Ittlingen

Überlebt die Bachforelle in der Elsenz?

Angelverein möchte mit Datenloggern mehr über den Ist-Zustand des Gewässers herausfinden

05.04.2021 UPDATE: 06.04.2021 06:00 Uhr 2 Minuten, 47 Sekunden
Wie ist der Zustand der Elsenz, und welche Fische können sich dort wohlfühlen? Der Angelverein wird demnächst Datenlogger einsetzen, um das herauszufinden. Archivbild: Angela Portner

Von Angela Portner

Ittlingen. "Gesund wie ein Fisch im Wasser", so vergleicht eine alte Redewendung unser Wohlbefinden mit dem der Schuppentiere. Doch Tobias Müller weiß, dass es auch bei ihnen auf viele Faktoren ankommt, damit sie sich in ihrem Element pudelwohl fühlen. Für ideale Lebensbedingungen spielt zum Beispiel die Temperatur des Gewässers eine entscheidende Rolle. In der Elsenz hat sich die in den vergangenen Jahren um einige Grad erhöht. Für den Vorsitzenden des Angelvereins ein Grund, sich zu fragen, ob die heimische Bachforelle hier nicht langsam zu sehr ins Schwitzen kommt und ein neuer Leitfisch bestimmt werden muss. Er hofft, dass der Einsatz von Datenloggern verlässliche Informationen für den Ist-Zustand der Elsenz liefert.

Die Sache hat durchaus auch eine politische Dimension, denn Müller erwartet, dass er die Behörden mit den Ergebnissen endlich zum Handeln zwingen kann. Das gilt nicht nur für Maßnahmen zur Einhaltung des Gewässerschutzes, sondern auch hinsichtlich einer Neubestimmung des Leitfisches für die Elsenz. Von Gesetzes wegen ist es bisher die Bachforelle. Warum? Weil das in der Zaber so ist. Die wurde vor vielen, vielen Jahren als Referenzfluss bestimmt, auch wenn sie in Lauffen und damit doch etliche Kilometer entfernt fließt. Zwar haben die Flüsse wohl gewisse Analogien und vielleicht tummeln sich darin auch ähnliche Fischarten, doch wer weiß schon, ob sie das in beiden gleichermaßen gerne tun.

Niemand ist der Sache bisher fachkundig auf den Grund gegangen. Da es im Oberlauf der Elsenz keine Messstation gibt, wird der Verein nun spätestens Mitte Mai zwei Datenlogger einsetzen, die wichtige Gewässerdaten erfassen und speichern. Auslesen kann Müller die Daten per App über Bluetooth. Die Auswertung derselben liefert eine belastbare Faktenlage und Argumente, um das Landratsamt von einer Änderung der Richtlinie zu überzeugen. Bis dahin muss der Verein weiterhin Jahr für Jahr Nachwuchs nach Vorschrift einsetzen, auch wenn die Elsenz der Bachforelle das Überleben schwer macht und sie es hier vielleicht sogar aushauchen wird.

Dass der beliebte Speisefisch trotz jährlichem Neubesatz immer seltener gesichtet wird, hat Gründe: Der chemische und ökologische Zustand der Elsenz wurde bei der letzten Messung (2018) vom Umweltministerium als "ungenügend" bezeichnet. Zu viel Sonne und zu wenig Regen sorgen für niedrige Wasserstände, und auch die Landwirtschaft trägt zum schlechten Ergebnis bei. Wasser raus – Chemie rein. Je weniger Wasser fließt, desto schneller heizt es sich auf, und je wärmer, desto weniger Sauerstoff ist drinnen. Der aber ist für alle Flussbewohner überlebenswichtig. Die Bachforelle kann bei mehr als 21 Grad Wassertemperatur nicht überleben. Sie verendet langsam und qualvoll. Müller weiß: "Das Sterben im Fluss ist leise." Hier treiben tote Fische, anders als in einem See, nicht an der Wasseroberfläche. Sie verhaken sich in den Uferwurzeln oder unter großen Kieseln und Steinen auf dem Grund.

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"Wir wollen hier eine Vielfalt haben", sagt der Fachmann, der die Sache ganzheitlich sieht. Dafür ist nicht nur der Fischbesatz wichtig, sondern auch alles, was sich unter, über und neben dem Fluss abspielt. Damit das ökologische Gleichgewicht stimmt, muss an vielen Stellschrauben gedreht werden. Deswegen ist es für die Mitglieder wichtig, sich auch mit Insekten und anderen Kleinstlebewesen, Amphibien, Vögeln und Pflanzen zu beschäftigen. Umso tiefer man in die Thematik eintaucht, desto deutlicher wird, dass es wohl längst an der Zeit ist, in Sachen Gewässer- und Naturschutz die Notbremse zu ziehen. Flussreinigungen, Uferbefestigungen, Renaturierung und Bestandszählungen oder das regelmäßige Einsetzen von Jungfischen allein werden keine nachhaltigen Verbesserungen bringen. Da sind Entscheidungen von Politik und Behörden gefragt, ist sich Müller sicher. Doch : "Die reagieren, wenn überhaupt, viel zu langsam."

Das ist für ihn und seine Vereinskollegen nur schwer zu ertragen. Deswegen sind sie ständig auf der Suche nach Maßnahmen, um selbst etwas zu verbessern – auch wenn sie dafür viel Zeit aufwenden und manchmal kräftig in die Vereinskasse greifen müssen. Knapp 150 Euro kosten die Geräte. Sie sind batteriebetrieben und können ein bis zwei Jahre im Wasser bleiben. Die Speicherkapazität liegt bei 96.000 Messungen. Die Ergebnisse werden helfen, den passenden Nachwuchs zu finden. Um den zu ordern, fährt Müller auch mal 400 Kilometer. In Kürze werden erst einmal 10.000 Neulinge aus dem Odenwald einreisen: "Nix Spannendes für Angler, aber gut fürs Gleichgewicht." Eisvogel und Raubfische freuen sich über die kleinen Moderlieschen. Die Rotaugenschwärme sind schon laichreif und werden sich hier hoffentlich etablieren und vielleicht die Bachforelle ablösen. Denn manche Arten fühlen sich im warmen Wasser der Elsenz pudelwohl.

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