Vereinsvorsitzender Markus Lahme, Oberbürgermeister Klaus Holaschke und Stadtmarketing-Geschäftsführer Marcel Gencgel (v.l.) hoffen, dass sie gemeinsam mit den Bürgern viele Eppinger Händler unterstützen und vor dem Aus bewahren können. Foto: Armin Guzy
Von Armin Guzy
Eppingen. Wer beispielsweise einen Gutschein für 100 Euro bestellt, kann für 120 Euro einkaufen. Mit dieser Aktion wollen Stadtverwaltung, Stadtmarketingverein und Gemeinderat den gebeutelten Einzelhändlern, Gastronomen und Dienstleistern in der Stadt zu sofortigem Geldfluss verhelfen und außerdem die Bevölkerung dafür sensibilisieren, dass dringend Solidarität gefragt ist, um auch nach Corona noch eine attraktive und lebenswerte Innenstadt zu haben. Denn viele Geschäftsinhaber oder Soloselbstständige stehen hier längst mit dem Rücken zur Wand. "Es geht um Existenzen", sagte Oberbürgermeister Klaus Holaschke am Mittwoch bei einem Pressegespräch zum Start der Aktion in eindringlichem Ton.
Und auch mit dieser Meinung hielt der Stadtchef nicht hinterm Berg: "Wir brauchen eine Öffnungsstrategie, weil wir eine Perspektive für die Menschen brauchen. Für manche Maßnahmen ist zurecht kein Verständnis mehr da." Gleichwohl stehe die Stadt weiterhin hinter den meisten Maßnahmen, schränkte Holaschke ein, denn das "infektiologische Geschehen ist diffus."
Insgesamt 65.000 Euro wollen die Stadt und ihr Marketingverein in die Aktion pumpen – und zwar – im Gegensatz zum Bund – "schnell, unbürokratisch und großzügig", wie Stadtmarketing-Vorsitzender Markus Lahme betonte. Denn seiner Erfahrung nach sei die angekündigte "Bazooka", die Finanzminister Olaf Scholz versprochen hatte, eher ein "Revolver mit Platzpatronen". "Wir stehen in einem Förderdschungel ungeahnten Ausmaßes, und keine Hilfe gleicht der anderen", sagte der hauptberufliche Steuerprüfer Lahme.
Bei der Bearbeitung der Anträge würden unter anderem viel zu viele Bagatell-Nachfragen verhindern, dass Hilfszahlungen schnell fließen. Und ein Ersatz der Fix-Kosten für die Ladeninhaber decke noch lange nicht die privaten Miet- und Lebenshaltungskosten. Und was Existenzangst wirklich bedeute, könne sich kaum ein Außenstehender vorstellen, sagte Lahme: "Das hat auch was mit Stigmatisierung und Scham zu tun, und das Seelische ist nicht greifbar." Auch OB Holaschke betonte, dass von den rund 150 Einzelhändlern, Gastronomen und Dienstleistern in der Stadt, etliche keine Rücklagen bilden konnten – vor allem die "kleinen Existenzgründer". Er schilderte eindrücklich das Beispiel einer Jung-Gastronomin, die mit ihrem Café "ein wichtiges kleines Pflänzchen" in der Stadt gesetzt und eineinhalb Jahre lang gekämpft habe, jetzt aber das Handtuch werfen musste. Und eine mit viel Geld aufgebaute, nach Corona aber halb leere Innenstadt, kann und will sich Holaschke nicht vorstellen: "Es sind nicht die Online-Riesen, die unsere Stadt lebenswert und attraktiv machen", verdeutlichte er.
Um die größte Not zu lindern, hat die Stadt daher mit Unterstützung einer örtlichen IT-Firma eine Internetplattform aus dem Boden gestampft, die mit der Homepage der Stadt verlinkt ist und über die Kunden Gutscheine der örtlichen Geschäfte und Dienstleister bestellen können. Auf den Gutscheinwert packt die Stadt dann 20 Prozent obendrauf. Der Clou dabei: Die örtlichen Händler, die glaubhaft versichern, von der Krise stark betroffen zu sein, bekommen das gesamte Geld sofort überwiesen, sobald ein Kunde einen Gutschein kauft. "Das ist sofortige Liquiditätshilfe", betont Lahme, denn die Teilnehmer haben das Geld sofort, obwohl die Kunden die Gutscheine oft erst einlösen können, wenn die Lage es wieder erlaubt. Damit soll ein Gesamtumsatz von bis zu 325.000 Euro generiert werden. Pro Person können allerdings maximal Gutscheine im Wert von 500 Euro erworben werden, und die Gutscheine dürfen nicht kumuliert werden – eine neue Küche oder ein Auto zu kaufen, das zu 20 Prozent von der Stadt finanziert wird, ist also nicht drin.
Notleidende Gewerbetreibende können sich seit Mittwoch über die Homepage der Stadt anmelden, um mitzumachen. Für Kunden ist das Gutscheinportal seit Montag, 22. Februar, freigeschaltet. Über dieses können die Coupons dann bis zum 31. März gekauft und danach bis zum 31. Dezember beim jeweiligen Teilnehmer eingelöst werden – zumindest, wenn es seinen Betrieb dann noch gibt. Aber genau um dies möglichst sicherzustellen, ist die Aktion ja da.