Buck (l.) beschnuppert seine neuen Nachbarn auf dem Helmstadter Gnadenhof. Das Westernpferd wird hier seinen Lebensabend verbringen. Foto: Sabina Stoppel
Helmstadt-Bargen. (stop) "Wir werden Buck hier oft besuchen kommen", hatte Ellen Großekathöfer bei einem ihrer Besuche auf dem Gnadenhof gesagt. Doch an dem Tag, als ihr Pferd sein neues Zuhause beziehen soll, ist sie nicht dabei. Großekathöfer verstarb Anfang März. Sie litt an Amyotropher Lateralsklerose (ALS) und bat den Gnadenhof um Hilfe, da sie sich in absehbarer Zeit nicht mehr um ihr Pferd Buck kümmern konnte. Für Tamara Schäfer und ihren Verein "Gnadenhof Tierhilfe Kraichgau" war das ein klarer Notfall. Der Gnadenhof bietet Platz für sechs Großpferde, es sei aber in Anbetracht der Situation ebenfalls noch möglich, ein siebtes zu versorgen.
Die Vorbereitungen für Westernpferd Bucks Ankunft laufen auf Hochtouren, und auch generell gibt es viele "Baustellen" auf dem Hof: Gino, ein 33-jähriger Schimmel, bereitet allen Mitgliedern Sorgen. Er frisst, baut aber immer weiter ab. Seit etwa sieben Jahren ist er auf dem Gnadenhof zu Hause. Damals kam er in einem miserablen Zustand. Doch immer wieder hat er sich aufgerappelt. Man sei aber auch auf das Unvermeidbare gefasst. "Das ist auch Gnadenhof", erklärt Schäfer. Sie ist gespannt, ob man dieses Jahr ohne Todesfälle überstehe.
Buck wird bei seiner Ankunft von Mitgliedern seines ehemaligen Reitstalls begleitet, und auch Großekathöfers Ehemann, Bernd Przybylla, ist dabei. "Meine Frau schaut uns von oben zu", sagt er und blickt zum Himmel. Seine Frau konnte schnell loslassen, weil sie wusste, dass es Buck auf dem Gnadenhof gut gehen werde, erklärt Przybylla. Dann erzählt er von dem Tag, als sich seine Frau von ihrem Pferd verabschiedete. Buck habe ganz lange seinen Kopf auf Großekathöfer gelegt, und für beide sei klar gewesen, dass es das letzte Zusammentreffen war. Großekathöfer ging es schnell schlechter, doch sie habe ihr Leben bis zum Schluss genossen und hätte alles mitgenommen, was sie mitnehmen konnte, erklärt Przybylla. Seine Frau sei sehr aktiv gewesen, was die Krankheit vorangetrieben hätte. "Sie ist hier bei uns. Mit Buck."
Die schwierige finanzielle Lage des Gnadenhofs ist bekannt, weshalb auch der Reitstall Müller-Heberle aus Schriesheim Buck nicht ohne leere "Hufe" ziehen ließ: Die Mitglieder haben nach Großekathöfers Tod Spenden gesammelt und 220 Euro zusammenbekommen. Vielleicht finde sich noch ein Pate für den 23 Jahre alten Buck, hofft Schäfer. Auch wegen der Corona-Krise ist der Verein auf jeden Euro angewiesen.
Das Kennenlernen mit der Herde läuft gut. Anfangs steht Buck noch auf einem separaten Weideteil, frisst Gras und beschnuppert die vorbeischauenden alteingesessenen Pferde. Er fühlt sich wohl. Das neue Zuhause gefällt ihm. Später darf er zur Herde. Schäfer und Anne Braun-Follath, ein Mitglied des Vereins, begleiten Buck. Sie wollen eingreifen können, falls die Vergesellschaftung problematisch wird. Schäfer vertraut auf ihr Bauchgefühl. Die Pferde seien in einem Alter, das sie souverän auf Neues reagieren lasse. "Die einzige, die Stress macht, ist Bonita. Das ist eine Zicke. Sie will natürlich ihren Rang in der Herde nicht verlieren", erläutert Schäfer, doch sie ist zuversichtlich. Man habe genug Zeit, um den Neuen in die Herde zu integrieren. Die Pferde bleiben trotz allem entspannt.
Großekathöfers Wunsch nach einem tollen Zuhause für Buck ist in Erfüllung gegangen. Schade, dass sie es nicht miterleben kann.