„Angerotzt“: Der „Sinsheimer Wächter“ muss einiges erdulden. Die wuchtige Skulptur von Otmar Alt an der Elsenz braucht jetzt einen neuen Anstrich. Foto: Tim Kegel
Von Tim Kegel
Sinsheim. Liebenswerter Betonklotz, beispielhafte Kunst im öffentlichen Raum, einst den Sinsheimern aufgedrängtes Kunst-Geschenk, uninspirierter Miro-Saint-Phalle-Mix. Die einen sagen so, die anderen sagen so. Und manch einer will sich auch nach fast 15 Jahren noch nicht so wirklich vom "Sinsheimer Wächter" bewachen lassen. Wie auch immer – nach Ostern ist es wieder soweit: Die Brückenfigur an der Elsenz wird restauriert.
Der "neigschmeckte" Gegenpart zum "Wetzstoispucker" – der momentan auch nicht mehr spuckt – er hatte es nie leicht. Der "Wächter" wird mit Kaugummis bekleistert, mit radikalen Stickern von rechts bis links verunstaltet, von Fußball-Ultrafans mit den nervigen "Spuckis" versehen. Kurzum, er wird regelmäßig "angerotzt", blickt Baudezernent Tobias Schutz der harten Wahrheit ins Gesicht; wie für so vieles in der Stadt, ist Kunstfreund Schutz auch für den "Wächter" zuständig. Die klobige Figur sehe zur Zeit "besonders traurig" aus, sagt Schutz. Und insgesamt wäre die Bahnhofstraße ohne den "Wächter"-Anblick nicht mehr wirklich vorstellbar. Zwei Mal im Jahr wird Otmar Alts sonderbare Skulptur vom Bauhof inspiziert und wenn nötig instandgesetzt. Das fällt im bunten Treiben der Innenstadt meistens nicht auf – in Corona-Zeiten aber schon. Jetzt erst waren Stadt-Arbeiter dort zugange, nahmen Maß, klopften ab und rubbelten die ersten Sticker weg.
"Es braucht spezielle Farben", beschreibt Schutz. Einige Eimer mit den genauen "Wächter"-Farbtönen hält die Verwaltung auf Lager, "manche werden bei Bedarf gekauft", sagt Schutz. Einen "Wächter"-Farbenschrank gebe es nicht, aber eine "Wächter"-Farbenliste.
Nicht einfach sei die Ausbesserung. Der "Wächter" vertrage keinen Dampfstrahler. Die Arbeiter müssen den Untergrund "manuell mit Tüchern, Schwamm und einem Lösungsmittel" behandeln. Gerade die Entfernung der mit Spucke geklebten Sticker sei aufwendig. Eine "Wächter"-Sanierung dauere zwei bis drei Tage. Und diesmal wollte man "wegen der Heimattage" alles besonders gründlich machen, seufzt Schutz. Nun mache man’s halt auch so gründlich – ob der Rest vom Fest nun stattfindet oder nicht.
Die kleinen Spalten, die sich am "Scheitel" der Figur abzeichnen, sähen übrigens nur wie Beton-Risse aus, weil der "Wächter" – man glaubt es kaum – "nicht aus Beton ist", wie Schutz beschreibt. Lediglich der Sockel ist ein Betonteil. Die eigentliche Figur besteht aus Stahlplatten und einem Stützskelett. "Wenn man an ihm klopft, klingt der Wächter hohl", sagt Schutz.
Auch die städtischen Plakatsäulen am Finanzamt und beim Stadtmuseum wurden hergerichtet. Der Zeitpunkt war günstig – "mangels Plakaten". Auch dies sei relativ schwierig gewesen, schiebt Schutz de nächste Kuriosität ein: "Plakate werden immer öfter mit Sekundenkleber geklebt."