrekt sein und nicht schwarz fahren", erklärt Siegfried Leonhardt. Doch im Moment sei das schwierig. Er selbst ist 85 und hat einen Schwerbehinderten-Ausweis. Damit darf er kostenfrei den öffentlichen Nahverkehr nutzen, eine Begleitperson ebenfalls. Das sei stets seine Frau, deshalb lohne sich eine Monats- oder Jahreskarte für sie nicht.
Hin und wieder fahre sie aber alleine mit dem Bus vom Burghäldeweg ins Stadtzentrum. Mit dem Internet oder den Automaten kämen aber beide nicht klar, erklärt Siegfried Leonhardt. Als seine Frau sich nun beim Busfahrer meldete, dass sie ein Ticket braucht, habe er sie nicht mitgenommen. Sie solle eines in der Stadt kaufen. Aber dazu müsse sie ja erst einmal dort hinkommen, bemerkt ihr Mann.
Doch selbst in der Stadt ist es momentan nicht so einfach, eine Fahrkarte bei einem Verkäufer aus Fleisch und Blut zu bekommen. Denn viele Verkaufsstellen haben momentan schlicht geschlossen: Das Reisezentrum der Deutschen Bahn öffnet am Montag, 18. Mai, wieder. Und die Verkaufsstelle der SWEG in der Neulandstraße ist ebenfalls zu. Hier verweist man auf Verkaufsstellen in Steinsfurt, Hoffenheim oder Angelbachtal.
Auf Nachfrage betont Nahverkehrsexperte Jens-Jochen Roth, wie wichtig es sei, dass Fahrkarten von geschultem Personal verkauft werden. Das ältere Ehepaar sei bei Weitem kein Einzelfall, viele hätten ihre Probleme mit dem Ticketkauf im Internet oder am Automaten. Im konkreten Fall denkt er kurz nach und lacht schließlich: "Könnte der Klaus Gaude da nicht was machen?"
Zwei Telefonate später zeigt sich: Klaus Gaude kann. In seiner Buchhandlung Doll verkauft er auch Fahrkarten für das private Eisenbahnverkehrsunternehmen "abellio", Bus-Tickets ebenfalls. Bei Bedarf könne er ein Ticket auch mit dem Fahrrad beim Ehepaar Leonhardt vorbeibringen, erklärt er. Eine Lösung ist gefunden also, wenn auch etwas unorthodox. Siegfried Leonhardt freut sich.
Wie geht es nun weiter? "Zeitnah" sollen Busfahrer auch wieder Fahrscheine verkaufen dürfen, "da nun alle Fahrzeuge mit entsprechenden Schutzmaßnahmen im Fahrerbereich wie zum Beispiel Plexiglasscheiben ausgestattet wurden oder werden", teilt Axel Thiemann, Pressesprecher des Verkehrsverbunds Rhein-Neckar, mit.