Der Mehrgenerationenplatz mit einem Spiel- und Bewegungspark wird von der Bevölkerung gerne genutzt. Foto: Gunter Jungmann
Reichartshausen. (zg/fro) Die städtebauliche Erneuerungsmaßnahme "Ortskern" ist jetzt abgeschlossen. Mit 2,34 Millionen Euro Landesfinanzhilfen hat das Ministerium für Wirtschaft, Arbeit und Wohnungsbau die Sanierung gefördert. 1,56 Millionen Euro zahlt die Gemeinde aus eigener Kasse. 2008 war mit den Maßnahmen begonnen worden. "Reichartshausen ist ein hervorragendes Beispiel dafür, wie eine Gemeinde und vor allem ihre Bürgerinnen und Bürger von der Städtebauförderung profitieren. Die Wohn- und Aufenthaltsqualität im historischen Ortskern konnte durch die städtebauliche Erneuerung erheblich verbessert werden", erklärte Ministerin Nicole Hoffmeister-Kraut anlässlich des Abschlusses dieser Sanierung. Mit der Einweihung des Kindergartens "Arche" im letzten Jahr war die Maßnahme beendet.
Die städtebaulichen Förderangebote seien von großer Bedeutung und hätten vielfältige positive Auswirkungen, sagte die Ministerin: "Die Städtebauförderung bringt viele Vorteile für die Stadtentwicklung: Quartiere werden aufgewertet, Brachflächen neu genutzt und es kann dringend benötigter Wohnraum entstehen." Zudem löse "jeder Fördereuro bis zu acht weitere Euro" an Folgeinvestitionen aus. Davon profitiere "ganz besonders das heimische Handwerk".
Auch das „Centrum“ wurde umfassend saniert und modernisiert. Foto: Anjoulih PawelkaBürgermeister Gunter Jungmann lobte das Landessanierungsprogramm im Gespräch mit der RNZ ebenfalls. Es sei ein "tolles Instrument" um Privatleute und Kommunen zu unterstützen. Positiv sei außerdem, dass man nicht an eine Maßnahme gebunden sei. "Die Gestaltungsmöglichkeiten sind sehr umfangreich."
Der Schwerpunkt der Sanierung in Reichartshausen lag darin, den Aufenthalt im Ortskern für Bewohnerinnen und Bewohner attraktiver zu machen und Missstände an privaten und kommunalen Gebäuden zu beheben. Wichtig war die Modernisierung und Erweiterung der Gemeindehalle "Centrum", die 1957 erbaut worden war und vor allem energetisch und in ihrer Funktionalität nicht mehr den aktuellen Anforderungen entsprach. Sie wurde umfassend baulich und energetisch saniert, technisch aufgerüstet und barrierefrei gestaltet. Durch eine Erweiterung konnte das Foyer vergrößert und Platz für eine Küche geschaffen werden. Die Halle wird von den örtlichen Vereinen, für Konzerte und Theaterabende, überregionale Veranstaltungen sowie die Kreistagssitzungen und private Feiern genutzt. Zudem bietet sie Kindern aus dem Kindergarten und der Grundschule ein Kinderrestaurant. Auch der Kindergarten Arche wurde umfassend modernisiert.
Zudem wurden zentrale Ortsstraßen neugestaltet und die Situation für Fußgänger verbessert. Mit einem Brunnen und Wasserspielen wurden Aufenthaltsbereiche geschaffen, die besonders bei Kindern begehrt sind. Auch der denkmalgeschützte Dorfbrunnen wurde restauriert. Unterhalb der Grundschule wurde ein Mehrgenerationenplatz mit einem Spiel- und Bewegungspark und einer Boulebahn geschaffen, der von den Bewohnerinnen und Bewohnern rege genutzt wird.
Zur Heizungsversorgung der kommunalen Gebäude wurde beim Freibad eine neue Heizzentrale errichtet. Der mit umweltfreundlichen und regenerativen Energiequellen (Holzhackschnitzel) betriebene Heizkessel versorgt das Centrum, die Kindergärten, das TSV-Clubhaus sowie das Rathaus mit Wärme und beheizt darüber hinaus das Badewasser des Freibades.
44 private Eigentümer nutzten die Chance und modernisierten 35 Gebäude; neun wurden abgebrochen. So entstanden vier neue Wohnungen, 34 wurden modernisiert. Jungmann hat es "außerordentlich gefreut", dass sich so viele Privatleute an der Aufwertung des Ortskerns beteiligt haben.
Derzeit arbeitet die Gemeinde außerdem am zweiten Teil des Programms. Ein Fragebogen zum Gemeindeentwicklungskonzept, den die Reichartshäuser ausfüllen konnten, wird derzeit von der STEG Stadtentwicklung GmbH ausgewertet. Insgesamt haben sich daran 332 Haushalte beteiligt; 190 Fragebögen wurden online ausgefüllt, 142 Fragebögen gingen per Post bei der Gemeinde ein. Somit habe man eine "sehr gute Rücklaufquote von mehr als 40 Prozent", heißt es auf der Homepage Reichartshausens. Die Ergebnisse sollen Ende des Monats präsentiert werden, man entwickle die "Strategie 2035" für die Gemeinde, sagt Jungmann. Die Ergebnisse werden dann vom Gemeinderat diskutiert, um die geplanten Maßnahmen "festzuzurren". Bis September müssen die Anträge gestellt werden, erklärt der Bürgermeister. Das ungefähre Sanierungsgebiet "Ortskern II" erstrecke sich über die Heldenhainstraße, die Bergstraße und Teile der Ringstraße, müsse aber noch eingegrenzt werden. In der Heldenhain- und der Bergstraße sollen unter anderem die Gehwege umgestaltet werden, berichtet Jungmann. Auch hier werden sich wieder Privatleute beteiligen können, um beispielsweise ihre Häuser energetisch zu sanieren.
Ob letztendlich alles so gemacht werden kann, wie es sich die Gemeinde vorstellt, steht allerdings in den Sternen. Auch Reichartshausen wird finanzielle Einbußen wegen der Corona-Pandemie beklagen müssen: "Die Gefahr besteht", sagt der Bürgermeister. Er rechnet mit weniger Zuweisungen vom Land und mit eigenen Einbußen. Es könne sein, dass man die Sanierungsmaßnahmen "zeitlich strecken" müsse. Man müsse jetzt "immer schauen, was finanziell machbar ist", sagt Jungmann.