Winzig ist die Fledermaus mit ihren fünf Wochen. Alle paar Stunden muss sie mit Mehlwürmern und Welpenmilch gefüttert werden. Wer die kleinen Tierchen findet, sollte das Fledermaus-Not-Telefon unter 0179 / 4972995 anrufen. Foto: Christiane Barth
Von Christiane Barth
Neidenstein. Sabine Grolms hält ihr "Baby" in der Hand, das Fläschchen ist so winzig, dass es viel Fingerspitzengefühl erfordert, dieses zwischen Daumen und Zeigefinger festzuhalten. Einen Namen hat sie ihrem "Baby" nicht gegeben. "Ich möchte keine so große Bindung aufbauen", sagt die 48-Jährige. Denn sobald der Winzling flügge wird, muss er auch schon wieder freigelassen werden. Das "Baby" ist eine von zwei Zwergfledermäusen und Grolms neues Hobby.
Sie steht nachts auf, wenn das Tier hunger hat, sie reicht ihm mit einer Pinzette Mehlwürmer, sie beherbergt es unter einem Moskitogewebe und stellt dieses dann ab und zu auf den Dachboden, um es "anzustubsen", seine Flugübungen zu machen. Und damit unterstützt die Neidensteinerin die Sinsheimer "Arbeitsgemeinschaft Fledermausschutz Baden-Württemberg". Eine Wochenstube also, die unter Anleitung von überregional tätigen Artenschützern in Neidenstein eingerichtet wurde.
Jörg Fürstenberger, der zusammen mit Irmela Mikus aus Waibstadt die Arbeitsgemeinschaft leitet, betont, wie wichtig und hilfreich Menschen wie Sabine Grolms sind, die ihre Zeit in den Dienst des Artenschutzes stellen. Wichtig sei jedoch, sich unbedingt an die Arbeitsgemeinschaft zu wenden, wenn man eine gestrandete Fledermaus gefunden habe. "Denn man kann da auch viel falsch machen", sagt Fürstenberger. Die Dachorganisation AGF will schnelle Hilfe für verletzte Tiere bieten und über ein Not-Telefon bedrohten Fledermausarten helfen. Gerade in den Sommermonaten ist die Nummer eine wichtige Anlaufstelle. "Es kommt oft vor, dass Tiere durch geöffnete Fenster fliegen und dann nicht mehr hinaus finden", erklärt Fürstenberger. Sie verbergen sich auch gerne hinter Rollladenkästen, Klappläden und Eternitverkleidungen. Manche verirren sich beim Rückflug in ihr Sommerquartier. Mit einem engmaschigen Vereinsnetzwerk haben es sich die Artenschützer zur Aufgabe gemacht, die "Jäger der Nacht" zu retten. Teil dieses "Plans" ist es auch, naturverbundene Privatpersonen anzuleiten, junge Tiere, die von der Mutter etwas voreilig in die Freiheit gestoßen wurden, aufzupäppeln. Menschen also wie Sabine Grolms.
Mit Fledermäusen habe sie sich bislang noch nie beschäftigt, sagt Grolms. Doch inzwischen sind ihr ihre beiden Zöglinge ans Herz gewachsen: "Ich finde diese Tiere süß und sympathisch." Alle fünf Stunden muss gefüttert werden. Dass sie ihre Schützlinge auch nachts versorgen muss, bedeutet für Sabine Grolms kaum einen Eingriff in ihren Tages-Nacht-Rhythmus. Denn als Austrägerin der Rhein-Neckar-Zeitung muss sie ohnehin aufstehen. Dass es nun eine Stunde früher wird, sie erst den beiden Fledermäusen winzige Tröpfchen ins Maul träufelt, bevor sie die Zeitung austrägt, ist keine große Umstellung für sie. Jörg Fürstenberger steht mit seiner Fachkompetenz zur Seite und überprüft darüber hinaus, ob die kleinen Racker bereits alleine klarkommen.
Klares Indiz, dass sich Sabine Grolms von den Heranwachsenden verabschieden muss, ist die Unterarmlänge. Sobald die Welpenmilch im Fläschchen und die Mehlwürmer die Tiere soweit haben gedeihen lassen, dass es der Unterarm auf 28 Millimeter gebracht hat, ist es dann soweit mit dem Abschied nehmen. Denn die jungen Zwergfledermäuse müssen fliegen. "Sonst gibt es Schädigungen an der Mechanik", erklärt Fürstenberger. Also kommen sie zurück in die Natur. "Ich bringe sie dorthin, wo viele ihrer Artgenossen sind." Dort würden sie dann von den anderen Zwergfledermäusen lernen und könnten sich so besonders gut weiterentwickeln.