Der Ittlinger Bauer Reiner Keller ist mit der Spargel-Saison zufrieden. Foto: Falk-Stéphane Dezort
Von Falk-Stéphane Dezort
Ittlingen/Kirchardt-Bockschaft. Traditionell mit dem Johannistag endete landauf landab die diesjährige Spargelsaison, die inmitten der Hochphase der Corona-Krise unter keinem guten Stern gestanden hatte. Im Zuge des sogenannten Lockdowns mussten Restaurants schließen – und die Gastronomie ist eine der Haupteinnahmequellen der hiesigen Spargelbauern. Dennoch ziehen sowohl Reiner Keller vom "Kraichgau Spargel" aus Ittlingen sowie Eckhard Schechter vom Spargelhof Schechter in Kirchardt-Bockschaft ein positives Fazit.
Vor allem wirtschaftlich machte sich das Virus nicht so stark bemerkbar, wie zu Beginn der Pandemie angenommen wurde. So hätten beide Spargelbauern keinen finanziellen Schaden erlitten. "Wir konnten alle Felder ernten und haben jede Stange verkauft. Damit sind wir zufrieden", sagt Schechter.
Obwohl die Gastronomie für den Publikumsverkehr schließen musste, durfte sie ihr Essen für den "Außer-Haus-Verzehr" wieder anbieten. Viele Restaurants haben so auch Spargelgerichte auf ihre Speisekarten gesetzt. "Das hat teilweise gut gepasst", sagt Keller, der ebenfalls alle Felder rechtzeitig ernten konnte. Erst gegen Ende der Saison, als die Restaurants wieder Besucher empfangen durften aber nur an manchen Tagen geöffnet hatten, habe es "keine riesen Nachfrage" mehr gegeben.
Einen großen Ansturm gab es hingegen auf die Hofläden. "Das haben wir erst einmal schultern müssen", sagt Schechter, der aufgrund des Andrangs an Samstagen sogar einen Parkplatzeinweiser einstellen musste. "Alle Leute waren diszipliniert und haben sich an die Vorgaben gehalten. Mir ist nichts Negatives aufgefallen." Ein ähnliches Bild zeichnet auch Reiner Keller in Ittlingen. "Den größten Teil haben wir mit dem Hofladen aufgefangen."
Beide Bauern freuen sich, dass der Zuspruch von den Verbrauchern gut war. "Der Stellenwert der heimischen Nahrung ist wieder gestiegen", ist sich Keller sicher. Für Schechter habe Corona gezeigt, wie flexibel die Kunden sein können und dass sie in kürzester Zeit umdenken können. Noch im Februar habe er zusammen mit anderen Landwirten demonstriert. Die Pandemie sei für die Landwirtschaft irgendwo auch eine "gute Situation gewesen", denn so konnte man sich als Erzeuger vor Ort wieder besser präsentieren.
Auch die Hilfsbereitschaft der Einheimischen freute die beiden Spargelbauern. Denn da nur rund die Hälfte der eigentlichen Saisonarbeiter aus Osteuropa Corona-bedingt den Weg in den Kraichgau aufnahmen, beziehungsweise überhaupt einreisen durften, boten in Kurzarbeit geschickte Köche, Studierende oder Menschen aus anderen Bereichen ihre Arbeitskraft auf den Spargelhöfen an und halfen beim Schälen, Sortieren und Verpacken. "Jeder hatte unterschiedliche Fähigkeiten", sagt Keller. "Aber alle haben den Willen mitgebracht, zu helfen. Es war eine gute Stimmung, hat Spaß gemacht und sicher eine interessante Erfahrung."
Jedoch brachte Corona auch jede Menge Bürokratie und somit deutlich mehr Arbeit für die Spargelbauern mit sich. "Ich vermisse bis heute eine klare Linie", sagt Schechter. Vor allem Arbeitsverträge seien schwer zu gestalten gewesen, und auch das Umsetzen der Hygienevorgaben sei mit viel Aufwand verbunden gewesen. "Das ist sehr unbefriedigend." Aufgrund des Schichtsystems habe man auch das doppelte Personal benötigt. Und Nachzügler aus Osteuropa musste man zwei Wochen lang gesondert unterbringen. In Ittlingen haben die zwei Saisonarbeiter beispielsweise ein eigenes Feld zum Stechen zugewiesen bekommen.
"Die Zeit war schon hart für uns", sagt Schechter, der zusammen mit seiner Frau 14 Wochen lang täglich bis zu 17 Stunden unterwegs gewesen sei. Jetzt werde es zwar ein bisschen ruhiger, doch von einem Urlaub könne er nur träumen. "Füße hochlegen: das funktioniert nicht." Denn als nächstes steht die Getreideernte an, und auch der Spargel für nächstes Jahr muss gepflegt werden. In Ittlingen werden indes nun Johannisbeeren geerntet.
Immerhin blieben beide Spargelbauern vom "Worst case"-Szenario – einem Corona-Fall auf dem eigenen Hof – verschont. "Das war immer im Hinterkopf", sagt Schechter. Wie es dann weitergegangen wäre, wisse er nicht. "Ich kann ja nicht die Hälfte der Belegschaft nach Hause schicken."
Dass die nächste Spargelsaison auch wieder von Corona beeinflusst wird, ist denkbar. Aber Schechter geht davon aus, dass es dann nicht mehr so schlimm werde wie dieses Jahr. "Das Virus ist dann nichts Neues mehr. Das wird nicht mehr so extrem." Vor allem weil man nun Erfahrungen mit dem Umgang habe.