Die Beschrankung des Bahnübergangs bei der „Friedensherrberge“ nahe Ittlingen und die Verlegung der Landesstraße sind seit Jahren Dauerthemen. Dass die Arbeiten nun ausgerechnet im Frühjahr beginnen sollen, passt den Gartenschau-Verantwortlichen gar nicht, denn die Landesstraße verbindet Eppingen mit der Autobahn und soll wochenlang gesperrt werden. Foto: Armin Guzy
Von Armin Guzy
Ittlingen/Eppingen.Wenn für Ittlingen möglicherweise bald ein seit Jahren gehegter Wunsch in Erfüllung geht, werden in der Nachbarstadt Eppingen auf einigen Stirnen wohl Zornesfalten zu sehen sein. Der bislang unbeschrankte und gefährliche Bahnübergang bei der Ittlinger "Friedensherrberge" soll im Frühjahr umgebaut werden. Weil dafür auch umfangreiche Arbeiten an der Landesstraße 592 nötig sind, soll diese voraussichtlich wochenlang gesperrt werden. Damit wäre ausgerechnet zur Eppinger Gartenschau der direkte Weg von und zur Autobahn blockiert. "Das beeinflusst unweigerlich den Erfolg unserer Gartenschau", warnt Oberbürgermeister Klaus Holaschke in einer Stellungnahme.
Allerdings ist das letzte Wort in dieser Angelegenheit noch nicht gesprochen. Am 19. Januar wollen sich die am Bau beteiligten oder davon Betroffenen in großer Runde zu einem Gespräch treffen. Das Problem: Weder Eppingen noch Ittlingen haben dabei Entscheidungsmacht. Die sogenannte Technische Sicherung des Bahnübergangs und die damit verbundenen Straßenbauarbeiten laufen unter der Regie der Deutschen Bahn (DB) und des Landes, beziehungsweises des Regierungspräsidiums Stuttgart. "Wir sind nicht diejenigen, die den Hut aufhaben", betont Ittlingens Bürgermeister Kai Kohlenberger, der sich und seine Gemeinde "zwischen den Stühlen" sieht: Einerseits fordert Ittlingen den Umbau schon seit mehr als vier Jahren, "und nun kommt endlich Bewegung in die Sache", wie Kohlenberger sagt. Andererseits hat er auch Verständnis, dass Eppingen "nur semibegeistert" wäre, wenn die Planungen so, wie es sich bislang abzeichnet, tatsächlich umgesetzt würden.
Bereits in zwei bis drei Wochen sollen Rodungsarbeiten stattfinden, um die Maßnahme vorzubereiten. Sie sollen mit kürzeren halbseitigen Sperrungen der Landesstraße einhergehen und werden damit einen ersten Vorgeschmack auf die Komplettsperrung bringen. Voraussichtlich im Frühjahr sollen dann die eigentlichen Arbeiten beginnen, für die die Landesstraße, so ist zumindest der aktuelle Stand, sechs bis acht Wochen, möglicherweise aber auch drei Monate lang, komplett gesperrt werden soll. Wer dann von der Autobahn Steinsfurt oder Sinsheim nach Eppingen will, muss weiträumig über Kirchardt oder Weiler fahren.
Die Fachwerkstadt will am 7. Mai die ersten Besucher auf dem Gartenschaugelände begrüßen, und "die Anreise ist die erste Visitenkarte zum Besuch der Gartenschau Eppingen und sollte möglichst bequem und reibungslos vonstattengehen", betont OB Holaschke. Er will die Planung so nicht hinnehmen und sich bei dem anstehenden Gespräch für eine zeitliche Verschiebung der Bauarbeiten stark machen. Nachdrücklich bittet er um "eine terminliche Alternative nach Ende der Gartenschau am 12. September 2021".
Seit rund zehn Jahren arbeitet man in der Fachwerkstadt auf den großen Tag der Eröffnung hin. Und nun kommt zu der immer weiter steigenden Unsicherheit der zurückliegenden Wochen wegen der möglichen Auswirkungen der Pandemie auf das Großereignis auch noch eine Baumaßnahme hinzu, die zu diesem Zeitpunkt offenbar kaum jemand so recht auf dem Schirm hatte. Freudensprünge sind da kaum zu erwarten.
Die Maßnahme ist wegen der straßennahen Lage der Gleise kompliziert. Am eigentlichen Bahnübergang sollen lediglich die bislang fehlenden Schranken eingebaut werden, darüber hinaus stehen keine größeren Baumaßnahmen im Gleisumfeld an. Weil aber der Bereich zwischen dem Übergang und der Ausfahrt zur Landesstraße zu kurz ist, um beispielsweise landwirtschaftliche Fahrzeuge mit Anhängern genügend Fläche zu bieten, und der Gleisverlauf nicht angetastet werden soll, wird nun die Landesstraße mehrere Meter in Richtung Osten in das kleine Waldstück verlegt, das dafür gerodet wird. Nur so kann nach Auffassung der Planer eine ausreichend lange Aufstellfläche hergestellt werden.
Die Maßnahme wird allerdings nicht nur wegen der nötigen Sperrung kritisiert, sondern auch, weil der Straßenabschnitt erst vor wenigen Monaten neu asphaltiert wurde (RNZ berichtete) und nun auf Dutzende Meter Länge abgerissen werden soll. Diese "Verschwendung von Steuergeldern" ist bereits Thema in den Sozialen Netzwerken.
Das damals involvierte Regierungspräsidium Stuttgart ist nun bei der Verlegung der Straße im Auftrag des Landes Bauträger. Schwer zu verstehen ist für manche überdies, dass das Land einerseits an der Gartenschau beteiligt ist und dort Millionen an Fördermitteln investiert hat, und nun andererseits mit der geplanten Baumaßnahme in Ittlingen das eigene Engagement in Eppingen torpediert.
Gleichwohl ist ein sicherer Bahnübergang für Bürgermeister Kohlenberger unabdingbar. Mehrfach ist es hier zu brenzlichen Situationen gekommen – und auch zu Unfällen. Zuletzt hatte außerdem einen Tag vor Weihnachten ein Unfall an einem anderen Bahnübergang in Ittlingen daran erinnert, was passieren könnte, wenn ein Gespann oder ein Lastwagen ins Gleisbett ragt. Beim damaligen Zusammenstoße der Stadtbahn mit einem Lkw am Übergang "Reihener Straße" wurde zwar niemand verletzt, es hätte aber auch ganz anders ausgehen können.
Schon Kohlenbergers Amtsvorgänger Achim Heck und der damalige Gemeinderat hatten sich mit dem Thema herumgeschlagen, allerdings war damals die Gesetzesgrundlage noch eine andere, und die Gemeinde hätte ein größeres Mitspracherecht gehabt. Nun aber ist insbesondere Eppingen bei einer möglichen Verschiebung der Baumaßnahme auf das Entgegenkommen der zwei nicht unbedingt als beweglich geltenden "Riesen" Bahn und Land angewiesen, und OB Holaschke macht ausdrücklich darauf aufmerksam, dass "der Rhein-Neckar-Raum einer der wichtigsten Märkte für unsere Großveranstaltung ist". Von diesem Raum abgehängt zu werden – sei es hinsichtlich der Bahn, mit der voraussichtlich ein Viertel der Gartenschaubesucher anreisen wird, oder dem Individualverkehr per Auto – wäre aus Sicht Eppingens eine Katastrophe. Bürgermeister Kohlenberger vermutet wohl nicht zu Unrecht, dass ein weiteres Treffen nötig sein wird, um eine für alle tragbare Lösung zu finden.