Von Christian Beck
Sinsheim. Ohne Gegenkandidat tritt Jörg Albrecht zur OB-Wahl am kommenden Sonntag an. Im Gespräch mit der RNZ erklärt er, was er in den nächsten acht Jahren vor hat, erläutert, was seine Arbeit so reizvoll macht, berichtet aber auch von ganz einsamen Momenten.
Sie treten ohne Gegenkandidat an. Empfinden Sie das als positiv oder negativ?
Ohne Mitbewerber ist es natürlich etwas entspannter. Ich sehe es als ersten Vertrauensbeweis für meine Arbeit, die ich in den zurückliegenden acht Jahren gemacht habe.
Gerüchteweise hat Ihre Frau gesagt: "Acht Jahre Wahlkampf haben sich ausgezahlt."
Das hat sie tatsächlich gesagt. Als ich meinte, ich müsste noch ein wenig Wahlkampf machen, antwortete sie nur, dass ich das die ganze Zeit mache. Sie hat recht. Ich bin aber so aktiv, weil es mein Verständnis von diesem Amt ist. Und ich fände es nicht authentisch, wenn ich ein paar Monate vor der Wahl zu allen möglichen Terminen gehe, wo ich die Jahre zuvor nie war.
Was planen Sie in den kommenden acht Jahren?
Wir müssen große Projekte abschließen. Und haben große Herausforderungen vor uns. Ganz unmittelbar stehen der Neubau des Kindergartens Süd, die Sanierung der Realschule und das neue Feuerwehrhaus an. Perspektivisch ist mir die Sanierung des Busbahnhofs wichtig. Und in den Stadtteilen muss bei einigen Gebäuden wie Hallen oder Verwaltungsstellen etwas getan werden.
Sie sagten, der Verkehr soll das zentrale Thema einer weiteren Amtszeit werden.
Ja, das ist für mich das Top-Thema. Dazu gehören Großprojekte wie die Nordanbindung. Ich gehe davon aus, dass sie eine enorme Entlastung für die Innenstadt bringen wird. Auch bei der Bahnunterführung in Hoffenheim wollen wir noch einmal einsteigen. Aber auch der innerstädtische Radverkehr steht im Fokus, da haben wir Defizite.
Wo sehen Sie Sinsheim in acht Jahren stehen?
Wir werden, was die Infrastruktur anbelangt, noch einmal einen deutlichen Schritt machen. Wir werden eine sehr gute und intakte Schullandschaft haben. Das ist mein Steckenpferd. Wir werden das Verkehrsproblem nicht ganz gelöst, aber deutlich verbessert haben. Und wir werden viele Sanierungsmaßnahmen abgeschlossen haben.
Sie fahren ein enormes Pensum, sind auf vielen Terminen und nehmen selten frei. Wie lange können Sie dieses Tempo halten?
Jeder wird älter. Irgendwann wird es auch bei mir schwieriger werden, vier oder fünf Tage hintereinander 13, 14 Stunden zu arbeiten. Wenn ich merke, dass ich das Amt nicht mehr in dem Ausmaß ausfüllen kann, wie ich es mir wünsche, dann würde ich sagen, dass es nicht mehr geht. Das zeichnet sich aber nicht ab.
Was motiviert Sie, dieses hohe Tempo zu gehen?
Die Begeisterung, für Mitmenschen etwas bewegen zu können. Etwas umzusetzen, das schwierig oder gar unerreichbar schien, das reizt mich. Und die Anerkennung, die ich erfahre, die freut mich natürlich.
Manchmal spricht man vom "Glück des Tüchtigen". Trifft das Ihrer Meinung nach ein wenig auf Sie zu?
Das würde ich schon sagen.
Manches hätte aber auch anders ausgehen können. Zum Beispiel, wenn die Stadt den Zuschuss über drei Millionen Euro für die Stadthalle auch im zweiten Anlauf nicht bekommen hätte.
Ganz klar. Ich erinnere mich noch, wie es war, als der Zuschuss zunächst nicht bewilligt wurde. Da ist man in seinem Büro ganz, ganz einsam. Da heißt es von mancher Seite: "Das hätte ich euch schon vorher sagen können, dass das nichts wird." Als wir das Signal bekommen haben, dass wir das Geld noch einmal beantragen können, haben wir die Bauarbeiten ein Jahr geschoben. Sind volles Risiko gegangen. Mit dem Baudezernenten und dem Kämmerer bin ich nach Bonn gefahren, wir sind dort wie Schulbuben gesessen. Und du weißt, wenn du die drei Millionen bekommst, ist es in Ordnung – nicht mehr. Aber wenn nicht melden sich die Kritiker umso lauter zu Wort. Da tut es gut, wenn man merkt, dass man Rückendeckung hat.
Gibt es Projekte, die trotz Tüchtigkeit nichts geworden sind?
Ja, zum Beispiel bei Wohnbaugebieten. Für "Hettenberg" in Steinsfurt haben wir uns richtig reingehängt. Das ist dann ganz gescheitert. Das hat mir sehr weh getan.
Sie erfahren viel Zustimmung. Hin und wieder melden sich aber auch Kritiker zu Wort. Trifft Sie das?
Es wird immer Leute geben, denen man es nicht recht machen kann. Mit konstruktiver Kritik kann ich umgehen. Was mich gelegentlich ärgert, ist, wenn gerade in Sozialen Medien Leute teilweise unter falschem Namen Sachen raushauen, obwohl sie keine Ahnung vom Sachverhalt haben. Das ist frustrierend. Einige dieser Leute habe ich schon zu einem Gespräch eingeladen. Gekommen ist bisher keiner.
Gibt es Ziele, zu denen es Sie noch hinzieht?
Nein. Die Gerüchte gibt es, da ist aber nichts dran. Ein Mandat in einem Parlament käme für mich absolut nicht in Frage. Und ich möchte auch nicht Bürgermeister einer anderen Kommune werden. Ich fühle mich pudelwohl hier.
Welche Wahlbeteiligung wünschen sie sich?
Wenn der Dreier davor stehen würde, wäre es schön. Stünde die Vier vorne dran, würde mich das noch viel mehr freuen.