Im Kraichgau-Raiffeisen-Zentrum mit Sitz in Eppingen werden derzeit Überlegungen zur Fusion gleich dreier Genossenschaften angestellt und die daraus erwachsende Potenziale geprüft. Das letzte Wort dazu haben aber die Mitglieder. Foto: Armin Guzy
Von Armin Guzy
Eppingen. Das Kraichgau-Raiffeisenzentrum (KRZ) ist schon die größte Primärgenossenschaft in Baden-Württemberg, doch sie könnte bald noch erheblich wachsen: Bereits in einigen Wochen wäre eine Fusion des Eppinger KRZ, der Bezugs- und Absatzgenossenschaft (BAG) Franken mit Sitz in Bad Friedrichshall und der Labag-Raiffeisen e.G. aus Marbach am Neckar möglich – wenn sich die jeweiligen Mitglieder in dieser Möglichkeit wiederfinden, darin mehr Chancen als Risiken sehen und den Plänen zustimmen. Entsprechende Sondierungsgespräche und Vorbereitungen laufen. Das bestätigten KRZ-Vorstandssprecher Jürgen Freudenberger und Finanzvorstand Stephan Buchholz auf Nachfrage.
Ins Rollen gekommen ist die Angelegenheit im September des vergangenen Jahres durch unerfreuliche Zahlen bei der BAG. "Es gab wirtschaftliche Entwicklungen, die eine Entscheidung erforderlich gemacht haben", blickt Freudenberger auf die Vorgänge zurück. Diese Entscheidung sah dann so aus: Der bisherige BAG-Geschäftsführer wurde von seinen Aufgaben "freigestellt", und die BAG wird derzeit von Freudenberger und Buchholz im Rahmen eines eilends geschlossenen Geschäftsbesorgungsvertrags gelenkt. Eine komplette Fusion ist damit naheliegend, auch wenn die BAG bei einem Jahresumsatz von 55 Millionen Euro zuletzt ein "unbefriedigendes Ergebnis" eingefahren hat. Beide, Freudenberger und Buchholz, sehen jedoch gute Chancen, die BAG wieder in ruhigeres Fahrwasser zu steuern. "Sonst würden wir uns die Arbeit ja nicht machen", sagt Buchholz.
Bei der Labag – laut Buchholz "klein, aber fein und kerngesund" – liegt der Fall hingegen anders. Die Genossenschaft ist mit umfangreichen Dienstleistungs- und Einzelhandelsangeboten auf dem Markt erfolgreich, beschäftigt 50 Mitarbeiter, hat zuletzt 27 Millionen Euro umgesetzt und erzielt Gewinn. Der Hintergrund der Fusionsgespräche ist daher eher in den nicht eben rosigen mittelfristigen Prognosen für die landwirtschaftlichen Geschäftsfelder zu suchen. "Der Markt wird definitiv nicht einfacher", bestätigt Buchholz, und falls sich die verhältnismäßig kleine Labag in zwei, drei Jahren vielleicht doch gezwungen sehen sollte, unter ein größeres Dach zu schlüpfen, könnte sie einen solchen Fusionsprozess deutlich schlechter mitgestalten. Derzeit aber kann sie das durchaus.
Dass das KRZ mit einem Jahresumsatz von 155 Millionen Euro, 2000 Mitgliedern und 260 Beschäftigten der gewichtigste Partner im durchaus etwas erzwungenen "Balztanz" des Trios ist, ist nicht zu leugnen. Freudenberger und Buchholz betonen aber beide, dass es nicht um die schiere Größe gehe, sondern um eine möglichst breite Ausrichtung der Geschäftsfelder, um nicht so stark von der Entwicklung in einem einzelnen abhängig zu sein. Gleichwohl: "Natürlich würden wir unsere Position festigen", sagt Freudenberger, "aber wir würden keine marktbeherrschende Stellung erreichen."
Spannend wird die Fusionsfrage vor allem für die 900 BAG-Mitglieder und die 140 Beschäftigten. Die BAG ist mit zwölf Standorten, darunter sechs Raiffeisen-Märkten, einer davon in Buchen, gut in der Fläche vertreten und betreibt außerdem Tankstellen, ein Wasserkraftwerk und eine Getreidemühle. "80 Prozent unserer Geschäftsfelder überschneiden sich", analysiert Freudenberger, eine Mühle und ein Wasserkraftwerk hat das KRZ jedoch noch nicht im Portfolio. Dafür bedienen die Eppinger die Landtechnik-Sparte und sind auch als Immobilienvermieter tätig, beispielsweise mit dem Netto-Markt in Bad Rappenau. Das bringt auch dann sichere Einnahmen, falls der Agrar-Bereich schwächeln sollte.
Mit diesen beiden Geschäftsfeldern kann die BAG nicht aufwarten, und falls die Mitglieder sich gegen eine Fusion entscheiden sollten, müsste sie sich in jedem Fall unter einer anderen Geschäftsführung neu aufstellen – zumal die aktuellen Beschränkungen besonders die Raiffeisenmärkte treffen: Sie sind derzeit bei allen drei Genossenschaften eingeschränkt, da die Corona-Verordnungen nur ein Handelsgeschäft in bestimmten Sortimentsbereichen erlaubt. Der Umsatz ist entsprechend eingebrochen.
Besonders dick käme es, falls die Märkte bis ins Frühjahr hinein dicht bleiben müssten, denn das Geschäft mit Setzlingen und Saatgut in dieser Zeit ist traditionell sehr umsatzstark. Und auch, dass in der Pandemie auch weniger Auto gefahren wird, merken KRZ, BAG und Labag an den sinkenden Umsätzen ihrer Tankstellen. Außer beim Getreideabsatz waren Freudenberger und Buchholz mit dem Ertrag des zurückliegenden Jahres "am Ende doch zufrieden". Für 2021 wagen sie noch keine Prognose.
Gleichwohl: Die Fusion als Chance für die Weiterentwicklung aller drei Genossenschaften zu nutzen, dazu ist man in der Eppinger Chef-Etage ausdrücklich gewillt. Das letzte Wort haben jedoch die Mitglieder, die von der zukünftigen Aufstellung und Ausrichtung erst noch überzeugt werden müssen. Freudenberger stelle aber bereits jetzt klar: "Im Falle einer Fusion werden wir eine landwirtschaftlich orientierte Genossenschaft bleiben. Das ist unser Auftrag, und dem werden wir auch gerecht werden."