Aufregung am Hartmanni-Gymnasium: Vier antisemitische und rassistische Anspielungen in der Abi-Zeitung haben eine deutliche Gegenreaktion hervorgerufen. Foto: Armin Guzy
Eppingen. (guz) Wegen rassistischer und antisemitischer Kommentare in der Abi-Zeitung hat die Schulleitung des Hartmanni-Gymnasiums den Verkauf der Zeitung auf dem Schulgelände untersagt. Die ersten Exemplare waren am Mittwoch nach dem Abi-Scherz verkauft worden. Dabei waren einem Lehrer die Kommentare aufgefallen. Bei der offiziellen Abschlussfeier am Freitagabend hatte HGE-Rektor Uwe Wittwer-Gärttner den Vorfall thematisiert. Antisemitische Anspielungen und Rassismus hätten am Hartmanni-Gymnasium Schule keinen Platz, sagte er.
"Wegschauen wäre eine einfachere Haltung gewesen", sagte Wittwer-Gärttner, bei dem am gestrigen Montag das Telefon häufig klingelte, "aber wir wollen das nicht unter den Teppich kehren und uns stattdessen auf unsere positiven Werte besinnen." Vor allem unterschwellige Grenzverschiebungen, auch sprachlicher Art, wie offenbar im jetzigen Fall, bereiten dem Rektor und Geschichtslehrer zunehmend Sorgen. Er stellt aber auch klar: "Unsere Schule ist sicher keine braune Hochburg!" Man wolle den Fall nun intern aufarbeiten, möglicherweise auch einen Antidiskriminierungstag einführen - zusätzlich zum ohnehin schon umfangreichen Angebot zu diesem Themenfeld.
Oberbürgermeister Klaus Holaschke stärkt der Schulleitung dabei den Rücken. Wenn es um rassistische Themen gehe, dürfe das niemand verharmlosen. "Als Schulträger und OB kann ich gewaltverherrlichende und antisemitische Äußerungen nicht tolerieren." Man müsse mit deutlicher Konsequenz dagegen angehen, sagte Holaschke. Es gehe schließlich um die Bewahrung der Grundwerte einer Gemeinschaft. Dem Abi-Jahrgang, dem auch eines seiner Kinder angehört, bescheinigte er grundsätzlich großes Engagement und viel Empathie. Und der Rest der Abi-Zeitung sei ja eigentlich toll gemacht, was Wittwer-Gärttner ebenfalls so sieht.
Betroffen zeigte sich Schülersprecher und Abiturient Riccardo Ehrenberger im Telefonat mit der RNZ. "Das tut uns unendlich leid, auch für die Schule und unsere Stufe. Wir distanzieren uns ausdrücklich von solchen Äußerungen." Dass diese den Weg in die Abi-Zeitung gefunden haben, begründet Ehrenberger mit der immensen Textfülle und dem Zeitdruck, unter dem die 304 Seiten starke Zeitung unter Regie eines Abi-Zeitungs-Komitees editiert wurde. Große Textbeiträge und Bilder wurden allesamt kontrolliert und bei Bedarf auch korrigiert oder entfernt. Beispielsweise seien mehr als 20 offenbar brutale oder gewaltverherrlichend Bilder aus dem Entwurf gestrichen worden.
Bei vier der zig Kommentare, die die Abi-Zeitungs-Redaktion per App erreichten und dann als "Steckbriefe" in der Art kleiner Anekdoten unter einer Bilderstrecke platziert wurden, war man offenbar weniger gründlich: "Die sind schlicht und einfach durchs Raster gefallen. Vielleicht hatten wir da einfach zu viel gesunden Menschenverstand vorausgesetzt", sagt Ehrenberger zerknirscht.
Der scheidende Schülersprecher stellt sich zugleich gegen jegliche Verallgemeinerung. Die vier Kommentare der beiden Schüler - der aktuelle Abi-Jahrgang hat insgesamt 118 Absolventen - spiegelten keinesfalls eine allgemeine Haltung in der Stufe wider. Ehrenberger erinnerte an das dreitägige Schulprojekt "Imagine! Schule ohne Rassismus - Schule mit Courage" das 2016 am HGE stattfand, und daran, dass sich im Abi-Zeitungskomitee auch viele Schüler eingebracht hatten, die an dem regelmäßigen Jugendaustausch zwischen dem HGE und einer israelischen Schule in Zichron Yaakov teilgenommen haben und auch Freundschaften in Israel pflegen.
Ob die in der Kritik stehenden Kommentare von den beiden nun Mitschülern wissentlich so formuliert wurden, oder ein geschmackloser, dummer Scherz waren, könne und wolle er nicht beurteilen. Bei der Party der Abiturienten wurde die Zeitung übrigens wieder verkauft: Das Komitee hatte die beanstandeten Kommentare in den "Steckbriefen" zuvor mit schwarzer Farbe unlesbar gemacht.